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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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die Louis mitgenommen hatte. Und tat, als sei er ihr Kind. Allein das Wissen darum genügte schon, dass ich mich schlechter fühlte denn je.
    Dann kam Leigh und brachte mich zur Polizeidienststelle, wo ich der üblichen Pressekonferenz beiwohnte. Dieses Mal saß Kelly bei mir. Dankenswerterweise kamen aus dem Publikum keine Fragen über tragische Ereignisse und Kinderhandel.
    Der Raum war dieses Mal nicht ganz so überfüllt wie sonst. Auch die Journalisten schienen bedrückter und stiller als sonst. Ich machte mir Sorgen, dass die Menschen unseren Fall schon abgeschrieben hatten. An jenem Tag waren in London in einer U-Bahn-Station Bomben gelegt worden, und daher war es, so meinte Kelly, schon gut, dass überhaupt jemand gekommen war. Ich versuchte mir zu vergegenwärtigen, dass draußen das Leben weiterging, doch es war schwierig, das nicht zu vergessen, wenn man Tag für Tag schwächer und verzweifelter wurde, weil einen der eigene Verlust zermürbte. Ich versuchte, mich nicht nach Silver umzusehen und nicht zu stark auf meinen Lippen herumzukauen, doch am Ende schaffte ich es doch nicht: Ich musste einfach fragen, wo er war. Kugelbauch meinte, er sei im Dienst. Sofort kamen mir verrückte Bilder in den Sinn: Silver, wie er jemanden bediente. Wie er mich bediente. Vielleicht verlor ich ja doch allmählich den Verstand. Schließlich kam Deb, und ich war wirklich froh um sie. Sie sah mich an, und ein besorgter Ausdruck trat auf ihr Gesicht. Dann fragte sie mich, ob ich wirklich die Therapeutin nicht noch einmal aufsuchen wollte. Dieses Mal dachte ich allen Ernstes darüber nach, denn ich hatte auch den Eindruck, dass ich mit alldem nicht besonders gut zurechtkam. Ich hatte immer noch das Gefühl, dass Mickey sterben würde, dabei war ich wegen Louis überhaupt nicht mehr wütend auf ihn, ich wollte nur alle beide möglichst schnell zurück.
    Leigh holte mir Tee und kippte löffelweise Zucker hinein. Wir wollten gerade zum Auto gehen, als Deb einen Anruf auf dem Handy bekam. Aus der Art, wie sie redete, schloss ich, dass es Silver war. Sie brachte mich zu seinem Büro, und da war er dann endlich. Er sah aus, als habe er tagelang nicht geschlafen. Genauer gesagt, sah er reichlich verknittert aus, aber ich verkniff mir eine entsprechende Bemerkung. Ich fand, es war an der Zeit, dass unsere Beziehung etwas professionellere Züge annahm, vor allem jetzt, wo ich mich mit Mickey ausgesöhnt hatte. Vor allem jetzt, wo ich meinen Mann fast umgebracht hatte. Dann merkte ich, wie Leigh ihm schöne Augen machte, und mir fiel ein, dass kein Mann, den sie wollte, Leigh entkam. Trotzdem bat Silver sie, draußen zu warten.
    »Wie geht es Ihnen denn, Kind …, Mrs Finnegan?«
    »Sie sind heute aber sehr förmlich«, antwortete ich. Und mir fiel plötzlich auf, dass ich tagelang nicht mehr geduscht hatte. Dass ich in diesem alten Kleid geschlafen hatte. Und möglicherweise noch nach Mickey roch.
    »Nun, denn, dann eben Jessica. Wie geht es Ihnen? Ich war ein wenig besorgt, als ich von Mr Finnegans Rückfall hörte.«
    In einem Anfall von Hysterie dachte ich daran, ihm zu erzählen, dass ich meinen Mann fast zu Tode gevögelt hätte. Doch das wäre wirklich nicht angemessen gewesen. Stattdessen nippte ich an meinem Tee und tat, als habe man mir auch ein Beruhigungsmittel verpasst. Und sagte: »Er wird es wohl überstehen. Zumindest hat man mir das gesagt. Es ist alles ein bisschen …«Ich fand nicht gleich das richtige Wort. »Stressig«, fügte ich lahm an. Auf seinem Schreibtisch stand ein Foto, das ich nicht richtig sehen konnte, aber es schienen drei lachende Kinder darauf zu sein. In ihrem Wettlauf, als Erster vor der Kamera das dickste Grinsen aufsetzen zu dürfen, purzelten die drei übereinander.
    »Ihre Kinder?«, fragte ich überfreundlich.
    »Ja«, nickte er, ging aber nicht weiter darauf ein.
    »Werden Sie …« Es machte mich verlegen, darüber zu reden, also hielt ich die Augen weiterhin auf das Foto gerichtet, nur um Silver nicht ansehen zu müssen. »Werden Sie mit Agnes sprechen? Mit Mickeys Ex-Frau?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wir überprüfen gerade, wo sie sich aufhält, aber soweit ich weiß, ist sie im Ausland. Haben Sie ihn gefragt, ob er sich mit ihr getroffen hat?«
    »Ich … ich konnte noch nicht richtig mit Mickey reden.« In meinem Kopf tauchte das Bild auf, das wir letzte Nacht geboten hatten, und ich errötete ein wenig. »Ich vermute mal, das hat mit Louis nichts zu tun.«
    »Nun, ich möchte Sie

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