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Morenga

Morenga

Titel: Morenga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Timm
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seine Leute betroffen hatten, wogegen die Familie der Aprils noch über beträchtliche Bestände verfügte, so waren naturgemäß in Hendrik April und seinem Anhange die Hauptgegner der bedingungslosen Unterwerfung zu suchen.
    Nach Beendigung der Verhandlungen begab ich mich in das Lager des Majors v. Kamptz zurück. Ich will es gestehen, daß es mir nicht ganz leicht wurde, vollkommen unbefangen durch die bewaffneten Hottentotten, an deren Unterwerfung ich nicht glauben konnte, hindurch zu gehen und, ohne mich umzusehen, im Schritt fortzureiten. Sowenig ich an einen Treuebruch Morengas glaubte, so sehr lag doch die Gefahr nahe, daß gerade einer der Gegner der Unterwerfung auf den Gedanken kommen konnte, durch ein zufällig abgefeuertes Gewehr die Fortsetzung der Verhandlung unmöglich zu machen. Im Lager des Majors von Kamptz traf am folgenden Tag mein Warmbader Bote ein und brachte die Nachricht, daß die Hottentotten nach mehrstündiger Beratung ihr Lager abgebrochen hätten und abgezogen seien, wohin, wisse er nicht anzugeben.«

Wenn Stabsarzt Otto
    Witze erzählen muß

    Gottschalk erreichte Kalkfontein zu Fuß.
    Einen Tag nach Aufbruch der Abteilung Koppy aus Warmbad hatte Hauptmann Koppy persönlich befohlen, daß Gottschalk sein Pferd einem Sergeanten zu geben habe: Veterinäre sollen Rösser bei Laune halten und sie nicht unnötig belasten.
    Gottschalk hatte sich nicht, obwohl ihm das nahegelegt worden war, freiwillig zu dem Trupp gemeldet, der ein paar Hottentottenweiber, die vor der Kolonne geflohen waren, wieder einfangen und ausfragen sollte.
    Sie sind doch im Verkehr mit denen erfahren, hatte Koppy gewitzelt.
    Gottschalk marschierte in der Fußabteilung des Oberleutnants Hunger und mit ihm Militärbäcker, Stellmacher, Krankenträger und Stabstrompeter. Die Leute hantierten so vorsichtig mit ihren Gewehren, als könnten sie jeden Moment losgehen. Es hieß, es gehe gegen Morenga. Mit allen Kräften. Man wolle ihn mit seiner Bande einkreisen und vernichten.
    Noch in Warmbad hatte Hauptmann Koppy zu Gottschalk gesagt, jetzt können Sie mal beweisen, was alles in Ihnen steckt, und hatte dabei mit seinen kleinen versoffenen Tapiraugen gezwinkert. Gottschalk konnte nicht verstehen, was an diesem Satz so witzig sein sollte, daß die umstehenden Offiziere schier endlos wieherten.
    Für den Fall, daß er einmal marschieren müßte, hatte sich Gottschalk noch in Deutschland auf Rat eines alten Infanterie-Feldwebels zwei Babywindeln gekauft, die als Fußlappen besonders gut geeignet waren. Dennoch hatte er sich die Füße, als die Kolonne Kalkfontein erreichte, wundgelaufen.

    Wir werden Sie schon wieder hinbiegen, hatte Leutnant von Gersdorff gesagt und Gottschalk befohlen, sich jeden Abend in der Dienstuniform zum Rapport zu melden. So stand Gottschalk in einer gebürsteten Uniform mit untergebundener Kragenbinde vor Gersdorff stramm, der sagte dann jedesmal: Na, es wird ja langsam. Er bemäkelte aber auch jedesmal wieder den von Termitenfraß ausgefransten Rockschoß. Und Gottschalk mußte sich zusammenreißen, um ruhig zu stehen, und dachte, ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, und in ihm kroch Wut hoch, nein Haß, der manchmal war, als hätte er keinen Platz mehr in ihm. Und keine Armlänge entfernt dieses Gesicht, der unverhältnismäßig kleine Kopf auf diesem unverhältnismäßig langen Körper, die langen Beine, Arme, alles war zu groß geraten, nur der Kopf nicht, alles an dem Kopf war zu klein geraten, die schmale Nase, der Mund, Ohren wie aus Papier, an das dünne bräunliche Haar angeklebt.
    Gersdorff hatte sich zuvor erkundigt, ob es statthaft sei, auch einen Veterinär bei Disziplinarvergehen wie einen Mannschaftsdienstgrad an den Wagen ketten zu lassen. Koppy hatte entschieden, da Rechtsberatung nicht möglich war, nur dann, wenn es zu dem Versuch von Tätlichkeiten gegenüber Vorgesetzten käme.

    Tagebucheintragung Gottschalks vom 4. 3. 05
    Von Herrengesten und Herrschaftsmimik. In diesem Land werden sie deutlich durch ihre Extreme. Die primitivste Form: Der Tritt in den Hintern. Aber man macht sich nur ungern die Stiefel dreckig. Das überläßt man unteren Chargen.

    Feinere, sublimere Formen, die man zu Hause, weil gewohnt, nicht mehr bemerkt: Wie man einen Wink mit der Rechten macht, während die Reitgerte leicht in der linken Hand liegt. Untergebenen blickt man nicht ins Auge, sondern auf den Mützenrand, also leicht über den Kopf hinweg.
    Was Gottschalk daran hinderte, etwas

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