Morenga
unter einem Fell leiden mußte, allerdings auch der Gefahr eines Sonnenbrands schutzlos ausgesetzt war.
Die Missionsgesellschaft hatte sich geweigert, für die Sau, die unterwegs noch ferkelte, die Frachtkosten zu zahlen. Missionar Gorth ließ sie schließlich auf eigene Kosten transportieren. Er hatte schon in Europa von der verstärkten Missionsarbeit des Islams in Afrika gelesen und beabsichtigte, dieser gefährlichen Entwicklung rechtzeitig entgegenzuwirken, indem er die Hottentotten, die sich Rinder und Schafe hielten, an den Genuß von Schweinefleisch gewöhnen wollte.
Gorth ging mit der Frau Missionarin in die Kühle des Steinhauses. Die Menge stand mit der Sau und den Ferkeln in der Hitze und wartete. Was die beiden in dem Haus besprochen haben, blieb unbekannt. Nach einer halben Stunde betrat Missionar Gorth die Veranda, gefolgt von der Frau Missionarin, die ihre Hände vor dem Leib gefaltet hielt. Gorth setzte sich auf einen Schemel und sang, sich selbst am Klavier begleitend: Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Die Menge stand still und erschüttert. Nur das Schwein scharrte im sandigen Boden und grunzte ungerührt.
Später saß Missionar Gorth auf der Veranda, über sich den bestirnten Himmel, und schrieb bei Kerzenschein seiner Verlobten, die ihm von Hamburg aus folgen wollte. Sie möge jetzt kommen, schrieb er, das Land sei zwar karg, aber die Leute freundlich, und Gottes Hand werde schon alles zum Guten wenden.
Hätte man diesen Mann binden und über den Oranje abschieben sollen, wie es im Stammesrat der Bondelzwarts einige Großleute verlangt hatten? Oder hätte man gar die andere, endgültige Lösung wählen sollen, die schon bei einigen Vorgängern Gorths erfolgreich erprobt worden war, den Missionar mit Hilfe eines Pfeils zu seinem allmächtigen Auftraggeber zurückzuschicken? Der alte Saanes, eine gewichtige Stimme im Rat, sagte: Er wird nur der erste sein. Ihm werden die Händler folgen und dann die Soldaten. Sie werden uns, wie es die Buren im Süden getan haben, das Land wegnehmen und das Vieh. Aber dieser mildlächelnde Fremde, der dem Schaf so ähnelte, wollte niemandem Land oder Vieh nehmen. Der alte Saanes. Hatte er nicht eine verheerende Viehseuche für dieses Jahr vorausgesagt? Das Vieh war so gesund wie noch nie. Und vor drei Jahren, sollte da nicht der südliche Teil des Himmels einstürzen? Man hatte das ganze Jahr gebannt nach Süden gestarrt. Nichts war geschehen. Die Augen hatte man sich verdorben. Der alte Saanes war ein Schwarzseher. Und schließlich und endlich war der Missionar von dem Stamm in Bethanien gerufen worden. Es war also deren Sache. Ein mutiger Mann, der Fremde, der barhäuptig und in Latschen durchs Land zog.
Schon am nächsten Morgen begann Gorth, den Aufenthalt nutzend, einen Gemüsegarten in der Nähe der Missionsstation anzulegen. Der englische Missionar schien seine Arbeit hier nicht tatkräftig genug anzupacken, die Station machte einen verwahrlosten Eindruck. Gorth schrieb das auch seiner Missionsgesellschaft. Das Schafsgesicht zeigte den staunenden Eingeborenen, wie man ein Beet bewässert. Frau Priestley schwieg finster. Wasser gab es in dieser Gegend genug, dampfendes sogar. Es wurde wirklich Zeit, daß Warmbad von der Rheinischen Mission verwaltet wurde.
Als das Schafsgesicht am nächsten Morgen, nach einem erquickenden Morgengebet, aus dem Fenster blickte, sah es die Einwohner Warmbads um die Beete versammelt. Erfreut über das Interesse ging Gorth, ohne gefrühstückt zu haben, hinaus. Beim Näherkommen entdeckte er, daß die bewässerten Beete weiß waren. Einen Moment dachte er, es habe geschneit. Aber es war schon jetzt, am frühen Morgen, heiß. Gespannt blickten ihm alle entgegen. Nachdem er an einem Finger geleckt hatte, wußte er, was das Weiße auf den Beeten war: Salz.
Nun gut, sagte er, Salat wird hier nicht wachsen, so wird man doch später einmal ein Solbad einrichten können.
Die Gicht war, das hatte er schon gesehen, bei den hauptsächlich fleischessenden Hottentotten ein weitverbreitetes Leiden. Gottes Hand würde es zum Guten wenden.
Mit neun Jahren hatte der kleine Gorth erstmals den Wunsch geäußert, Missionar zu werden. Sein Vater, Lehrer im hessischen Heppenheim, war eines der zahlreichen fördernden Mitglieder der Rheinischen Mission. Die Mutter häkelte bis zu ihrem Tode jedes Jahr siebenundzwanzig Wollmützchen, die den Missionsstationen in Grönland und Südafrika zugeschickt wurden. Der kleine
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