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Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth

Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth

Titel: Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Vanye übte zusammen mit den jungen Leuten und mit Sin, der kaum von seiner Seite wich und ihm alles nachzumachen versuchte.
    Die Pferde, die im Gehege gut versorgt wurden und an den saftigen Feldrainen grasen durften, wurden geschmeidig und träge wie das Vieh aus dem Dorf – und Morgaine, die sonst immer auf Eile drängte und keine Stunde Rast machen konnte, saß stundenlang in der Sonne und sprach mit den Dorfältesten und den jungen Viehhirten und zeichnete auf ein Stück Ziegenleder ein Gebilde, das im Dorf großes Staunen auslöste, hatte man hier doch noch nie eine Landkarte gesehen. Obwohl sie über das Wissen verfügten, aus dem eine solche Zeichnung erwuchs, hatten sie ihre Welt noch nie aus dieser Perspektive gesehen.
    Mirrind, so hieß das Dorf; und die Ebene jenseits des Waldes hieß Azeroth; der Wald wurde Shathan genannt. In der Mitte des großen Kreises, der Azeroth war, zeichnete sie ein Gewirr von Wasserläufen, Nebenflüsse eines großen Stroms, der Narn hieß; im Kreis erschien außerdem die Inschrift
athatin,
was
Feuer
bedeutete – oder einfach ausgedrückt: das Tor der Welt.
    Das friedliche Mirrind wußte also von dem Tor und stand in ehrfürchtiger Anbetung davor:
Azerothen Athatin.
Soweit reichten seine Kenntnisse über die Welt. Morgaine jedoch stellte präzise Fragen. Sie fertigte ihre Landkarte und kennzeichnete die Orte in
qhalur-
Runen, in hübscher, leserlicher Schrift.
    Vanye lernte solche Runen auswendig... so wie er sich die gesprochene Sprache einprägte. Er saß auf der Treppe zum Versammlungshaus und zeichnete die Symbole in den Staub – er lernte sie, indem er all die neuen Worte schrieb, die er sich gemerkt hatte, und versuchte dabei die Skrupel gegenüber solchen Dingen zu unterdrücken, die ihm als Kurshin eingegeben worden waren. Die Kinder Mirrinds, die ihn bedrängten, wenn er die Pferde versorgte, und die so begeistert seine Pfeile zurückholten, daß er schon um ihre Sicherheit fürchtete, verloren schnell das Interesse an solchen langweiligen Übungen und ließen ihn allein. .
    »Elarrh-
Werk«, verkündeten sie, womit sie alles bezeichneten, das sie nicht verstanden. Sie bestaunten die Symbole, doch solange sie keinen Spaß daran haben konnten, solange keine Bilder dabei herauskamen, war es nicht interessant – und sie trollten sich. Nur Sin blieb. Der Junge hockte barfuß im Staub und versuchte ihn nachzumachen.
    Vanye blickte zu dem Jungen empor, der konzentriert zeichnete, und fühlte eine traurige Erinnerung in sich aufsteigen, Erinnerungen an sich selbst, der nie formellen Unterricht erlebt hatte, der aber nach Bildung gestrebt hatte, der darauf bestanden hatte, die Dinge zu bekommen, in die seine legitimen Brüder hineingeboren wurden – und der auf diese Weise soviel Wissen in sich vereinte, wie seine Bergheimat ihm bieten konnte.
    Von allen Kindern aus Mirrind war Sin ein Junge, dessen Ehrgeiz über die Wünsche der anderen hinausging und der – wenn sie schließlich weitergeritten waren – am meisten leiden würde; hatte er doch gelernt, nach Dingen zu streben, die Mirrind ihm nicht geben konnte. Der Junge hatte keine Eltern; sie waren vor langer Zeit bei einem Unglück ums Leben gekommen. Vanye hatte sich nicht danach erkundigt.
Die anderen werden sich ganz normal entwickeln,
dachte er,
aber was ist mit diesem Jungen?
Er dachte an sein Schwert in Sins kleiner Hand, erschauderte und bekreuzigte sich.
    »Was ist das,
khemeis?
« fragte Sin.
    »Ich wünsche dir alles Gute.« Vanye löschte die Runen mit der Handfläche aus und erhob sich. Seine Glieder fühlten sich schwer an.
    Sin warf ihm einen seltsamen Blick zu, und er machte kehrt, um das Versammlungshaus zu betreten. Weiter unten an Mirrinds einziger Straße gellte ein Schrei auf – nicht das Kreischen spielender Kinder, das immer wieder zu hören war, sondern der Aufschrei einer Frau; und in plötzlicher krampfartiger Anspannung fuhr er herum. Schon ertönten Männerstimmen, die zornig und bekümmert klangen.
    Er zögerte. Sein Pulsschlag, der zuerst gestockt hatte, beschleunigte sich zur gewohnten Panik; er zögerte unentschlossen zwischen jener Richtung und Morgaines und war einen Augenblick lang wie gelähmt, dann siegten Gewohnheit und Pflichtgefühl, und er hastete die Stufen empor und in den schattigen Saal, in dem Morgaine sich mit zwei Dorfältesten unterhielt.
    Er brauchte nichts zu erklären:
Wechselbalg
lag in ihrer Hand, und sie kam auf ihn zu, beinahe im Laufschritt.
    Sin stand

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