Morgen komm ich später rein
werden, es an der Kommunikation
zwischen Angestellten hapert und all das in Effizienzverluste und mangelnden Teamgeist mündet. Es kann sein, dass faule Mitarbeiter
die neue Freiheit ausnutzen. Und, die vielleicht größte Angst des Chefs: Im Notfall erreicht er seine Angestellten nicht,
weil die gerade im Kino oder im Park sind.
Nicht alle diese Befürchtungen sind aus der Luft gegriffen. Vor allem die Begrenzung der ständigen Erreichbarkeit muss jeder
einzelne für sich schaffen, wie wir in Kapitel 6 gesehen haben. Doch vor allem die vermuteten Nachteile aus Arbeitgebersicht
lassen sich widerlegen. Cali Ressler und Jody Thompson, die Erfinderinnen von ROWE, haben über ihre Erfahrungen ein Buch geschrieben,
in dem sie Antworten und Tipps für den Alltag potenzieller Nachahmer geben. Vor allem haben sie auf die meisten Einwände Antworten
aus der Praxis parat. Die beiden vergleichen das Arbeiten in einer rein an Ergebnissen orientieren Umgebung mit einem Samstag,
an dem man viel zu erledigen hat – Einkäufe, Zeit mit Freunden verbringen, einen Film sehen, Mittagessen, Rechnungen bezahlen
undsoweiter. Weil man an diesem Tag aber Kontrolle über seine Zeit hat, arbeitet man alles ab, wie und in welcher Reihenfolge
es einem am besten |198| passt. Und am Ende hat man in der Regel alles geschafft, ohne gestresst zu sein. »Wenn Menschen hohen Ansprüchen ausgesetzt
sind, sie aber ein hohes Maß an Kontrolle über ihre Zeit haben, kann ihr Leben hektisch sein, aber beherrschbar. Sie finden
heraus, was wann getan werden muss«, schreiben die beiden. Bei hohen Ansprüchen und wenig Kontrolle wird das Leben hektisch
und elend. Es gibt nichts herauszufinden. »Man ist gefangen in einem System, das immer neue Ansprüche auftürmt, aber einem
die Kontrolle verwehrt, diesen gerecht zu werden.«
Aber ist Stress nicht oft auch gut, hilft er nicht, Mitarbeiter zu motivieren? Das mag stimmen. Stress ist nicht grundsätzlich
schlecht. Arbeitsplatzrevolutionäre wie Ressler und Thompson sind nur gegen den zusätzlichen Stress, der entsteht, wenn man
sich für seine Zeit rechtfertigen muss, keine Kontrolle über seinen Tagesablauf hat, bei der Arbeit beschäftigt tun muss,
auch wenn man es nicht ist oder wichtige Dinge in seinem Privatleben nicht erledigen kann, weil man im Büro gefangen ist.
»Die Arbeit bei Best Buy kann sehr intensiv sein«, so die ROWE-Erfinderinnen: »Wir wollen nicht, das die Menschen ihre Leidenschaft
für das Unternehmen verlieren. Das ist positiver Stress. Den zusätzlichen Stress allerdings braucht niemand.«
Werden die Mitarbeiter es nicht ausnutzen, wenn niemand mehr ihre Arbeitszeit kontrolliert? Ressler und Thompson vergleichen
das mit der Studienzeit. An der Universität kann man weitgehend selbst entscheiden, welche Kurse und Vorlesungen man belegt,
wann man lernt und wann feiert. Man kann auch nur faulenzen und Party machen, bloß erwirbt man dabei keine Scheine, kommt
nicht weiter, schließt sein Studium nicht ab. Dasselbe gilt im Beruf: Wer faulenzt und seine Arbeit nicht erledigt, verliert
seinen Job. Der Unterschied zwischen einer traditionellen Arbeitsumgebung und der flexiblen Easy Economy: In letzterer fliegen
die Drückeberger eher auf, weil sich niemand mehr tarnen kann, indem er den ganzen Tag am Computer sitzt oder ein Meeting
nach dem anderen besucht, statt wirklich zu arbeiten. »Unsere Erfahrung: In einer ROWE-Arbeitsumgebung verhalten sich die
Menschen nicht weniger verantwortungsbewusst, |199| sondern mehr, weil sie mit Freiheit belohnt werden. Sie nutzen diese Freiheit nicht aus, sondern erledigen im Gegenteil mehr
Arbeit als vorher.«
Was, wenn man jemanden wirklich dringend erreichen muss, aber er ist Shoppen? In einer traditionellen Arbeitsumgebung kann
man die Mitarbeiter auch nicht permanent erreichen. Egal, ob jemand gerade Lebensmittel einkaufen ist oder in einem Meeting
– er ist beschäftigt. Der einzige Unterschied: Einkaufen zu gehen, ist im Büro sozial nicht akzeptiert. Außerdem, so Ressler
und Thompson: »Wenn ein wirklicher Notfall eintritt und nur eine Person kann helfen, dann gibt es in diesem Unternehmen ein
größeres Problem als die Erreichbarkeit dieser Person.«
Fühlen sich die Mitarbeiter nicht isoliert, wenn sie nicht mehr alle zusammen jeden Tag ins Büro gehen? Das kann in der Tat
ein Problem sein. Darum verabreden sich die Mitarbeiter bei Best Buy zu sozialen Aktivitäten außerhalb
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