Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
um Einfluß zu wetteifern? Darauf läßt sich Hetharu nicht ein. Sei mutiger als das, Shiua-Lord, sonst darfst du nicht damit rechnen, mich als Waffe zu gebrauchen. Brich mit beiden, dann diene ich dir und gebe dir die Macht, die du haben willst; sonst nicht.«
»Der
khal,
der mit euch ritt – wer war das?«
»Das sage ich dir nicht.«
»Glaubst du, du bist in der Lage, mir diese Antwort zu verweigern?«
»Die Männer dort, die für dich reiten... wie weit kannst du ihnen vertrauen? Glaubst du, es gäbe in der Gruppe keinen, der an Hetharu Informationen weiterleitet, wenn er dafür bezahlt wird? Etwa daß du mich hier draußen umgebracht hast, Kenntnisse erfragend, die Hetharu dir auf keinen Fall zubilligen würde – aus welchem anderen Grunde hast du sie sonst vom Feuer fortgeschickt? Nein. Wenn du dich mit Hetharu überwerfen willst, brauchst du mich an deiner Seite, lebendig und gesund.
Sagen
werde ich dir nichts; doch ich werde dir helfen, zu erreichen, was dir vorschwebt.«
Shien saß auf den Hacken vor ihm, die Arme verschränkt, und starrte ihn an. Er wußte, daß Vanye wußte, daß er sich bei diesem
khalur-
Prinz sehr weit vorgewagt hatte. Er sah, wie sich Shiens Augen verschleierten, und die Hoffnung verließ ihn.
»Es heißt, du hättest Hetharus Vater umgebracht«, sagte Shien leise. »Trotzdem hoffst du, dich mit ihm auf Geschäfte einzulassen?«
»Eine Lüge. Hetharu hat seinen Vater selbst getötet und mir die Tat zur Last gelegt, um seinen Ruf zu retten.«
Shien lachte wölfisch. »Ja, das glauben wir alle. Aber so ein Führer ist Hetharu nun einmal, und so hat er dich schon einmal behandelt, als du ihm in den Weg gerietest – so beseitigte er seinen eigenen Herrn und Vater – und jetzt bist du der Meinung, dich seiner Gnade erneut aussetzen zu können, wenn ich deinen verrückten Plan verwerfe; Mensch, du scheinst überhaupt nicht zu lernen.«
In der Erinnerung überkam Vanye ein kalter Schauder, trotzdem schüttelte er den Kopf. »Dann kennst du ihn auch gut genug, um zu wissen, daß dir nie ein Vorteil erwachsen wird, indem du ihm hilfst. Schlage den Weg ein, den ich dir vorzeichne, Lord von Sotharrn, dann bekommst du, was du haben willst – sonst bleibt dir nichts. Ich lerne immerhin schnell genug, um keinem
khal
das einzige Ding zu überlassen, das mein Leben wertvoll macht.«
Shien zog die weißen Brauen zusammen. Einen Augenblick lang zeichneten sich seine Gedanken deutlich in seinen Augen ab – unerfreuliche Gedanken. »Du gehst davon aus zu wissen, wie man uns behandelt und wie ich mit den anderen Lords umgehen muß. Du kennst uns nicht, Mensch!«
»Ich weiß, daß ich tot sein werde, wenn du bekommen hast, was du haben willst.«
Shiens Stirnrunzeln wurde allmählich von einem Lächeln abgelöst. »Ah, Mensch, du bist zu undiplomatisch. Man beschuldigt einen möglichen Wohltäter doch nicht der Lüge! Vielleicht hätte ich sogar gehalten, was ich versprach.«
»Nein«, sagte Vanye, wenngleich der Samen des Zweifels in ihm gesät war.
Daraufhin erhob sich Shien und ließ sich ein Stück entfernt nieder. Vanye wandte den Kopf und starrte ihn an, doch Shien schenkte sich aus seiner Flasche einen Becher voll und saß, langsam trinkend, mit abgewandtem Gesicht am Boden.
Dahinter sah er die anderen, Halblinge, die sich als
khal
gaben, mit gebleichtem Haar und rauher Arroganz, erfüllt von einem Haß auf die Menschen, der sich wegen ihres eigenen menschlichen Blutes um so ausgeprägter zeigte.
Shien wandte den Kopf und schenkte ihm ein dünnes Lächeln. Spöttisch hob er seinen Becher.
»Morgen«, versprach Shien.
Sie überquerten zwei flache Wasserläufe, den ersten im Morgengrauen, den zweiten zur Mittagszeit. Vanye konnte sich vorstellen, wo sie sich befanden – sie näherten sich dem Tor, das in Azeroth zu finden war. Angst überkam ihn, denn es war unmöglich, beim Gedanken an jene Macht, die Materie in sich aufsaugen und davon leben konnte, keine Furcht zu empfinden.
Doch noch zeigte sich keine Spur des Tors, nicht während des weiten Weges, den sie an diesem Nachmittag zurücklegten. Die Gruppe machte selten Rast; Shien hatte versprochen, sie würden noch heute Hetharus Lager erreichen, und schien entschlossen zu sein, dieses Ziel zu schaffen, selbst wenn es Kräfte kostete. Vanye sagte nichts mehr zu Shien, während die Entfernung unter den Pferdehufen schrumpfte. Shien hatte auch ihm nichts mehr zu sagen, nur ab und zu musterte er seinen Gefangenen mit düsterer
Weitere Kostenlose Bücher