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Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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standen draußen Wächter. Er machte sich keine Illusion über seine Sicherheit. Er gab sich beherrscht und mutig gegenüber Erij und ignorierte ihn, indem er sich zunächst damit beschäftigte, seine Stiefel anzuziehen. Dann ging er zu den Überresten des Weins hinüber und trank einen Schluck von dem üblen
Zeug,
während er an den Kamin zurückkehrte, denn die Kälte begann ihm bereits in die Knochen zu kriechen. Erij ließ ihn unbehelligt.
    Während er noch vor der Feuerstelle kniete und die Flammen hochzupäppeln versuchte, hörte er Erijs Schritte hinter sich und spürte, wie Erij mit leichtem Griff das Haar zusammenraffte, das ihm inzwischen bis auf die Schultern herabhing. Es war lang genug für einen solchen Zugriff, doch nicht lang genug, um wieder einen Kriegerzopf daraus zu flechten. Erij zog sanft daran, wie bei einem Kind.
    Vanye blieb nichts anderes übrig, als den Kopf zu heben. Er drehte sich nicht um, sondern stemmte sich gegen den grausamen Ruck, der auf jeden Fall kommen mußte. Aber es geschah nichts.
    »Ich hatte eigentlich angenommen«, sagte Erij, »daß die Ehrungen, die dir bei deiner Abreise zuteil wurden, ausgereicht hätten, um dich von einer Rückkehr abzuhalten.«
    Erij ließ das Haar los. Vanye nutzte die Chance, machte kehrt und richtete sich auf. Erij war größer als er: ihm blieb nichts anderes übrig, als zu seinem älteren Bruder aufzublicken, der dicht vor ihm stand. Sein Rücken war dem Kamin zugewendet. Die Hitze war unangenehm. Erij trat nicht zurück.
    Im nächsten Augenblick bemerkte er, daß Erij keine rechte Hand mehr hatte: das Glied, das er in den Brustabschnitt seiner Tunika gesteckt hatte, war ein Stumpf. Entsetzt riß er die Augen auf, und Erij hielt den Arm hoch, damit er ihn besser sehen konnte.
    »Dein Werk«, sagte Erij. »Wie so vieles andere.«
    Er brachte kein Bedauern zum Ausdruck; er wußte im Augenblick selbst nicht genau, ob er Kummer empfand oder irgend etwas anderes außer Schock. Erij war von den Brüdern der eitle gewesen, der geschickte, seine Hände geübt im Umgang mit dem Schwert, mit der Harfe, mit dem Bogen.
    Das Feuer brannte schmerzhaft auf der Rückseite seiner Beine. Er drängte sich an Erij vorbei. Dabei stieß er den Weinkelch um, der über den Boden rollte und eine Spur roter Tropfen im durstigen Staub zurückließ.
    »Du kommst in erstaunlicher Gesellschaft«, stellte Erij fest. »Ist sie echt?«
    »Ja.«
    Erij dachte darüber nach. Er war Myya und nüchternpraktisch veranlagt: Myya stellten vieles in Zweifel und glaubten wenig: sie neigten nicht gerade zur Religiosität. Es war unbestimmt, welche Seite in Erij siegen würde – der gottesfürchtige Nhi oder der zynische Myya. »Ich habe mir einige von den Dingen aus ihrem Gepäck angesehen«, sagte er. »Und die scheinen deine Behauptung zu stützen. Dabei blutet sie wie jeder normale Sterbliche.«
    »Feinde sind ihr und mir auf der Spur«, sagte Vanye heiser. »Die wären für Morija nicht angenehm. Laß uns weiterziehen, sobald sie wieder reiten kann, dann fallen wir dir nicht weiter zur Last – und sie ebenfalls nicht. Hjemur wird mit uns beiden zuviel zu tun haben, um sich noch mit Morija abzugeben. Wenn du sie allerdings hier gefangenhalten willst, könnte das Bild anders aussehen.«
    »Und wenn sie hier stirbt?«
    Vanye starrte Erij an, versuchte ihn abzuschätzen und begann sich auf die beiden Jahre einzustellen, die inzwischen vergangen waren: der junge Erij war tot, dieser Mann würde kaltblütig töten. Erij war ein Opfer seiner Stimmungen und seiner Eitelkeit gewesen, zuweilen auch zu Freundlichkeit neigend – anders als Kandrys. Nun aber erinnerten Erijs Gesichtszüge an einen Mann, der niemals lächelte. Eine frische Narbe verunstaltete eine Wange. Neue Falten lagen um seine Augen.
    »Laß sie ziehen«, sagte Vanye. »Man ist hinter ihr und ihren Besitztümern her. Mit Hjemur wirst du nicht fertig. Mit solchen Kräften kommst du nicht zurecht, das weißt du genau.«
    »Will sie dorthin?« fragte er.
    »Je weniger Morija mit ihr zu tun hat, desto besser. Sie steht in Blutfehde zu diesem Land, und ist für die Hjemur eine größere Gefahr als für dich. Das ist die Wahrheit.«
    Erij dachte einen Augenblick lang darüber nach, lehnte sich an den Kamin und steckte den Armstumpf wieder in seine Tunika. Seine dunklen Augen waren auf Vanye gerichtet, der Blick war hart und berechnend. »Ich habe zuletzt durch Myya Gervaine von dir gehört – es ging da um einen Toten und einen

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