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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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nicht noch zusätzlich aufregen, doch ich habe beunruhigende Nachrichten.«
    Meine Augen richteten sich auf ihn. »Über Louis?« Ich war aufgesprungen.
    »Nein, nein, keine Sorge. Von Louis haben wir leider immer noch nichts gehört. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass es Louis, bei wem er auch sein mag, gut geht. Offensichtlich will man ihm nichts tun. Sie wollen das Kind haben.«
    »Nicht so sehr wie ich.« Ich ließ mich zurück auf den Stuhl fallen.
    »Nein, natürlich nicht. Aber es geht um Mickey und seine Verletzungen. Wir haben einen Augenzeugen gefunden. Er hat ein Pub in Bermondsey gepachtet, nicht weit weg von der Stelle, wo wir Mickey gefunden haben. Er hat Mr Finnegan auf den Fotos in der Zeitung wiedererkannt.« Silver spielte mit der Jalousie und rollte sie auf und zu.
    »Nun«, meinte er und drehte sich wieder zu mir, »unsere Jungs haben den Herrn befragt, aber er war ein wenig … zurückhaltend in seinen Aussagen.«
    Ich wünschte, er würde sich setzen.
    »Doch als er mitbekam, dass ein Kind vermisst wird, hat er sich nochmals mit uns in Verbindung gesetzt.«
    »Hat ja wohl lange genug gedauert«, zischte ich und machte mich an meinem Plastikbecher zu schaffen.
    »Ich frage mich nur …« Er sah besorgt aus.
    »Was?«, hakte ich nach. Wenn man mir für jeden Menschen, der sich im Augenblick Sorgen um meine mögliche Reaktion machte, ein Pfund gegeben hätte, wäre ich ziemlich reich geworden.
    »War Mickey schon öfter in Prügeleien verwickelt?«, fragte er.
    »Prügeleien? Wohl kaum. Er ist Künstler. Und Geschäftsmann. Warum sollte er sich prügeln?«
    »Nun ja, es gibt immer mal wieder seltsame Zusammenhänge, Jessica. Die Welt ist nun einmal ein merkwürdiger Ort.«
    Ich sah über seine philosophischen Versuche großzügig hinweg. »Wie auch immer: Was meinen Sie denn mit ›Prügeleien‹? Mickey wurde doch sicher angegriffen?«
    »Davon sind wir ausgegangen. Dass die Leute, die sich Louis geschnappt haben, Mickey zusammenschlugen. Doch was der Typ vom Pub sagt, lässt die Ereignisse in anderem Licht erscheinen.«
    »Aber was sagt er denn eigentlich?«
    »Dass Mickey an dem Abend, als Louis verschwand, gegen sieben Uhr ins Pub kam. Er schien recht aufgeregt zu sein.« Silver spielte wieder mit der Jalousie. Ich biss mir auf die Zunge.
    »Na ja, dazu hatte er ja wohl Grund, oder?« Er ließ sich die Informationen wie Würmer aus der Nase ziehen.
    »Ja, das möchte man meinen. Wie auch immer, jedenfalls bat er darum, telefonieren zu dürfen, doch das Münztelefon in der Bar funktionierte nicht. Als er das merkte, schlug er immer wieder den Hörer gegen die Wand, bis ein Typ an der Bar ihm sagte, er solle damit aufhören.« Silver hob den Briefbeschwerer auf und schob ihn von einer Hand in die andere. Der Wirt war im Nebenzimmer, kam aber herüber, um zu sehen, was vorging. Und er beobachtete, wie der erste Schlag fiel – von Mr Finnegan.« Er wartete, bis ich begriffen hatte, was er mir sagen wollte.
    »Aber … ich verstehe das nicht. Wahrscheinlich …« Die Gedanken rasten in meinem Kopf. »Wahrscheinlich stand Mickey einfach so unter Stress, dass er … dass er durchdrehte. Nicht mehr wusste, was er tat. Das wäre doch nur natürlich, nicht wahr?«
    Silver zuckte mit den Schultern. Ich hieb wieder einmal meine Vorderzähne in die Unterlippe, die ich vermutlich bald durchgebissen haben würde.
    »Vielleicht. Aber nach den Zeugenaussagen war Mickey einfach abgefüllt.«
    »Betrunken, meinen Sie?«
    »Ja, betrunken. Im Pub allerdings hat er nichts getrunken. Er kam herein und sagte etwas über seinen Sohn und dass er ein Telefon brauche, weil er sein Handy verloren habe. Nachdem die Fäuste flogen, setzte der Wirt die beiden Kampfhähne vor die Tür, wo der Kampf weiterging. Mr Finnegan – er hat offensichtlich ganz schön was eingesteckt.«
    Ich zuckte zusammen. »Offensichtlich«, sagte ich leise.
    »Ja. Dann aber ist er einfach verschwunden. Der andere machte sich aus dem Staub, und der Wirt vergaß die ganze Angelegenheit. Bis jetzt.« Sorgfältig legte er den Briefbeschwerer wieder auf den Tisch. »Ich versuche nur zu begreifen, wieso Ihr Mann die Rauferei überhaupt anfing.«
    All das ergab überhaupt keinen Sinn. Warum sollte Mickey losgehen, um sich zu prügeln, wenn Louis verschwunden war? Warum war er betrunken? Ich konnte es einfach nicht glauben.
    »Für mich hört sich das alles nach einem Haufen Unsinn an«, sagte ich, ganz die treue Gattin. »Vielleicht hat der Wirt

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