Morgen ist der Tag nach gestern
das eigentliche Problem ist, dass sie Zugang zu einer Waffe hatten? Das sind doch noch Kinder.“
Steeg verschränkt die Arme vor der breiten Brust.
„Sag ich doch. Hausdurchsuchungen bei den Eltern! Eine nach der anderen. Ich will nicht wissen, was es da alles zu finden gibt. Und anschließend alle ausweisen. Ab …“, er macht eine wegwerfende Handbewegung, „zurück nach Mütterchen Russland!“
Böhm schüttelt den Kopf. Wie oft er mit Steeg schon solche Diskussionen geführt hat.
„Du kennst meine Haltung dazu. Außerdem, hattest du nicht vorige Woche eine deutsche Fünfzehnjährige wegen Waffenbesitz da? Wo willst du die hinschicken, um dieses Land sauber zu halten?“
Steeg zieht den Mund schmal und dreht die Augen zur Decke.
Böhm klickt seinen Computer in den Ruhezustand.
„Es ist Mittag. Lass uns im Ratskeller was essen gehen. Joop ist sicher vor zwei Uhr nicht zurück.“
Als sie auf den Marktplatz treten, greift eine erbarmungs-lose Sonne nach ihnen. Die Ulmen, die den Platz einfassen, scheinen zu dösen. Nichts regt sich, nicht ein einziges Blatt. Auch die Stare und Meisen, die in den Bäumen nisten, sind nicht zu hören. Alles wartet auf den Abend. Diese helle Stille.
Drüben, auf der anderen Seite des Platzes, liegt die Terrasse der Konditorei im Schatten der riesigen Kastanien und ist voll besetzt. Die Tische und Stühle vor dem Ratskeller flirren in gestauter Hitze unter gelben Sonnenschirmen.
Die Frage des Frühlings: Essen wir draußen oder drinnen? stellt sich schon seit Wochen nicht mehr. Sie freuen sich auf die kühlen, dicken Wände des alten Gemäuers. Im Lokal begrüßen sie Kollegen an anderen Tischen durch Zunicken und kurzes Winken.
Katja, die Kellnerin, hat hier ihre Ausbildung gemacht und ist dann geblieben. Sie ist schon mindestens acht Jahre hier und weiß von allen den Namen. Von vielen kennt sie auch die Lebensgeschichte und den Frust der Polizeiarbeit. Katja ist von dieser fröhlichen Schönheit, die in den Augen und in den Bewegungen liegt. Sie benutzt das Restaurant, wie eine Tänzerin eine Bühne nutzt. Immer scheint sie in Bewegung zu sein, immer ist sie von einer Lebendigkeit, die ansteckt und an trüben Tagen aufheitert. In allen Kommissariaten gibt es Interessenten. Immer wieder hört man von Wetten, die abgeschlossen werden, wenn wieder mal einer der Neuen meint, die krieg ich rum! Böhm hegt väterliche Gefühle für sie und freut sich immer, wenn wieder jemand verloren hat. Nicht, dass er sie ungeliebt und jungfräulich sehen will, es ist nur … sie soll keiner Wette zum Opfer fallen. Auch Steeg hatte mal ein Auge auf sie geworfen, aber Katja flirtet regelmäßig mit Joop. Immer auf diese belang-lose, aussichtslose Art, in die Menschen verfallen wenn sie wissen, dass ihre Sympathie füreinander keine Zukunft hat.
„Na, habt ihr euch auch auf unsere natürliche Klimaanlage gefreut?“ Sie strahlt Böhm an. „Ich bin vielleicht froh, dass sich draußen keiner hinsetzt!“ Sie sieht sich suchend um. „Ups! Das darf der Chef natürlich nicht hören, aber ehrlich: So gerne ich Außengastronomie mache, bei den Temperaturen bin ich lieber Kellerkind! Wo ist denn Joop?“ Sie schaut suchend zum Eingang.
Steeg atmet hörbar aus.
„Bedienst du uns auch ohne Joop, oder sollen wir in diesem Fall woanders essen?“
Sie strahlt ihn an.
„Och Achim. Du kannst Herrn Böhm gerne fragen. Wenn du fehlst frag ich auch: Wo ist denn Achim?“
Steeg errötet und liest die Speisekarte, die er eigentlich auswendig kennt.
Katja zwinkert Böhm zu.
„Kann ich vielleicht schon was zu trinken bringen, bis die Herren gewählt haben?“
Böhm erwidert ihr zwinkernd: „Joop ist in Krefeld und kommt erst am Nachmittag zurück. Ich hätte gerne diesen Salat mit den Hähnchenbruststreifen, ein großes Mineral-wasser und hinterher einen Espresso.“
Steeg bestellt ohne Katja anzusehen.
„Ich nehme das Tagesgericht und eine große Cola Light.“
Sie notiert sich die Bestellung und in der nächsten Sekunde begrüßt sie schon neue Gäste am Nachbartisch und verteilt Speisekarten.
Sie haben ihre Teller gerade zur Hälfte geleert, als Böhms Handy klingelt.
Auf dem Display erkennt er, dass es Lembach ist.
„Hallo Bernd, ich esse gerade!“ Lembach lacht auf. „Nein, Peter. Du bist jetzt fertig mit Essen. Wir haben hier in dem abgebrannten Haus einen Toten.“
„Scheiße! Wo ist das genau?“
„Warte.“ Böhm hört, wie Lembach mit jemandem spricht.
„Die Adresse
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