Morenga
Kilometer, wenn man einen Weg weiter nördlich wählte, an dem keine deutsche Militärstation lag.
Gottschalk entschloß sich, das Versuchsprogramm zu übernehmen.
Drei Jahre später, 1908, wurden mit Hilfe einer deutschen Kamelreitertruppe unter Hauptmann von Erckert die letzten Aufständischen in der Kalahari aufgespürt und geschlagen.
Tagebucheintragung Gottschalks vom 24. 5. 05
(Keetmannshoop)
Gegen Morgen wachte ich von einem Traum auf: Ich lag in einem jener Zinksärge, in denen die Leichen nach Deutschland transportiert werden. Ich war aber gar nicht tot. Der Sarg war fest verschraubt und verlötet, wie gewöhnlich, damit sich der Deckel von den Verwesungsgasen nicht verwerfen konnte. Als ich gegen den Deckel trommelte, sagte eine Stimme (Treschkow?): Das sind die Blähungen des Magens, der sich selbst verdaut. Die Schiffsreise war sehr kurzweilig, da ich mich mit den Insassen anderer Särge unterhalten konnte. Darunter der Leutnant Schwanebach, der sich, wie er erzählte, in der Richtung geirrt und tapfer in das feindliche Feuer gelaufen war. Er ist das Opfer seiner Dummheit geworden, sagte die Stimme eines Gefreiten, der sich in der Namib verirrt hatte und verdurstet war. In Hamburg hörte ich dieselbe Kapelle, die damals zum Abschied ›Muß i denn zum Städele hinaus‹ gespielt hatte, jetzt ›Ich hatt einen Kameraden‹ intonieren. Mein Sarg wurde auf eine Lafette gehoben, jemand schnalzte mit der Zunge, und die Pferde zogen an, gingen Trab, scharfen Trab, Galopp und schließlich Karacho. Mein Zinksarg sprang und hüpfte scheppernd auf der Lafette, bis er zu Boden stürzte und zerbarst. Davon wachte ich auf.
Tagebucheintragung Gottschalks vom 25. 5. 05
Die Frau des hiesigen Missionars hat Rosenstöcke gepflanzt, das war vor zwei Jahren. Jetzt, Ende Mai, also im Herbst, blühen die Rosen.
Am nächsten Morgen sah Gottschalk am Ortsrand eine große Menschenmenge. Er ging hin und sah die vier Kamele vor den Dornenbüschen, von denen sie geschickt Zweige abrupften und samt den daumenlangen Dornen ins Maul schoben. Dornen, die, wenn man darauftrat, sogar die massiven Stiefelsohlen der Knobelbecher durchbohrten.
Der Franzose, ein gedrungener Mann, erklärte Gottschalk in einem melodischen, aber falschen Deutsch, daß diese Tiere eigentlich keine Reitkamele, sondern Tragtiere seien, dazu von der schlechtesten Sorte. Vielleicht habe das eine oder andere der Tiere einmal einen englischen Touristen getragen, dann aber nicht im Sattel, sondern in Körben, die man dem Tier an die Seite hänge. Jean Dermigny, der sich gern mit Sergeant anreden ließ, meinte, man könne die Leistung dieser Tiere niemals mit der von guten Reitkamelen vergleichen. Diese Tiere, das habe er auf dem Herritt prüfen können, dürfe man allenfalls neun bis zehn Stunden laufen lassen, und in dieser Zeit legten sie einen Weg von höchstens fünfzig Kilometern zurück. Gute Reitkamele gingen aber am Tag vierzehn Stunden und dabei mehr als hundert Kilometer. Ganz zu schweigen von den wirklich unübertrefflichen Rennkamelen der Bischarin. Einmal in seinem Leben habe er auf einem solchen Tier gesessen, einer weißen Kamelstute. Dieses Tier gehörte einem Tuarekfürsten, der es für keinen Preis der Welt verkauft hätte, ihm aber, dem französischen Sergeanten, aus Gastfreundschaft lieh, damit er eine wichtige Botschaft durch die wasserlose Wüste Erg nach Ben Quinef bringen konnte. In drei Tagen habe das Tier die gewaltige Strecke von über fünfhundert Kilometern zurückgelegt, ohne Ruhetag und vor allem ohne einmal zu trinken. Es war ein Ritt wie im Fluge. Dagegen seien Pferde dumme, plumpe Tiere.
Tagebucheintragung Gottschalks vom 27. 5. 05
Heute brachte man einen geistesgestörten Hottentotten in die Ambulanz für Eingeborene. Er behauptete, ein Zebrafink zu sein, der sich ein Bein verletzt habe. (Tatsächlich hinkte der Mann.) Die Sanitäter forderten ihn auf, einmal zu fliegen. Er flötete und sagte, die Wolken seien zu schwer. Ein Sanitätsunteroffizier wollte ihn überreden, von einer hohen Mauer loszufliegen, das sei leichter. Stabsarzt Otto kam in dem Moment hinzu und verbot es.
280 km, das sind zu Pferde vier Tage und viermal tränken. Mit einem Rennkamel, von dem D. schwärmt, zwei, ohne es einmal tränken zu müssen.
An diesem Morgen bestieg Gottschalk erstmals in seinem Leben ein Kamel, das tatsächlich auf den Kanarischen Inseln Tomaten und Melonen zum Markt und nur einige Male Touristen zum Pico de Teide
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