Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
zartes Blattwerk, das kaum erkennen ließ, ob hier schon jemals Reiter oder Wanderer durchgekommen waren.
Von Zeit zu Zeit raschelte es im Unterholz, von Zeit zu Zeit rührte sich das Gefühl, beobachtet zu werden; beide kannten sich im Wald aus, so daß sich ihre Sinne nicht leicht täuschen ließen. Doch keiner der beiden vermochte eine Spur der Beobachter auszumachen.
»Unsere Feinde sind das nicht«, sagte Morgaine einmal, als sie sich allein fühlten. »Nur wenige kennen sich im Wald aus, und nur einer davon ist ein Chya.«
»Roh ist nicht hier, ich nehme es nicht an.«
»Nein, ich bezweifle das auch. Es müssen die
qhal
sein, die hier zu Hause sind. Wir haben eine Eskorte.«
Diese Erkenntnis stimmte sie unbehaglich; er merkte das an ihrem Gesichtsausdruck und war im Grunde ihrer Meinung.
Als sie den Ritt fortsetzten, zog sich ein seltsames Schweigen durch den Wald. Die Pferde machten Schritt für Schritt die Geräusche, die sich nicht vermeiden ließen: das Brechen von Ästen, das dumpfe Geräusch des aufgewühlten Waldbodens – und doch hatten sie das Gefühl, daß da ein anderes Geräusch war, ein Wind, wo es keinen Lufthauch hätte geben dürfen, ein Flüstern von Blättern. Er hörte es und schaute sich um.
Schon war die Erscheinung fort; er machte wieder kehrt, denn der Weg krümmte sich mit dem Fluß, und sie erreichten eine Stelle, die nicht für Reiter gedacht war, die Äste tiefhängend, so daß sie sich im Sattel zur Seite neigen mußten – ein Wald, der wilder und älter war als das Gebiet, wo sie den Wald betreten hatten, und auch älter als die Bäume, die Mirrinds friedliche Felder säumten.
Wieder lockte etwas sein Gehör, zur Linken.
»Es ist wieder da«, sagte er. Das seltsame Spielchen machte ihn immer gereizter.
»Ich wünschte, es würde sich zeigen«, sagte sie in der
qhalur-
Sprache.
Kaum hatten sie die nächste Biegung hinter sich gebracht, als plötzlich eine Erscheinung vor ihnen auftauchte – ein Jüngling, der in fleckiges Grün gehüllt war, groß und weißhaarig – und mit leeren Händen.
Die Pferde schnaubten und scheuten. Morgaine, die an der Spitze ritt, zügelte Siptah, und Vanye rückte auf dem schmalen Pfad so weit nach, wie er konnte.
Der Jüngling verbeugte sich. Dabei lächelte er, als entzücke ihn die Verblüffung der Reiter. Er hatte mindestens einen Begleiter; Vanye hörte eine Bewegung hinter sich, und es kribbelte zwischen seinen Schulterblättern.
»Bist du einer von Lirs Freunden?« fragte Morgaine.
»Ich bin ein Freund von ihm«, antwortete der Jüngling, stemmte die Hände in den Gürtel und lächelte mit geneigtem Kopf zu ihr empor. »Und du wünschtest dir meine Gesellschaft, und da bin ich jetzt.«
»Ich ziehe es vor, die Leute zu sehen, die mich begleiten. Du willst auch in den Norden, vermute ich.«
Der Jüngling grinste. »Ich bin dein Wächter und Führer.« Er verbeugte sich elegant. »Mein Name ist Lellin Erirrhen. Und du wirst gebeten, die Nacht im Lager meines Lords Merir Mlennira zu verbringen, du und dein
khemeis.«
Morgaine saß einen Augenblick lang reglos da, und Siptah tänzelte unter ihr hin und her, war er es doch gewöhnt, daß bei solchen überraschenden Konfrontationen Kampfhandlungen begannen. »Und was ist mit dem, der uns noch beobachtet? Wer ist das?«
Ein zweiter Mann tauchte neben Lellin auf, ein kleiner dunkelhäutiger Mensch, der mit Schwert und Bogen bewaffnet war.
»Mein
khemeis«,
sagte Lellin. »Sezar.« Sezar verbeugte sich mit der Anmut des
qhal-
Lords, und als Lellin kehrtmachte, um vorauszugehen, wobei er es als selbstverständlich ansah, daß sie folgen würde, hielt sich Sezar dicht hinter ihm.
Vanye sah die beiden weiter vorn durch das Unterholz gehen und fühlte sich ein wenig erleichtert, war doch Sezar ein Mensch wie die Dorfbewohner und trug Waffen, während sein Lord schutzlos zu sein schien.
Entweder wird er sehr geliebt oder sehr gut verteidigt,
dachte er und fragte sich, wie viele Männer noch im Wald versteckt sein mochten.
Lellin schaute zurück und grinste sie an. Er wartete an einer Abzweigung und führte die beiden auf einen neuen Weg, der vom Fluß fortführte. »Hier geht es schneller«, sagte er fröhlich.
»Lellin«, sagte Morgaine. »Man hat uns angeraten, am Fluß zu bleiben.«
»Das macht nichts. Lir hat dir den sicheren Weg genannt; auf ihm aber würdest du erst morgen am Ziel eintreffen.
Komm! Ich führe dich schon nicht in die Irre.«
Morgaine zuckte die Achseln, und sie
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