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Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Titel: Morgen wirst Du frei sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Martini
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die Mail ab, dann bin ich ganz Ohr.«
     
    Eine Stunde später war ich wieder auf dem Weg zu Zeckes Wohnung, wo ich »vorläufig«, wie Zecke betont hatte, Asyl gefunden hatte. Als ich eingezogen war, hatte ich einen Tag lang aufgeräumt, geputzt, das Geschirr gespült, die Möbel abgesaugt und neu gruppiert. Dann war ich einkaufen gegangen und hatte unsere Vorräte an Nudeln und Pizza aufgefüllt. Nachmittags hatte ich Zeitschriften sortiert und im Regal abgelegt und war mehrmals im Keller gewesen, um in der ganzen Bude verteilte Klamotten von undefinierbarem Sauberkeitsgrad zu waschen und aufzuhängen.
    Als Zecke nach Hause gekommen war, war er in gespieltem Entsetzen zurückgeprallt. »Meine Fresse! Willst du mich heiraten?«
    »Nichts da! Das war eine einmalige Aktion«, hatte ich ihn abzuwehren versucht, als er auf mich zukam und Anstalten machte, mich zu küssen. Wir hatten uns gebalgt, gelacht und getobt wie Kinder und uns dann erschöpft auf den frisch gewischten Holzboden sinken lassen.
     
    Die Wohnung war leer, als ich ankam. Ich setzte mich auf den einzigen Stuhl an den winzigen Küchentisch und sah aus dem Fenster. Es könnte einen Eimer Wasser mit Spüli vertragen, dachte ich. Ich schaute auf die Bäume draußen, betrachtete die vom Herbst gelb und rot gefärbten Blätter, versank in Gedanken.
    Dr. Otto hatte meinen Vorschlag überaus positiv aufgenommen und sich bereit erklärt, beim Verlagsdirektor ein akzeptables Honorar für meine Masterarbeit auszuhandeln. »Das, was du im Sinn hast, erspart uns den Unternehmensberater, der seinen Auftrag schon so gut wie in der Tasche hat. Er wird sich ärgern, wir dagegen sparen eine Menge Geld. Davon, finde ich, müsste für dich ein ordentlicher Betrag abfallen.«
    Eigentlich, dachte ich, ist es eine tolle Zeit. Alles lief bestens. Nur ...
     
    Ich warf einen Blick in den Kühlschrank und begann nach einer kurzen Bestandsaufnahme, Kartoffeln zu kochen und die beiden Salatköpfe zu putzen, die im Gemüsefach vor sich hinkümmerten.
    »Bratkartoffeln?«, schrie Zecke begeistert ins Telefon, als ich ihn anrief. »Ich hole uns zwei saftige Steaks. Sind noch Zwiebeln da? Und Kräuterbutter?«
    »Bring welche mit!«, wies ich ihn an und legte auf, um die Kartoffeln abzugießen. Dann blieb ich an die Arbeitsplatte gelehnt stehen und schaute durch die Tür ins Wohnzimmer. Wäre Zeckes Bude größer gewesen und hätte jeder sein eigenes Schlafzimmer gehabt, wäre der Gedanke, mit Zecke zusammenzuleben, naheliegend gewesen. Es passte einfach. Wir verstanden uns, gingen uns nicht auf die Nerven und hatten einen so unterschiedlichen Lebensrhythmus, dass wir uns nicht einmal um Badezimmerzeiten stritten, wie man es von anderen Wohngemeinschaften hörte. Ich hatte festgestellt, dass ich kein Problem mit dem Putzen hatte und gern kochte. Und Zecke bemühte sich um Ordnung, solange jemand da war, der ihn dazu anhielt.
    Ich fällte einen Entschluss: Ich würde mich auf die Suche nach einer Wohnung machen. Und dann mit Zecke reden.
     
    Er kam mir zuvor. »Hör mal, das hier ist verdammt eng. Auf Dauer ist das für uns beide nichts. Ich meine, wir müssen lernen für die Prüfungen. Ich kann vieles in der Klinik lesen und schreiben, aber eben nicht alles.« Er pulte ein Stück Rinderfilet aus seinen Zähnen und betrachtete es nachdenklich.
    Ich schwieg. Würde er mich jetzt rauswerfen?
    »Wir brauchen eine größere Bude.« Er sah mich an. »Oder willst du dir was Eigenes suchen?«
    »Nein!«, beeilte ich mich zu widersprechen. »Ich hab auch bereits darüber nachgedacht.« Ich sah mich schon in einer dieser gemütlichen Wohnungen in Haidhausen, mit knarzendem Holzboden, Kachelofen und hohen Stuckdecken. Mein Traum war schon immer ein Hochbett, darunter ein Schreibtisch oder Matratzen und Kissen.
    »Na dann.« Zecke schlug sich mit den Händen auf die Oberschenkel und drückte sich aus dem Sofa hoch. »Ich muss wieder weg.«
    Er nahm die Hausschlüssel, ging zur Tür, drehte sich jedoch noch einmal um. »Vorher sollten wir aber dein Leben in Ordnung bringen. Ein Anfang ist immer auch ein Ende.« Er zog die Türe hinter sich zu und ließ mich so ratlos wie hoffnungsvoll zurück.
     

21. Kapitel
     
    Wir saßen im Auto auf dem Weg nach Kleinspornach. Zecke und ich hatten unseren Auftritt dort genau geplant. Er hatte alle Piercings angebracht, die er fand, die »grausigsten«, wie er betonte. So schaukelte unter seiner Nase ein Totenkopf, in den Ohrläppchen steckten Säbel und

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