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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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einen der Scharfschützen, einen jungen Mann, dessen Ohren unter der Kappe in lustigem Winkel vom Kopf abstanden. Er rollte sich gerade eine Zigarette und hielt das Päckchen mit dem Zigarettenpapier zwischen den Zähnen. Dabei lachte er über etwas, das ein Kollege gerade zu ihm gesagt hatte. Irgendwie erinnerte er mich an Robbie, an …
    Plötzlich schalteten sich ihre Funkgeräte ein. Die Männer beachteten mich nicht mehr. Die Schützen richteten sich auf, warfen ihre Zigaretten weg und setzten ihre Mützen wieder auf.
    Ärgerlich wiederholte ich: »Was geht hier vor, Silver?«
    »Einige Anwohner haben die Polizei angerufen, weil sie hier in den frühen Morgenstunden eine Frau gesehen haben, die mit einem Kind an Bord eines Bootes ging. Dieses Boot war aber nicht für den Personenverkehr zugelassen. Die Hafenbehörde hat nur Lizenzen für Fischerboote ausgestellt. Wir glauben nicht, dass sie schon an Land gegangen sind. Und ganz sicher haben sie keine Segel gesetzt, weil es dafür viel zu windig war. Jetzt allerdings wurde eine Sturmwarnung herausgegeben.«
    »Maxine?«, fragte ich Silver. Das Adrenalin schoss durch meine Adern. Er zuckte mit den Schultern.
    »Wir wissen es nicht, aber es ergäbe einen gewissen Sinn. Die Frau war offensichtlich groß und blond.«
    Dann packte mich die Panik. Ein Gefühl … kommenden Unheils vielleicht.
    »Silver, die Schützen …«
    »Das ist – wie gesagt – eine reine Vorsichtsmaßnahme, Jess.«
    »Aber ich will keine Waffen, wenn es um mein Baby geht. Wir sind hier doch nicht im Fernsehen.« Wieder schoss mir ein Horrorbild durch den Kopf: eine Kugel, die genau durch Louis’ Herz ging und ihn in meinen Armen zusammensacken ließ wie eine ausgeweidete Strohpuppe, kalt, wie Robbie es gestern gewesen war. Und ich, die ich schrie, als könne ich nicht mehr aufhören. Silver warf mir einen Blick zu und trat einen Schritt näher.
    »Regen Sie sich nicht auf, Jess. Es wird alles gut.« Aber ich glaubte ihm nicht, und er wusste es. »Ich werde in einer Minute versuchen, auf das Boot zu kommen. Ich werde nicht zulassen, dass etwas passiert. Ich verspreche es.« Er nahm meine Hand und drückte sie, so fest, dass die Knochen schmerzhaft knackten. Dann kam der bebrillte Polizist auf uns zu, gefolgt von einem Mann in einer Marine-Uniform.
    »Ich glaube nicht, dass der Kahn hochseetüchtig ist«, lästerte der Bebrillte fröhlich und zog einen seiner Stumpen aus der Hosentasche. Dann fiel sein Blick auf mich. Wenn er seine unpassende Bemerkung bereute, zeigte er es jedenfalls nicht. »Oh, hallo.«
    Ich versuchte es erst gar nicht mit Lächeln. Im Hintergrund war ein dumpfes Dröhnen zu hören, das langsam lauter wurde. Dann kam in dem kleinen Ausschnitt zwischen den Häusern und dem Uferdamm ein Schnellboot in Sicht, ein teuer aussehendes, riesiges Kabinenboot. Superintendent Malloy riss das Fernglas vor die Augen, das Boot fuhr aufs Ufer zu. Der Hafenmeister runzelte wichtig die Stirn. »Ich weiß nicht, wer das sein könnte. Wissen Sie, man braucht eine Sondergenehmigung, um hier Boot zu fahren.«
    Malloy sah Silver an und schüttelte den Kopf. »Sie machen sich am besten auf den Weg, Joe. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Und so sahen wir hilflos zu, wie Silver sich von der versteckten Gruppe löste und zum Anlegesteg hinunterging. Mir war noch nie aufgefallen, was für einen hoppelnden Gang er hatte. Am liebsten hätte ich ihm »Viel Glück« nachgerufen, doch mein Mund fühlte sich trocken an, als sei er voller Federn, Sägemehl oder anderen Widerlichkeiten. Außerdem wusste ich, dass ich den Mund halten musste. Zum ersten Mal in meinem Leben hätte ich mir gewünscht zu rauchen, nur um etwas in der Hand zu haben. Stattdessen holte ich meinen Inhalator hervor und nahm einen tiefen Atemzug. Ich spürte, dass Deb mich wachsam beäugte. Schützend, fast besitzergreifend nahm sie meinen Arm, wie es die beste Freundin in der Schule tun würde.
    Verzweifelt spähten wir durch sämtliche Ritzen, die wir finden konnten. Das Schnellboot hatte seine Fahrt verlangsamt und ging draußen auf See vor Anker. Dann richteten sich aller Augen plötzlich auf eine Frau, die auf einem verblichen grünen Boot namens »Miranda Jane« erschien. Ganz offensichtlich erleichtert winkte sie zu dem anderen Boot hinüber. Ein Murmeln ging durch die Gruppe der Beamten. Malloy richtete sein Fernglas auf sie. Sie trug eine Art Kapuzenshirt. Die Kapuze blähte sich im Wind, sodass ich von meinem Platz aus ihr

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