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Morgen des Zorns

Morgen des Zorns

Titel: Morgen des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Douaihy
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sie lebt bei uns. Welchen Namen tragen denn ihre Kinder? So etwas gehört sich nicht!
    Abbûd flüchtete sich erneut in seine Taubheit; er vernahm kein Wort mehr, obwohl die Stimmen unüberhörbar waren.
    – Eine unserer Frauen, sagte der Bewaffnete. Eine unserer Frauen, die im Unteren Viertel verheiratet ist, sie hat es uns erzählt. Auch wir haben unsere Leute, die uns Informationen zukommen lassen. Blut wird nicht zu Wasser.
    Abbûd ersuchte mich um Hilfe. Obwohl ich das Gefühl hatte, dass er alles verstand. Seinen Gesichtszügen konnte ich seine Erregung ablesen, als er die Worte des Mannes vernahm, der sich immer mehr an Hesnehs Recht vergriff. Die Stimmen vermischten sich.
    – Die beste Lösung ist, dass du runter zu deiner Familie gehst und dort bleibst.
    Endlich hatte der Mann den Zweck seines Kommens deutlich ausgesprochen.
    Selbst meine Stimme, die direkt neben seinem Ohr dröhnte, erreichte Abbûd nicht mehr. Abbûd war nicht mehr imstande, irgendetwas zu hören.
    – Wir können es nicht dulden, dass sie hierbleibt, fuhr der Mann inmitten der Proteste fort, ich bin gegen meinen Willen hergekommen, um in aller Ruhe mit euch zu reden.
    – Und wenn sie es ablehnt, ihr Haus zu verlassen?
    Endlich hatte Abbûd es gewagt, den Mund aufzumachen. Er stand von seinem Stuhl auf, die Augen weit aufgerissen, die Schusterschürze vollkommen verschmutzt von der Arbeit.
    – Dann kommt jemand anderer und holt sie mit Gewalt. Ich richte keine Waffen auf Frauen.
    Abbûd hörte es, aber er wollte es nicht verstehen.
    – Wohin wollt ihr sie denn bringen? Was ist denn das für eine Frechheit?
    Sie hatten vor, die in unserem Viertel verheirateten Frauen der Samaani-Familie im Haus von Asîs al-Râmi zu versammeln. Es waren offenbar zwanzig Frauen oder mehr. Sie würden sie Pater Bûlos übergeben, der sie ins Untere Viertel mitnehmen würde. Wir stellten uns den Anblick vor, wir, die wir dort im Schuhmacherladen hockten: Pater Bûlos führte die Frauen an und überschritt mit ihnen die Demarkationslinie. Dort würden sie sich auf die Häuser ihrer Eltern aufteilen. Und er würde mit den Frauen der Râmi-Familie aus dem Unteren Viertel zurückkommen.
    – Wenn es so ist, wenn ihr mich hier nicht haben wollt, dann gehe ich runter …
    Hesneh hatte alles mitbekommen. Man verübelte ihr nicht, das sie der Samaani-Familie angehörte, lediglich, dass man vor ihrem Bruder auf der Hut sein musste. Er stand ihnen gegenüber, Schuss gegen Schuss, List gegen List.
    – Ja, ich gehe zu meiner Familie.
    Ich versuchte gar nicht erst, es ihm weiterzusagen, weil ich sicher war, dass er es verstanden hatte. Doch Hesneh beugte sich über Abbûds Ohr und schrie:
    – Ich gehe runter zu meiner Familie, Abbûd …
    Dabei hatte sie gar keine Familie mehr. Ihre Familie, das war ihr Bruder Muhsin.
    Dann setzte sie gegenüber uns und dem in der Tür stehenden bewaffneten Mann zum Trotz mit verhaltener Stimme hinzu:
    – Immer wenn ich ins Untere Viertel gegangen bin, ist mir jedenfalls das Herz aufgegangen …
    Das war ihre Art der Rache.
    Plötzlich trafen drei bewaffnete Männer zur Unterstützung ihres Kameraden ein. Wir kannten sie. Es waren Salîmas Söhne, Hâschim und seine Brüder Francis und Abu Laila. Ihnen oblag eine gewichtige Aufgabe, mit ihren finsteren Mienen beachteten sie uns gar nicht. Es war klar, dass wir nicht in der Lage wären, sie zurückzuhalten.
    – Wo ist Hesneh? Los, Pater Bûlos will noch vor Mittag runter …
    Wie um sich zu rechtfertigen, sagte einer von ihnen:
    – Wenn meine Mutter Salîma eine von ihnen wäre, dann würde ich sie auch mitschicken …
    Dann setzte er an Abbûd gewandt hinzu:
    – Krieg ist Krieg, Abbûd … Entweder wir oder sie.
    Hesneh sagte kein Wort. Sie drehte sich nur um und ging in das Zimmer hinter dem Laden.
    Plötzlich sprang Abbûd auf. Zum zweiten Mal stand er mit seiner verschmutzten Schürze da. Dann stürzte er ebenfalls in den Raum hinter dem Laden. Er diskutierte nicht mit Hâschim, dem Sohn Salîmas, er kapitulierte vor der Entscheidung. Es blieb ihm nur zu retten, was zu retten war.
    – Nein! Den Jungen nimmst du nicht mit …
    – Und wer soll ihn stillen? Du etwa?
    – Du nimmst ihn nicht mit, ich hab nur den einen.
    Er hatte sich unwiderruflich entschieden.
    Die kleinen Mädchen begannen zu weinen. Wir, das heißt, ich und die anderen, die im Laden saßen, folgten ihm hinein. Die älteste Tochter hielt Raûf fest, sie wusste nicht, wem sie das Kind geben sollte, also fing

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