Morgen trauert Oxford
er kommen sollte. Dann redete sie von einer Frau, die sie besuchen wollte und die während ihrer Abwesenheit ins Büro eingedrungen war. Dabei ging es vermutlich um dich«, wandte sie sich an Kate.
Kate nickte. »Ich bin ihr auf dem Rückweg im Clifford-Hof genau in die Arme gelaufen. Wahrscheinlich ist ihr kurz danach wieder eingefallen, wer ich war.«
»Sie nannte dich Scheiß-Schriftstellerin und behauptete, dass du versuchen würdest, ihre Arbeit zu stehlen. Sie sagte, dass alles sein Fehler gewesen wäre, und wenn die Sache mit dem Baby nicht gewesen wäre, hätte sie nie und nimmer so die Kontrolle verloren. Und was Liam einfiele, sich mit ›so einer‹ abzugeben. Tut mir Leid, Kate, aber so hat sie sich ausgedrückt. Und dass sie jetzt eben von diesen Frauen verfolgt und bedroht würde.«
»Lizzie Borden hat ’ne Axt …«, sagte Coffin.
»Ungefähr so«, bestätigte Kate. »Ist er denn wenigstens zu ihrer Rettung herbeigeeilt?«
»Nein. Ich nehme an, er hat vorgeschlagen, einen Pförtner zu rufen, denn sie kreischte, er wäre ein gefühlloser Bastard und sie wolle keinen Pförtner, sie wolle ihn.«
»Und dann?«
»Sie knallte den Hörer hin und sagte, das mit Daisy täte ihr Leid, unendlich Leid sogar, und sie wolle sich auch durchaus nicht vor der Verantwortung drücken, aber sie sei nicht schuld. Er trage die Verantwortung dafür. Und wenn schon von Mord die Rede wäre, dann solle man den Mann am Telefon aus dem Weg räumen. Dann meinte sie, ich solle besser gehen, denn er hätte einen Pförtner gerufen, der mich rauswerfen sollte.«
»Sie kann von Glück sagen, wenn überhaupt einer gekommen ist«, bemerkte Kate. »Die waren doch alle mit diesem Mourning-Ale-Unfug beschäftigt.«
»Aber dann hat sie mich wieder angeschnauzt«, fuhr Angel fort. »Sie fragte, was ich mit ihren Manuskripten zu schaffen hätte. Ihre Stimme war kalt und wütend. Also, ganz ehrlich: Ich habe überhaupt nicht darauf geachtet, was auf dem Schreibtisch herumlag. Ich hatte meine Hand auf einen alten Brief oder so etwas gelegt. Wahrscheinlich war es der, von dem sie dachte, dass du ihn stehlen wolltest.«
»Konntest du erkennen, was da stand?« Kates Neugier gewann die Oberhand.
»Nein. Es hat mich auch nicht interessiert. Aber allmählich nervte sie mich. Zwar wollte ich sie nicht mehr umbringen, aber sie hat sich derart unmöglich benommen, dass ich den Brief nahm und aus dem Zimmer rannte. Ich bin echt schnell gerannt, weil ich Angst hatte, dass sie mir den Hund auf den Hals hetzen könnte. Durch die Tür, die Treppe runter und dann den schmalen Weg entlang, der an der Küche vorbeiführt.«
»Hast du vielleicht jemanden gesehen, der nach ihr ins Büro ging?«, fragte Kate weiter.
»Nein«, antwortete Angel. »Es waren viele Leute dort, aber ich kannte niemanden. Ich wollte nur noch raus. Ich hatte die Nase voll von dieser Frau und ihrem College.«
»Ich nehme nicht an, dass der Brief, den du mitgenommen hast, noch in deinem Besitz ist – oder?«, erkundigte sich Kate beiläufig.
»Nein, ich habe ihn weggeworfen. Er war mit dunkelroter Tinte geschrieben, die wie getrocknetes Blut aussah.«
»Verdammt!«, entfuhr es Kate. Dimes missbilligender Blick entging ihr.
»Ich habe ihn aber gelesen, ehe ich ihn wegwarf«, sagte Angel. »Er war mehr als seltsam. Und wenn tatsächlich diese Olivia ihn geschrieben hat, dann war sie gar nicht so übel, wie ich immer dachte.«
»Weißt du noch, was drinstand?«
»Klar. An den genauen Wortlaut kann ich mich natürlich nicht erinnern. Es ging ungefähr so: › Das Kind ist tot, und ich bin schuld daran. Und dabei war es ein so schönes kleines Mädchen, mit heller Haut und blondem Haar. Die Kleine trug ein weißes Kleidchen und ein Häubchen mit Spitzenbändern. Ich stand neben dem winzigen, weißen Sarg und weinte. Wäre sie auch dann gestorben, wenn ich nicht diese fatalen Worte gesprochen hätte?‹«
Stumm versuchten sie, den Text mit der Olivia in Einklang zu bringen, die sie gekannt oder von der sie zumindest gehört hatten.
»Es ging um Daisy, nicht wahr? Der Text handelte von ihr«, sagte Angel leise. »Und weißt du was? Ich habe darüber nachgedacht. Sie muss ein Foto von Daisy gesehen haben. Um so etwas zu schreiben, muss sie sie gesehen haben. Ich habe sie nicht mehr sehen dürfen. Ich konnte nicht, weil ich bis oben hin mit Schmerzmitteln voll gepumpt war und überhaupt nicht wusste, was da vor sich ging. Sie haben Fotos gemacht und sie mir später gegeben,
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