Morgen wirst Du frei sein (German Edition)
Jessica kennenzulernen. Ich sah sie vor mir, wie sie am Eingang des Unigebäudes hinter der Säule stand und uns beobachtete. Mich fröstelte.
Zecke schaute mich an. Er hatte etwas gesagt.
»Wie bitte? Ich ... äh ...«
»Du warst mal wieder irgendwo.«
Ich fühlte mich ertappt, was mich wütend machte.
»Und wenn?« Ich warf Geld auf den Tisch, zog meine Jacke von der Stuhllehne und ging ohne ein weiteres Wort nach draußen. Es nieselte. Nach ein paar Schritten blieb ich stehen, lehnte mich an eine Hauswand und starrte in den Himmel. Tränen liefen mir über die Wangen. »Verdammt, verdammt, verdammt«, flüsterte ich.
13. Kapitel
Ich hatte mich um ein Praktikum bei einem Verlag in München beworben. Nun saß ich im Personalbüro einer grauhaarigen Frau gegenüber, die abwechselnd auf meine Bewerbungsmappe und über ihre Brille mir direkt in die Augen schaute. Außer einer knappen Begrüßung und der Höflichkeitsfrage nach der Anfahrt hatte sie noch kein Wort gesprochen. Sie legte sie die Unterlagen auf den Tisch neben sich, schlug die Beine übereinander, nahm die Brille ab.
»Warum wollen Sie zu uns?«
Ich hatte mir die üblichen Floskeln zurechtgelegt und wollte gerade mit meinem Vortrag beginnen, da stoppte sie mich.
»Vergessen Sie alles, was Sie in Seminaren gehört und im Internet gelesen haben! Ich will wissen, was Ihre Intention ist, und nicht, was andere Ihnen vorgekaut haben.«
Ich spürte, wie ich rot wurde.
»Nun, Sie haben ein vielfältiges Programm. Renommierte Autoren. Einen hervorragenden Namen ...«
Sie unterbrach mich. »Wir verlegen keine Schundliteratur und keine mit heißer Nadel gestrickten Enthüllungsbücher sogenannter Prominenter. Wir achten auf unseren guten Ruf und werden ihn nicht mit drittklassigen Schreiberlingen ruinieren. Wir bezahlen gute Leute gut, ob sie für uns schreiben oder andere Tätigkeiten ausüben. Wir legen Wert darauf, nicht auf Wühltischen verramscht zu werden. Unsere Bücher sind von höchster Qualität und entsprechend teuer. Und das bleiben sie auch.« Sie ließ ihren Blick über mich wandern. »Wollten Sie das sagen?«
Ich nickte.
»Warum sagen Sie dann nicht, was Sie denken?«
»Weil es nicht opportun ist, zu sagen, was man denkt. Druckfertig formulierte Diplomatie wird mehr geschätzt als Offenheit und Ehrlichkeit«, platzte ich heraus.
Ihr Augen kehrten zu meinem Gesicht zurück. Sie legte den Kopf schief, musterte mich. Ich glaubte, Anerkennung zu spüren. »Sie gefallen mir. Wir werden eine Menge Arbeit mit Ihnen haben, aber die wird sich lohnen. Wann können Sie anfangen?«
Thea war begeistert. »Du hast gar nicht erzählt, dass du dich bewirbst! Wie lang soll das Praktikum denn dauern? Was wirst du tun als Praktikant? Bezahlen sie dich?«
Ich streckte die Hände aus, bremste ihren Wortschwall mit den Handflächen. »Ich hab´s einfach ins Blaue hinein probiert. Normalerweise dauert ein Praktikum sechs Monate, man kann aber auch andere Vereinbarungen treffen. Mittelfristig strebe ich einen Werkstudentenvertrag an. Wir haben es kurz angesprochen und gehen in einigen Wochen ins Detail. Erst müssen wir sehen, ob es passt, ob mir die Arbeit Spaß macht und ob der Verlag etwas mit mir anfangen kann. Ich würde mich zu einer festen Stundenzahl verpflichten, hätte ein festes Aufgabengebiet oder würde Projekte betreuen. Dafür bekäme ich ein ganz normales Gehalt wie jeder andere Angestellte auch und wäre versichert. Dazu kommt natürlich die Pole Position, wenn ich mit dem Studium fertig bin und auf Stellensuche gehen muss. Als Werkstudent hat man natürlich alle Vorteile auf seiner Seite.«
Thea lachte. »So viel auf einmal hast du noch nie geredet. Schön, dass du so Feuer und Flamme bist und mal aus dir herausgehst.«
Ich schaute verlegen auf meinen Schoß, in dem sich meine Finger wie von selbst zu kneten und in immer neue Knoten verschränken zu schienen.
»Wann legst du los?«
»In ein paar Tagen beginnen die Semesterferien. Sie dauern zwar nur wenige Wochen, die Zeit aber reicht, um mich mit dem Verlag und der Abteilung vertraut zu machen. Dann sehen wir weiter.«
»Und was bezahlen die so?«
»Als Praktikant bekomme ich 1.000 Euro. Werkstudenten werden je nach Stundenzahl vergütet.«
Thea staunte. »Das ist ja richtig Geld! Früher hat man Praktikanten nichts bezahlt, oder?«
»Da hat sich einiges geändert, glücklicherweise«, nickte ich. »Man wird nicht mehr nur zum Kopieren, an der Telefonzentrale und für
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