Morgen wirst Du frei sein (German Edition)
seinem Sitz auf. »Weißt du die Kontonummer deiner Mutter?«
»Klar.«
»Sperr ihre EC-Karte! Melde sie als verloren!«
Ich schüttelte irritiert den Kopf. »Wie soll ich das denn machen?«
»Mensch, da gibt es eine zentrale Telefonnummer, bei der man anrufen kann. Im Internet geht es auch, musst mal googeln. Hey, das ist überhaupt kein Ding. Du musst dich nicht identifizieren oder so. Einfach die Kontonummer angeben und peng!« Er klatschte die Hand auf sein Knie.
Ich fuhr langsamer. »Wenn das klappt ...«
»Das klappt.«
»Nein, warte mal. Lass mich ausreden. Wenn das klappt, scheuchen wir Thea auf. Sie hätte keinen Zugriff mehr auf die Kohle meiner Mutter. Und das wird ihr nicht gefallen.« Ich bremste, bog in einen Feldweg ab, hielt an, legte die Hände in den Schoß und betrachtete sie nachdenklich. »Was wird sie tun?«
»Gute Frage. Was kann sie tun? Dich kann sie nur telefonisch erreichen. Sie weiß nicht, wo du steckst. Also kann sie dir nicht auflauern oder so.«
»Stimmt nicht. Sie kann zur Uni fahren. Das wäre nicht das erste Mal. Sie kennt den Verlag, in dem ich arbeite. Und die Buchhandlung.«
»Hm. Blöd.« Zecke kaute an seinen Fingernägeln. »Aber was soll sie dir tun können? Die einzige Möglichkeit ist, dir mit der Polizei zu drohen. Was, wenn du cool reagierst und ‚na und‘ sagst? Was will sie machen? Schläger anheuern? Zu den Bullen gehen?«
Ich schwieg. In meinem Nacken und auf meinem Rücken sammelte sich Schweiß.
Zecke lehnte sich an die Beifahrertür, zog das Bein auf den Sitz und drehte sich ganz zu mir um. »Was hält dich davon ab, sie umzubringen? Ich meine das natürlich nicht wörtlich.« Er fuchtelte abwehrend mit den Händen. »Ich meine, klar, dass du es nicht tun darfst. Aber warum solltest Du ihr nicht drohen?«
Ich lachte freudlos auf. »Kommt bestimmt überzeugend rüber, wenn ich mit finsterem Blick vor ihr stehe und mit einem Messer vor ihr rumfuchtle. Weil ich ja meine Mutter ... Ach, Scheiße!« Ich versuchte, mich zu beruhigen. »Sie wird sich ohnehin rückversichert haben. So nach dem Motto: Wenn ich sterbe, liegen die Beweise in Schließfach soundso.«
»Welche Beweise kann sie haben? Fotos? Ein Video?«
»Keine Ahnung.«
Zecke schaute durch die Windschutzscheibe auf das vor uns liegende Maisfeld. »Du musst es riskieren. Ich würde es tun.«
Langsam nickte ich. »Mit Vollgas an die Wand.«
»Vielleicht sieht diese Wand nur stabil aus? Möglicherweise ist sie ja aus Papier?«
Hoffentlich, dachte ich. Hoffentlich.
22. Kapitel
Ein paar Tage dachte ich über Zeckes Vorschlag nach. Außerdem wartete ich insgeheim darauf, dass Thea sich melden und nachfragen würde, wie es mir ginge und wann ich wieder nach Hause käme. Auch wenn sie gesehen haben musste, dass ich den Rest meiner Sachen geholt hatte. Etwas in mir wünschte sich, dass sie sich um mich sorgte, dass ich ihr wichtig war.
Ich schalt mich einen Idioten und startete Google, um mich zu informieren, was zu tun wäre, um die EC-Karte meiner Mutter sperren zu lassen. Zecke hatte recht gehabt: Man musste lediglich eine zentrale Rufnummer wählen, die Kartennummer angeben und fertig.
Der Zettel mit den Daten lag neben dem Laptop. Mein Smartphone ebenfalls. Ich zögerte, seufzte, griff dann doch danach, wählte 116 116 und hörte auf den Klingelton, den eine Bandansage ablöste. Eine Stimme meldete sich und fragte mich nach meinem Wunsch. »Ich möchte eine EC-Karte sperren lassen«, flüsterte ich heiser.
»Handelt es sich um Ihre eigene Karte?«
Die Frage irritierte mich. Hatte ich nicht gewusst, dass es nicht funktionieren würde? Ich räusperte mich. Noch konnte ich auflegen, noch hatte ich keinen Schaden verursacht. Im selben Moment, in dem mir der Gedanke kam, schüttelte ich auch schon energisch den Kopf. Wenn jemand Schaden verursacht hatte, dann doch wohl Thea! »Nein, es ist die meiner Mutter«, entgegnete ich.
»Kann Ihre Mutter die Karte nicht selbst sperren lassen?«, fragte die Stimme, die einem Mann ebenso gehören konnte wie einer Frau.
»Sie kennt sich nicht aus, nutzt die Karte nur am Schalter.« Ich wurde langsam warm. »Ich meine, wissen Sie, meine Mutter ist alt, sie blickt´s halt nicht mehr so recht. Deswegen übernehme ich das.« Das zustimmende Geräusch, das die Stimme von sich gab, ließ mich mutig werden. »Möchten Sie sie sprechen?« Ich hielt den Atem an.
»Nein, um Himmels willen, sie wird aufgelöst genug sein, wenn sie ihre Karte verloren hat.
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