Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
anderen
qhal
schienen wenig Gefallen zu finden an solchen vorlauten Reden gegenüber dem alten Lord. »Nein«, sagte Merir. »Lassen wir das. Ich spreche mit den beiden. Geht alle, die dies nichts angeht. Wir werden miteinander reden«, fügte er hinzu, »und Dinge besprechen, die dem inneren Rat unseres Volkes vorbehalten sind. Du hast zwar darauf bestanden, daß dein
khemeis
bei dir bleibt, aber es wäre vielleicht angebracht, wenn du ihn wenigstens vor das Zelt schicktest.«
»Nein«, antwortete Morgaine. Nicht alle
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waren gegangen. »Setz dich!« sagte sie zur Seite. Vanye löste die Sehne von seinem Bogen und schob das Schwert zur Seite, um sich mit untergeschlagenen Beinen zu ihren Füßen niederlassen zu können. Es war eine alles andere als formelle Haltung, zumal er währenddessen den Kelch in der Hand behielt und nun einen zweiten Schluck zu sich nahm, war ihm doch der erste recht gut bekommen. Auch Morgaine wandte sich wieder dem Getränk zu, legte die Stiefel übereinander und streckte die Beine vor sich aus, entspannt und ein wenig zu lässig für den Geschmack des
qhal.
Sie handelte ganz bewußt; Vanye kannte sie gut genug, um die Spannung zu spüren, von der sie erfüllt war. Sie erkundete die Grenzen, die ihnen hier gezogen werden sollten, und hatte sie noch nicht gefunden.
»Ich bin es nicht gewöhnt, gerufen zu werden«, sagte sie. »Aber dies ist dein Land, Lord Merir, und ich schulde dir die Höflichkeit meines Kommens, die ich nunmehr abgegolten habe.«
»Du bist hier, weil es ratsam ist – für uns beide. Wie du schon sagst: es ist mein Land, und die Höflichkeit, um die ich dich bitte, ist ein Bericht über deine Absichten hier. Erzähl uns mehr von den Dingen, die du den Mirrindim offenbart hast. Was sind das für Leute, die zu uns gekommen sind?«
»Mein Lord, es gibt auf der anderen Seite der Feuer ein Land namens Shiuan – ich glaube, du verstehst, was ich meine. Es war ein elendes Land, die Bevölkerung hungerte, in erster Linie die Menschen, die in Armut leben mußten – aber die Flut, die das Land bedrohte, stand beiden gleichermaßen bis zum Hals. Dann kam ein Mann namens Chya Roh, und er wußte, wie die Tore funktionierten, die die
qhal
jenes Landes völlig vergessen hatten. Er stammte nicht aus Shiuan, dieser Chya Roh, sondern aus einer Welt, die hinter Shiuans Toren lag. Aus Andur-Kursh kommt er, wie wir beide. Und so kam es, daß auch wir in Shiuan waren: wir waren Roh auf der Spur.«
»Wer hat einem Menschen diese Dinge beigebracht?« erkundigte sich einer der Anwesenden. »Wie kommt es
,
daß in dem Andur-Kursh genannten Land die Menschen mit solchen Kräften frei umgehen können?«
Morgaine zögerte. »Mein Lord, es ist möglich – daß
qhal
und Mensch sich durch diese Kräfte verändern können. Ist so etwas hier auch bekannt?«
Es herrschte absolutes Schweigen. Blicke wurden gewechselt: Entsetzen; Merirs Gesicht aber blieb eine Maske.
»Es ist verboten«, antwortete Merir. »Wir wissen davon; doch wir lassen dieses Wissen außerhalb unserer hohen Räte nicht zu.«
»Es ermutigt mich, so viele
ältere
Leute bei euch in verantwortlichen Positionen zu sehen. Offensichtlich nimmt das Leben hier seinen Verlauf bis in das hohe Alter; vielleicht befinde ich mich bei Leuten, die Zurückhaltung und Vernunft kennen.«
»Es ist etwas Böses, dieser Wechsel.«
»Aber er war in Andur-Kursh einigen skrupellosen Leuten bekannt. Chya Roh – es gab einmal einen Mann, der sich mit der Macht der Tore auf meisterhafte Weise auskannte – ein
qhal,
zumindest im Anfang, wenngleich ich dafür keinen Beweis habe: die Verkleidungen, in denen er mir begegnet ist, waren ausnahmslos Menschen. Mensch auf Mensch hat er ermordet, hat die Körper für seine eigenen Zwecke übernommen, hat sein Leben über viele Generationen von Menschen und
qhal
ausgedehnt. Er war einmal Chya Zri, dann war er Chya Liell, und zuletzt übernahm er den Körper von Chya Roh i Chya, einem Lord seines Landes – Vanyes Cousin. Vanyes Erfahrungen mit den Toren, mein Lord, sind also von bitterster Art.
Später floh Roh vor uns, denn er wußte, daß wir ihm gefährlich werden konnten – er schwebte in Lebensgefahr
;
ich weiß nicht, wie viele Leben er seit seinem Urbeginn durchgemacht hat, oder ob er überhaupt zuerst Mann oder Frau war, ob er in Andur-Kursh geboren wurde oder dort nur von einem anderen Ort eintraf. Jedenfalls ist er
alt
und sehr gefährlich und geht rücksichtslos mit der Macht der Tore um. Aus
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