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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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mich endlich in den Schlaf geschluchzt hatte.

Kapitel 26
     
    Plötzlich läutete mein Handy. Meine Lider schienen aneinanderzukleben. Bei meinem Bemühen, das Gespräch anzunehmen, rutschte mir das Telefon aus den Händen und fiel zu Boden. Als ich endlich abnahm und »Hallo« sagte, war Mickey am Apparat. Ich setzte mich auf, was meine Kopfschmerzen nicht gerade verbesserte. Bereit, mich schuldig zu fühlen, blickte ich mich im Zimmer um, doch Silver war schon weg. Offensichtlich war ich allein.
    »Wo bist du?«, wollte ich wissen, immer noch schläfrig. Ich fragte mich, wie spät es wohl sein mochte. Eine bleiche Sonne schickte ihre Strahlen durch die Fenster und blendete mich, sodass ich das Display der Uhr nicht lesen konnte. Es sah aus, als sei der Morgen längst angebrochen.
    »Zu Hause. Wo bist du denn? Geht es dir gut? Man hat mir gesagt – ich habe von deinem Bruder gehört. Es tut mir so leid, Jessica.«
    Wieder dieser Schlag in die Magengrube, als würde ich es jetzt erst erfahren. In den letzten beiden Wochen fand ich mich jeden Morgen nach dem Aufwachen in einer hässlichen Wirklichkeit wieder, mit der ich zurechtkommen musste.
    »Danke«, sagte ich lahm. »Wie spät ist es?«
    »Etwa acht, würde ich meinen.«
    »Wo hast du denn gesteckt, Mickey? Du solltest doch noch im Krankenhaus bleiben. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht.«
    »Tut mir leid, Jessica. Ich weiß nicht, was mich gepackt hat. Ich bin einfach durchgedreht, vermute ich. Hab die Panik gekriegt.«
    »Ja, das kann man sagen. Weißt du, man hat Louis’ Jäckchen gefunden. Dort, wo Robbie war.«
    »Ich weiß. Ich habe mit deinem Typen von der Polizei geredet, mit Inspector Silver. Erst vor kurzem.«
    Mein Gesicht im gegenüberliegenden Spiegel war eine Augenweide. »Oh«, sagte ich. »Tatsächlich? Wann?«, fragte ich unschuldig. Mein Typ von der Polizei. Natürlich war ich auch unschuldig.
    »Vor einer halben Stunde. Er sagte, sie seien nah dran. Ich komme auch raus.«
    Warum beschlich mich dabei ein komisches Gefühl?
    »Glaubst du, das ist klug?«, sagte ich ein wenig zu schnell. »Hast du dich schon untersuchen lassen? Denk daran, du sollst dich erholen.«
    »Denkst du denn dran, mein Mädel? Eigentlich …« Er machte eine Pause und goss sich offenkundig einen Drink ein. »Eigentlich sind wir ja schon ein richtig altes Paar, nicht wahr?«
    Nein. Wir sind nicht wirklich ein Paar. Nein, nicht jetzt.
    »Ja«, antwortete ich lahm. »Ein richtig altes Paar.« Ich dachte an Louis und spürte eine Ahnung in mir aufsteigen. »O Mickey«, sagte ich und kletterte aus dem Bett. Ich vergaß alle Sorgen bezüglich meines Mannes. Eine Minute lang vergaß ich sogar Robbie. »Ich habe das Gefühl, wir haben es. Wir bekommen unseren Louis heute noch zurück. Ich weiß das.«
    »Ich hoffe, du hast recht.« Sein Ton war leidenschaftlich, ja grimmig. »Ich weiß … Ich weiß, wie sehr dich all das mitgenommen hat, Jessica. Geht es dir auch wirklich gut? Es tut mir leid, dass du … dass du das alles allein durchstehen musstest. Ich werde bald bei dir sein.«
    »O ja«, gab ich zurück. »Mir geht es den Umständen entsprechend. Ruf mich an, wenn du kommst, in Ordnung?« Dann fiel mir etwas ein. »Mickey?«
    »Ja?«
    »Es tut mir leid, dass …«
    »Was tut dir leid?«
    »Es täte mir leid, wenn es Robbie gewesen sein sollte. Der unseren Sohn entführt hat, meine ich. Ich wollte es zuerst nicht glauben, aber vermutlich …«
    »Ja, vermutlich hast du recht.«
    »Ich fühle mich irgendwie verantwortlich dafür.«
    Er lachte trocken auf. »Nicht eine Minute lang würde ich so etwas denken, okay?«
    »Okay«, sagte ich. Ich hängte ein, dann rief ich Silver an, weil ich wissen wollte, was ich tun sollte. Ich war ein wenig kurz angebunden.
    »Jess«, sagte er. Dann wurde er abgelenkt. »Ich kann jetzt nicht reden. Wir hatten eine positive Meldung. Ich werde einen Wagen hinschicken.« Dann war er weg. Die See draußen war rau, die Oberfläche voller weißer Schaumkronen. Die Wolken jagten am Himmel dahin. Ich zog mich an, während ich zwischen Erregung und Angst hin- und hergerissen wurde. Ich drückte meine Brüste und fragte mich, ob die Milch je wieder einschießen würde. Wie zur Antwort spürte ich tief drin ein Kitzeln.
    »Louis«, flüsterte ich und starrte sein Foto an, das ich in der Geldbörse mit mir trug. Ich strich über sein Gesichtchen. »Ich komme, mein Kleiner. Bald ist die Mama wieder da.«
    Deb und ich saßen auf dem Rücksitz eines

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