Morenga
diesmal sogar die Peitsche zu Hilfe nehmen, um die zwanzig Ochsen aus ihrem wiederkäuenden Dösen hoch und vor das Zugseil des Wagens zu treiben. Gorth wollte im kühlen Morgen trecken und in der Mittagszeit länger rasten. Die Bewohner Warmbads waren alle sogleich auf den Beinen, liefen hinter den quiekenden Ferkeln her, wuchteten die Sau auf den Wagen, dann das Klavier, befühlten nochmals die Ferkel. Frau Priestley stand wieder auf der Veranda des Missionshauses, die Hände vor dem Leib gefaltet, hinter ihr der Kinderchor, der wieder ›God save the Queen‹ sang. Petrus schnalzte schwer mit der Zunge, die Ochsenjungen trieben die Leitochsen an, das Schafsgesicht ging, an seiner Seite Lukas, dem Gespann voraus, die Einwohner begleiteten ihn einige Schritte, warfen ihm einen letzten Blick zu, dann verschwand der Zug in einer Staubwolke.
Nachdem der Ochsenwagen vier Stunden getreckt war, ließ der Ochsenfreund halten. Hier war eine günstige Stelle, das Lager aufzuschlagen, bevor das Gewitter kam. Das Schafsgesicht wollte weiter. Sie waren noch keine acht Kilometer von Warmbad entfernt. Das war doch lächerlich, hier schon am frühen Morgen das Lager aufzuschlagen. Der Himmel zeigte sich makellos blau. Aber Petrus wies auf seinen Arm, dort saß eine Kugel aus einem Hererogewehr, seit acht Jahren schon, und piekte, wenn Regen kam. Sie treckten weiter. Am Nachmittag zog eine schwarze Wolkenbank von Westen auf, wenige Minuten später begann es zu regnen, als sei der Himmel gerissen. Die Ochsen blieben sofort stehen. Petrus spannte die Ochsen aus. Das Zelt konnte nicht mehr aufgebaut werden. Gorth kroch mit Petrus und Lukas unter die Wagenplane, die drei Ochsenjungen hockten sich unter den Wagen. Petrus holte eine Flasche aus dem Reisesack. Lukas steckte sich ein Pfeifchen an, das einen Geruch wie Weihrauch verströmte. Der Regen prasselte auf die Plane.
Warum ist Knudsen von euch weggegangen, fragte das Schafsgesicht. Er war müde, Vater, antwortete Lukas, wir haben ihn ermüdet, wie ein Pferd im schlechten Gang einen Reiter ermüdet.
Und der falsche Prophet, herrscht der noch in Bethanien?
Ja.
Aber als Missionar Gorth Lukas ausfragen wollte über diesen Propheten der Hottentotten, da hatte Lukas schon das Gespräch auf einer blauen Daggawolke verlassen. Petrus tappte im Traum über ein blaues Fuselmeer. Es war, als wäre der Himmel auf die Erde gefallen. Aber es war reiner Fusel. Plötzlich versank er dann und drohte zu ertrinken. Seine Hilferufe verhallten. Da kam sein starker Leitochse, der Rote Afrikaner, und hielt ihm seinen Schwanz hin. Sich an die Quaste klammernd, wurde Petrus herausgezogen.
Gorth wollte seiner Verlobten schreiben, aber die Kerze wurde von dem Wind, der die klatschnasse Plane hob, immer wieder ausgelöscht. Da kniete er sich vor dem schwarzen Klavier wie vor einem Altar nieder und betete. Die Sau grunzte. Die Ferkel schmatzten. Petrus ächzte im Schlaf. Lukas schien in seinem entrückten Zustand zu lächeln, ein heimtückisches Lächeln, fand Gorth. Gorth bat Gott in seinem Gebet um Mut und Stärke, damit er diesem falschen Propheten entschlossen entgegentreten und ihn im Namen des wahren Glaubens aus Bethanien vertreiben könne. Dieser falsche Prophet war es, der den knorzigen Knudsen zermürbt hatte.
Eines Tages war in Bethanien ein Hottentotte aus dem Süden aufgetaucht, der dem staunenden Knudsen aus der Bibel vorlesen und ganze Absätze aus dem Buch wortgenau zitieren konnte. Die anfängliche Freude Knudsens, einen eingeborenen Kirchendiakon gefunden zu haben, wurde bald zu einer quälenden Sorge, als Knudsen nämlich entdeckte, daß dieser Mann einem gefährlichen Irrglauben anhing und diesen sogar mit zahlreichen Bibelzitaten belegen konnte. Dieser falsche Prophet verkündete, nicht der Gläubige in Demut und Friedfertigkeit ist gottgefällig, sondern der Handelnde. Von Knudsen gefragt, woher er diesen Unsinn habe, antwortete der falsche Prophet: aus der Bibel, und zitierte aus dem Brief des Jakobus: So sehet ihr nun, daß der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein. Knudsen lachte. Aber die Gemeindemitglieder sahen ihn fragend an, und am Abend suchte er in der Bibel den Brief des Jakobus und fand darin die zitierte Stelle.
Am folgenden Sonntag kam es zwischen Knudsen und dem falschen Propheten nach dem Gottesdienst zu einem regelrechten Streitgespräch, in dessen Verlauf Knudsen dem Hottentotten-Propheten mehrmals Schläge androhte, da dieser sich zu der
Weitere Kostenlose Bücher