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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schreiben, daß ich in Dortmund bin? Vielleicht kommt sie nach, geht sie weg von Heinrich Korngold …
    Er faltete die Zeitung wieder zusammen und gab sie seinem Nebenmann, der schon die ganze Zeit interessiert über seiner Schulter mitgelesen hatte. Es wird sich alles zeigen, dachte er. Es wird alles so werden, wie es beschlossen ist im Buch des Schicksals.
    Ratternd und fauchend fuhr der Zug durch das blühende Land. Dörfer, Felder, Menschen, Kühe flogen am Fenster vorbei, Brücken dröhnten, und holpernd sprangen die Wagen über die Weichen.
    Fritz Bergschulte schaute wieder aus dem Fenster und dachte auch an die freundliche Witwe Bornemann, seine Zimmerwirtin, bei der er sich mit viel Gedöns und Dankbarkeit eingemietet hatte, um das Zimmer praktisch schon nach Tagen wieder aufzugeben. Sie hatte ihm erklärt, ihn nicht für ganz normal zu halten.
    Bin ich auch nicht, dachte er – aber ist das ein Wunder? Denkt euch in meine Situation hinein. Alles ist ungewiß, alles liegt noch im dunkeln für mich. Nur eins weiß ich, und das ist jetzt die Hauptsache: Ich bin wieder in Deutschland, ich lebe noch, ich kann wieder arbeiten, und solange ich das kann, muß ich mich nicht aufgeben, denn die Hoffnung ist stärker als die Angst vor dem Ungewissen.
    Dortmund … Die Großstadt, die Stadt der Biere und der Zechen, nach dem Kriege ein riesiger Trümmerhaufen zerbombter Häuser. Eine Stadt, deren Aufbauwille Wunde um Wunde schließt. Diese Stadt der Arbeit hat mich gerufen …
    Und Arbeit ist jetzt alles – ist Vergessen und Ertragen.
    Arbeit – Früher war es ein Wort, über das man spotten konnte. Heute aber wurde es ein Symbol, ein Halt, von dem aus sich eine neue Welt erschloß.
    Er saß am Fenster und starrte hinaus auf die vorübereilenden Dörfer, auf die ihre Felder bewirtschaftenden Bauern, auf die Kinder, die dem Zug zuwinkten, auf die Tiere, die weideten, auf die Autos, die neben dem Bahndamm auf einer alten Landstraße dahinbrausten und Staubwolken hinter sich herzogen. Das alles ist Leben, dachte er, das alles atmet, hat einen Rhythmus, hat ein Ziel – und nur ich allein soll nicht wissen, was ich will? Nein! Er biß die Zähne aufeinander und drückte die Stirn an die Scheibe. Sie war kühl und feucht und tat ihm wohl.
    Dort irgendwo in der Ferne liegt Dortmund. Dort qualmen die Schlote und überziehen den Himmel mit dicken Rußwolken, dort pochen die Schmiedehämmer, dort fließt das glühende Eisen aus den Öfen, dort rauscht der Koks in die Kühl-Behälter, dort brennen in der Tiefe der Erde Tag und Nacht die Grubenlampen und fressen sich die Preßlufthämmer in das Gestein, das schwarze Gold der Ruhr freilegend.
    Fritz Bergschulte lächelte. Und dieses Lächeln war ein stilles, festes Versprechen, durchzuhalten und seinen Weg zu gehen … den Weg in das Leben – den Weg zurück zu Frau und Kind … den Weg in die wirkliche Heimat …

4
    In seinem gemütlichen, etwas altväterlich eingerichteten Arbeitszimmer mit einem Riesenschrank voller Gesetzessammlungen und Kommentare empfing Dr. Fritz Kämmerer, ehemals Amtsgerichtspräsident von Minden, einen späten Gast: den Rechtsanwalt Dr. Schrader.
    Dr. Kämmerer befand sich seit zwei Jahren im Ruhestand, obwohl er noch keine sechzig Jahre alt war. Er hatte vorzeitig um seine Entlassung aus dem aktiven Dienst gebeten, ohne schon amtsmüde gewesen zu sein. Auch Krankheit hatte ihn keine zu seinem Schritt bewogen – jedenfalls keine Krankheit, an der er selbst gelitten hätte. Wovon er buchstäblich außer Gefecht gesetzt wurde, war ein Gemütsleiden seiner Frau, die nie über den Tod zweier Söhne im Krieg hinwegkam. Schließlich versuchte sie mehrmals, sich das Leben zu nehmen. Daraufhin quittierte Dr. Kämmerer, der seine Frau außerordentlich liebte, den Dienst, um Tag und Nacht in ihrer Nähe zu sein. Verhindern konnte er dadurch die Katastrophe nicht. Seine Frau schlich sich eines Nachts, als er an ihrer Seite schlief, aus dem Zimmer und tötete sich mit Pflanzengift, um auf diese Weise, wie sie in ein paar flüchtigen Zeilen, die sie hinterließ, schrieb, ›zu ihren Söhnen zu gelangen‹. Ihren Mann forderte sie mit gleicher Feder dazu auf, dasselbe zu tun, damit ›die ganze Familie vereinigt werde‹. Daraus ging hervor, wie weit ihre Krankheit schon fortgeschritten war.
    Fritz Kämmerer neigte fortan zwar nicht auch zum Selbstmord, aber er war ein gebrochener Mann. Anhang hatte er keinen mehr, er war ganz und gar alleinstehend. Seine Frau,

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