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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Schräge neben ihr und aß; er war innerlich zu der Überzeugung gekommen, daß nicht mehr der Zorn ihr den Mund verschloß; Morgaine durchlebte Perioden, da sie in ihren Gedanken völlig unterging. Etwas beschäftigte sie innerlich, ein Vorgang, bei dem er wohl nicht willkommen war.
    »Sie«, sagte Morgaine plötzlich und ließ ihn auffahren, obwohl sie leise sprach, »war bestimmt verzweifelt, wenn sie diese Straße allein bewältigen wollte. Aus Angst vor dem Ertrinken, sagt sie; Vanye, habt Ihr Euch schon gewundert, warum sie in all den Jahren ihres Lebens ausgerechnet jetzt so ganz ohne Vorbereitung aufbricht?«
    »Roh kann sehr überzeugend wirken«, sagte sie.
    »Der Mann ist nicht Roh.«
    »Ja«, sagte er, beunruhigt durch seinen Lapsus, und wich ihrem Blick aus.
    »Und sie spricht durchaus verständlich, obwohl der Akzent ausgeprägt ist. Ich wüßte zu gern, woher sie kommt, Vanye. Auf keinen Fall ist sie gestern mittag einfach aus Erde und Nebel geboren worden.«
    »Ich glaube«, sagte er und blickte in die Richtung, in die auch Jhirun starrte, nach vorn, wo sich der Wald wieder schloß, große Bäume, die die Straße beschatteten. »Ich glaube, ihre Sippe lebt in der Siedlung, an der wir vorbeigekommen sind, und der Himmel gebe, daß sie auch dort bleibt.«
    »Man sucht vielleicht nach ihr.«
    »Und wir«, fuhr er fort, »könnten ihretwegen Ärger bekommen, oder — was wahrscheinlicher ist — sie bekommt Probleme durch uns.
Liyo —
ich bitte dich ernsthaft, laß sie ziehen — sofort, während sie ihrem Zuhause noch so nahe ist, daß sie zurückfindet.«
    »Wir nehmen sie nicht gegen ihren Willen mit.«
    »Das stimmt wohl«, sagte er nicht gerade begeistert. »Aber wir befinden uns auf einem Weg, den sie nicht verfehlen können.«
    »Die Pferde zwingen uns diese Straße auf«, antwortete sie. »Außerdem hat uns dieses Land eine Mitreisende geschenkt, während von anderen nichts zu sehen ist. Wo Roh ja vor uns ist, will mir scheinen, als könnten sich die Leute aus der Gegend ohne weiteres einen Treffpunkt aussuchen, der zu ihrem Vorteil ist. Ich glaube, ich habe heute früh einen Schatten dahinhuschen sehen, ehe du den Weg herabkamst.«
    Ein Gefühl der Kälte hüllte ihn ein — und des Zorns auf sich selbst; er dachte an seinen wilden Ritt, daran, daß sie ihm den Rücken zugewandt hatte und stumm geblieben war, als er zu ihr stieß. Er hatte dieses Verhalten als Tadel empfunden. »Deine Augen waren schärfer als meine«, sagte er. »Ich habe nichts bemerkt.«
    »Vielleicht auch eine Lichtspiegelung. Ich weiß es nicht genau.«
    »Nein«, meinte er. »Ich habe noch nie erlebt, daß du Visionen gehabt hättest,
liyo.
Ich wünschte, du hättest mir ein Zeichen geben können.«
    »Es kam mir nicht ratsam vor, meine Beobachtung gleich zu besprechen«, antwortete sie, »und auch später nicht, während unser Gast hinter dir saß. Bedenke, sie stieß entweder absichtlich oder rein zufällig zu uns. Wenn sie eine Absicht verfolgt, hat sie Verbündete — möglicherweise sogar Roh selbst —, und wenn der Zufall gewirkt hat, nun, dann fühlt sie sich diesem häßlichen Land gewachsen, und sie ist nun wirklich nicht zart besaitet. In jedem Falle solltet Ihr gut aufpassen; Ihr seid zu gutherzig.«
    Er bedachte ihre Worte, aus denen die Vernunft sprach, und schämte sich. Während des Rittes durch dieses Land hatte er sich verloren gefühlt, hatte er jede Überlebenslektion vergessen gehabt, die er in seiner Heimat gelernt hatte, als könnten zwei Welten, die aus Erde und Felsen bestanden, total verschieden sein. Blind und taub war er losgeritten, wie ein Mann, der seiner Sinne beraubt war; und in diesem Zustand hatte er ihr wahrlich wenig genützt. Ihr Zorn war wohlbegründet.
    »Heute früh am Lager«, sagte er, »da war ich verblüfft, sonst hätte ich nicht aufgeschrien.«
    »Sprechen wir nicht mehr davon.«
    »Liyo,
ich schwöre, daß ich das nicht getan hätte. Ich war überrascht, ich rechnete nicht damit... ich konnte mir nicht denken, daß du morden würdest.«
    »Kommt es darauf an?« fragte sie. »Ihr werdet Euch nicht zu meinem Gewissen ernennen, Nhi Vanye. Dazu fehlt Euch das Talent. Und das Recht.«
    Er schwieg. Er kannte die Drohung, wenn sie ihn so ansprach.
    Die Pferde grasten friedlich. Wasser seufzte im Wind. Vanyes Pulsschlag ließ die Umwelt zurücktreten; selbst das Blut schien in ihm aufgestaut, ein Brodeln des Zorns in seinen Adern. Er begegnete ihrem Blick, ohne es zu wollen; er

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