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Morgen komm ich später rein

Titel: Morgen komm ich später rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Albers
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aus. Und ich nehme während meiner Freizeit
     keine beruflichen Telefonate an. Ich habe herausgefunden, dass die Geschäftspartner das schnell zu respektieren lernen. Die
     ›always-on‹-Mentalität der ständigen Erreichbarkeit, die ich bei anderen sehe, macht diese Menschen vor allem extrem ineffizient.
     Außerdem können sie nie richtig entspannen.
    Hilft flexibles Arbeiten nicht dabei, mehr Zeitsouveränität zu gewinnen und so Zeit für eigene Projekte zu haben?
    Ladipo: Wie viele Investmentbanker oder Anwälte kennen Sie, die Zeit haben, Bilder zu malen, Gedichte zu schreiben oder einen schönen
     Garten zu pflegen? Ich denke, die meisten Berufstätigen sind erfahren genug zu erkennen, dass das Angebot »flexibel« zu arbeiten,
     ein zweischneidiges ist. »Kontrolle« bedeutet nicht immer das, was wir zunächst denken. Ich kenne viele Menschen, die die
     Kontrolle über ihre Zeit exakt deshalb verloren haben, weil ihre Arbeitgeber sie ermutigt haben »freier«, »mobiler« und »ergebnisorientierter«
     zu arbeiten. Das ist eine ziemlich bittere Ironie.
     
    Als in der auf Geschäftliches spezialisierten Internet-Community Xing die Themen ROWE, Vertrauensarbeitszeit und flexibles
     Arbeiten |196| zur Diskussion gestellt wurde, schlugen – bei aller grundsätzlichen Zustimmung – unter den Teilnehmern die Wellen hoch: Einen
     gängigen Einwand formulierte Daniel Fichtner, Berater bei der Steria Mummert Consulting AG: »Manche Menschen brauchen Druck
     und Kontrolle. Wenn diese nicht existiert – und sei es in Form einer Stechuhr – sinkt unter Umständen deren Produktivität
     und letzten Endes die Motivation.«
    Doch die größten Bedenken hatten die Diskussionsteilnehmer – ähnlich wie David Ladipo – beim Thema Work-Life Balance. Viele
     befürchteten, dass das Abschaffen der Stechuhr zu einem Arbeitstag ohne Ende führt. Sven Scheffler, Chefredakteur der Zeitschrift
Handelsblatt Junge Karriere
und Initiator der Diskussion: »Manche Mitarbeiter haben eventuell Schwierigkeiten, die Trennung von Arbeit und Privatem zu
     definieren – und arbeiten dann ständig.« Stefan Moser, ein Sparkassen-Mitarbeiter aus Feldkirch, kommentierte offenbar aus
     eigener Erfahrung: »Hier noch was Kleines zu tun, da noch was abzuklären, dort noch irgendwas – und schon steckt man mitten
     drin in diesem Kreislauf.«
    Ähnlich klingt die Kritik an flexiblen Arbeitsmodellen aus politisch linker Sicht: Hier geht es in der Regel um die Furcht
     vor Ausbeutung beziehungsweise Selbstausbeutung. Stellvertretend für diese Sichtweise, wenn auch polemisch überspitzt, sei
     hier aus
Gegenstandpunkt
zitiert, einer Zeitschrift für marxistische Theorie: Bei der Vertrauensarbeitszeit werde die Arbeitszeit »zu einer nach oben
     offenen Größe. Das Management legt die Resultate fest, die es sehen will, schreibt Termine vor, die eingehalten werden müssen,
     gibt Erfolgsdaten vor – und die Beschäftigten können dann in wahrem Teamgeist – der auf dieser Grundlage logischerweise seine
     ekelhaften Seiten entfaltet – zusehen, wie sie das aus den betrieblichen Vorgaben resultierende Arbeitsquantum in ihrer Zeit
     unterbringen; das ist sie dann, die ›Zeitsouveränität‹«. Hintergrund sei das »uralte, immer gleiche Haupt- und Generalanliegen
     des Kapitals, das Lohnarbeit verrichten lässt: Es geht um die möglichst kostengünstige Aneignung von möglichst viel Arbeit.«
     Trotz der arg altmodischen und agitierenden Wortwahl spricht dieses Zitat wohl auch manchem besorgten |197| Gewerkschafter aus der Seele, der angesichts zunehmend individueller Arbeitszeitgestaltung die Tarif- und Deutungshoheit für
     seine Organisation schwinden sieht.
    Zusammengefasst drohen in der Easy Economy potenziell also die folgenden Gefahren: Aus Arbeitnehmersicht kann die ständige
     Erreichbarkeit dazu führen, dass wir gar keinen Feierabend mehr machen und in Überstunden versinken, die wir nicht mal mehr
     abbummeln können. Zu viel Zeit am Heimarbeitsplatz zu verbringen, kann zu Vereinzelung und Vereinsamung führen. Wer seltener
     im Büro ist, hat womöglich doch schlechtere Karriereaussichten und genießt unter Kollegen ein niedrigeres Prestige. Und schließlich
     kann es sein, das wir im Grunde keinen Effizienzvorteil aus der Flexibilität ziehen, weil wir die gleiche Arbeitsbelastung
     wie vorher haben, nur verlagert an einen anderen Ort.
    Aus Arbeitgebersicht ist zu befürchten, dass Mitarbeiterführung und -motivation schwieriger

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