Morgen, fuer immer und ewig
bisher noch nicht viele Männer getroffen, die lieber zuhörten, statt von sich zu erzählen. Ehrlich gesagt verhielten sich fast ausschließlich reiche Männer so. Steve war ihr von Anfang an sympathisch gewesen. Er hatte sie im Aufzug auf den Milchbart hingewiesen. Wäre sie nur eine Assistentin oder Ähnliches gewesen, hätte sie wahrscheinlich für einige Pausenwitze gesorgt. Keinen anderen hätte es interessiert, ob sie sich blamierte. Aber Steve hatte sie freundlicherweise daraufhin gewiesen. Und das, ohne zu wissen, wer sie war.
Gegen 11 Uhr am Abend beendete er schließlich das Treffen und fuhr Rachel nach Hause. Und dann passierte etwas Untypisches. Etwas, was kein Mann zuvor getan hatte. Er wünschte ihr eine gute Nacht und fuhr los.
Selbstzweifel überkamen sie und leicht verwirrt betrat sie ihre Wohnung. Kein Kuss, keine Grabschereien, keine Andeutungen. Noch nicht einmal die Frage, ob er noch einen Kaffee bekommen könnte. Nichts. War sie nicht sein Typ? Oder war es, weil sie seine Chefin war? Hatte er Komplexe, da sie mehr verdiente als er?
Frustriert stöhnend ließ sie sich auf ihr Sofa fallen. Wo war die Fernbedienung? Sie sah sich um und entdeckte sie auf dem Fernseher. Typisch. Genau dort, wo man sie nicht benötigte. Sie blieb einen Moment unschlüssig liegen. Sollte sie aufstehen? Nein. Dazu hatte sie keine Lust. Sie entschied sich dafür, noch etwas im Schein der Wohnzimmerlampe liegen zu bleiben und über den Abend nachzudenken.
Es war alles gut gelaufen. Sie hatten sich genau wie das letzte Mal gut unterhalten. Und normalerweise wollten Männer beim zweiten Date zumindest einen Kuss. Oder sah er die Essen mit ihr überhaupt nicht als Date an? War sie nur eine nette Ablenkung für zwischendurch? Frustriert fuhr sie mit ihren Händen übers Gesicht und schwang ihre Beine vom Sofa. Doch statt die Fernbedienung zu holen, ging sie in die Küche und öffnete sich einen lieblichen Weißwein. Ohne weiter über die Uhrzeit nachzudenken, nahm sie ihr Handy und rief ihre beste Freundin an.
»Weißt du eigentlich, wie spät es ist?« Maxi klang nicht sehr begeistert.
»Liegst du etwa schon im Bett?«
»Manche Leute haben keine eigene Firma und müssen zu festen Zeiten auf Arbeit sein. Was gibt es denn?«
»Mir ist heute etwas Komisches passiert.« Bettwäsche raschelte am anderen Ende der Leitung.
»Na, dann erzähl mal.« Sie klang neugierig, trotzdem schien sie über die späte Störung nicht erfreut zu sein.
»Ich war heute mit einem Mann zum Abendessen aus. Alles lief super und vor ein paar Minuten hat er mich bei mir abgesetzt.«
»Und was ist daran komisch?«
»Er ist wieder gefahren. Ohne auch nur den Versuch eines Kusses oder Ähnlichem.« Maxi kicherte.
»Und nun möchtest du von mir die Bestätigung, dass du immer noch eine junge, knackige Sexgöttin bist?« Rachel ignorierte die sarkastische Antwort.
»Was soll ich davon halten? Bin ich einfach nicht sein Typ oder hat er Angst etwas mit seiner Chefin anzufangen?«
»Er ist dein Kollege? Du hattest doch selbst gesagt ...« »dass ich nie etwas mit einem Kollegen anfangen werde. Ja. Aber er hat es noch nicht einmal versucht!« Rachel hörte, wie bei Maxi am anderen Ende der Leitung, eine männliche Stimme sagte: »Hey Süße. Leg das Telefon weg. Oder ich lass dich ohne Orgasmus in der Luft hängen.«
»Maxi! Sag nicht, dass du nebenbei mit einem Kerl fummelst!«
»Ach bitte. Schon mal was von Multitasking gehört?« Rachel hörte den Mann lachen. Es war ein amüsiertes und tiefes Lachen. Männlich.
»Ich dachte, du hättest schon geschlafen.«
»Ich hab nur gesagt, dass ich schon im Bett liege. Ich habe nie behauptet, allein zu sein oder schon geschlafen zu haben.« Sie keuchte kurz auf und plötzlich war die Verbindung unterbrochen. Rachel seufzte.
Eigentlich sollte sie doch jetzt in ihrem Bett liegen und von diesem Workaholic gevögelt werden. Stattdessen trank sie nun schon ihr zweites Glas Weißwein. Und es würde nicht das Letzte an diesen Abend bleiben.
Steve betrat am nächsten Morgen wie gewohnt sein Büro und startete den Rechner, bevor er die Jacke auszog und das Fenster öffnete, um die abgestandene Büroluft raus zu lassen. Das war sein Reich. Hier fühlte er sich sicher und hier konnte er tun, was er am besten konnte. Die Arbeit war schon immer sein Freund gewesen, hatte ihn bei gescheiterten Beziehungen getröstet und bei seiner anhaltenden Schlaflosigkeit und Alpträumen eine willkommene Abwechslung
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