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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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egal, wenn du von mir gehst!«
    »Und an mich denkst du nicht? Immer nur du, immer nur der eigene Kopf, immer nur das eigene Glück? Glaubst du, ich könnte noch eine Nacht an deiner Seite liegen? An der Seite eines solchen Menschen?«
    »Hör auf!« schrie Korngold. Er hielt sich die Ohren zu und stellte sich vor die Tür, als müsse er sie dadurch doppelt sichern. »Ich lasse dich nicht gehen! Ich werde mein Recht verteidigen!«
    »Dein Recht?«
    »Ja. Keiner kann mir nachweisen, daß ich einen Brief hatte. Keiner kann mir nachweisen, daß ich wußte, daß Fritz noch lebt. Dir wird man nicht glauben, denn du sprichst aus erloschener Liebe, aus plötzlichem Haß – so werde ich sagen. Und Fritz wird man nicht glauben aus demselben Grund, auf meinen Antrag hin. Ich kann dir das hier ruhig so sagen, denn was wir hier sprechen, hat keine Zeugen …«
    »Außer Gott!«
    »Gott! So erschreckt man kleine Kinder. Wo war Gott, als vor unseren Augen in Ufa am Ural fünfhundert Kameraden in wenigen Tagen krepierten? Wo war Gott, als zweiunddreißigtausend Kameraden ans Eismeer mußten und beim Straßenbau elend verreckten? Und wo war Gott, als er es zuließ, daß in der Welt dreißig Millionen Tote in die Erde kamen und die Felder noch nie so gute Früchte trugen wie nach diesem fetten Dung?«
    »Mir graut vor dir!« Lina wandte sich ab und trat an das Fenster, riß die Gardine zur Seite und öffnete einen Flügel. »Jetzt sehe ich dein wahres Gesicht, das ungeschminkte, das innere, das verbrecherische. – Schließ die Tür auf!«
    »Nein!«
    Mit einem Satz sprang sie auf den Schreibtischstuhl und von dort auf das Fensterbrett. Noch hielt sie sich am Fensterkreuz fest und sah dem heranstürzenden Korngold in die Augen.
    »Berühre mich nicht! Schließ die Tür auf – oder ich stürze mich auf die Straße!«
    Mit einem gurgelnden Schrei lehnte sich Korngold gegen den Schreibtisch und spreizte die Finger. Seine Augen quollen hervor und hatten etwas Lebloses in ihrer Starrheit.
    »Komm zurück!« flehte er. »Die Leute auf der Straße …«
    »Schließ die Tür auf!«
    Mit gesenktem Kopf wandte er sich ab, holte den Schlüssel aus der Tasche und steckte ihn ins Schloß. Langsam drehte er ihn herum, stieß die Tür auf und verließ das Herrenzimmer, nach vorn gebeugt, wie er es vor einer Stunde betreten hatte, schleppenden Schrittes – ein Mann, dem alles entglitten war, praktisch sein ganzes Leben, das er mit dem höchsten Einsatz, den es gibt, gewonnen und das er nun mit dem gleichen Einsatz – dem der Ehre – verloren hatte. Er ging durch die Wohnung, vorbei an dem ihn erstaunt musternden Peter, nahm seinen Hut von der Garderobe, verließ die Wohnung, stieg unten in seinen Wagen, ohne noch einmal empor zu dem Fenster zu blicken, an dem Lina stand und hinab auf die Straße sah.
    Als sich der Wagen rasch entfernte, trat Lina zurück ins Zimmer, fuhr sich mit der Hand durch die Haare, straffte sich … aber plötzlich war es, als fälle eine unsichtbare Axt all ihre Kraft … mit einem leisen Aufschrei brach sie zusammen, fiel auf die breite Couch hinter dem Rauchtisch und vergrub das Gesicht in die schweren Kissen. Haltloses Weinen erschütterte ihren Körper. Sie grub die Nägel tief in den weichen Stoff der Couch und stammelte unverständliche Worte. Die ganze Qual der Tage, der Schmerz dieses großen Schicksals, die Erkenntnis des Kommenden waren in dieses Weinen eingeschlossen. Krampfartig zog sich ihr Herz zusammen, sie bekam keine Luft mehr, ächzend wälzte sie sich auf den Rücken, schlug erstickend mit den Armen um sich. »Luft … Luft!« röchelte sie, grauenhafte Angst lag in ihren Augen, immer und immer wieder schnellte der Körper empor und öffneten sich die blauen Lippen … Das Herz … durchzuckte es sie … das Herz hält es nicht aus … und jetzt wird es stillstehen, jetzt wird Peter keine Mutter mehr haben … keinen Vater und keine Mutter mehr.
    »Peter!« röchelte sie. »Peter …« O – das Herz, wie es zuckt, wie es sich zusammenkrampft, wie es aussetzt … Das ist das Ende … das ist zuviel für einen Menschen …
    Dann schwanden ihr die Sinne, und ihr Körper rutschte von der Couch herunter auf den dicken Perserteppich, wo er gekrümmt und still vor dem Rauchtisch liegen blieb.
    Am gleichen Vormittag besuchte Fritz Bergschulte die Ämter. Er holte sich die dreihundert DM ab, desgleichen einen Anzug, Unterwäsche und ein Oberhemd mit Schlips, er erhielt von Paul Ermann als ›Vorschuß‹ zwei

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