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Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Titel: Morgen wirst Du frei sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Martini
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finden. Nicht von selbst.
    Ich rief Zecke an, meine Hände zitterten so stark, dass ich mich mehrfach verwählte. Er befand sich in einem anderen Gebäude, wies mich jedoch an, zu bleiben, wo ich war. Unbedingt, wie er mit drängender Stimme hinzufügte. In wenigen Minuten, versprach er, sei er da.
    Ich sagte zu, auf ihn zu warten. Ich hätte sowieso nicht gewusst, wo ich hin sollte. In den Verlag, so tun, als wäre nichts gewesen? In mein neues Zuhause bei Zecke, um dort durch die Wohnung zu tigern und ein Bier nach dem anderen zu trinken? Da ich nicht viel vertrug, wäre das die schnellste Möglichkeit gewesen, um abzuschalten. Doch der Kater danach würde mich wieder in der Realität ankommen lassen. Also keine Lösung.
    Eine Lösung. Ich brauchte eine Lösung. Das Wort drehte sich in meinem Kopf, immer schneller. Mir wurde schwindelig.
    Dann saß Zecke neben mir. »Zeig die SMS!« Er las. Ließ das Handy sinken. »Okay. Lass uns in den Englischen Garten gehen. Beim Gehen kann ich besser denken.« Er wirkte extrem fokussiert. Stand auf und marschierte los.
    Ich trottete hinterher.
     
    »Welche Mittel stehen uns zur Verfügung? Mal konkret nachdenken.« Zecke zog ein zerknülltes Blatt und einen Kugelschreiber aus seiner abgestoßenen Ledertasche. »Erst sollten wir wahllos aufschreiben, was uns einfällt. Später sortieren und bewerten wir die einzelnen Punkte.«
    Er begann zu schreiben. Ich spähte über seine Schulter. »Thea töten« stand ganz oben.
    Bilder rauschten durch meinen Kopf. Ich in der Küche. Meine Mutter daneben. Blut. Ein Messer. Die Aktion im Moor. Ich sprang auf, rannte zum nächstgelegenen Gebüsch und übergab mich.
    »Ich weiß«, sagte Zecke, wir auf dem angenehm kalten Grasboden lagen und ich auf meinen Puls lauschte. »Du bist keiner, der mal eben Menschen umbringt. Ich frage mich die ganze Zeit, was passiert sein muss, um dich so weit zu bringen, deine Mutter zu töten.« Er wog den Kopf, knabberte seinem Zeigefinger. »Es muss sich um eine Extremsituation gehandelt haben. Was ich interessant finde, wo ich nachhaken würde als Ermittler, ist die Tatsache, dass du dich an nichts erinnerst.«
    Ein Fingernagel nach dem anderen musste Zeckes Überlegungen Tribut zollen. »Da ist deine Kopfverletzung. Hm ... Klar, die kann eine Amnesie zur Folge haben. Scheint ja ordentlich gerumst zu haben, so wie du es beschrieben hast.« Er spuckte etwas ins Gras und wandte sich mir zu. »Hast du mir damals wirklich alles erzählt? Nichts vergessen? Auch nicht versehentlich?«
    Ich schüttelte müde den Kopf.
    »Okay, dann fangen wir trotzdem nochmal von vorne an.«
    Ich stöhnte auf.
    »Es hilft nichts, Chris!« Er wollte fortfahren, sah aber die Qual in meinem Gesicht und schwieg.
    »Du hast recht«, gab ich zu. »Lass es uns so machen, wie du denkst. Du bist der Psychologe.«
    »Noch nicht ganz«, widersprach Zecke. »Gelernt habe ich allerdings allein während meiner Zeit in der Klapse mehr als genug.« Er bemerkte seine unfreiwillig komische Formulierung und lachte. »Man sagt ja, dass man Therapeuten und Patienten kaum unterscheiden kann. Und wenn man erst mit der Suche nach psychischen Auffälligkeiten beginnt, muss man um die ganze Stadt eine Mauer ziehen und ‚Geschlossene‘ draufschreiben.«
    »Lass uns anfangen«, murmelte ich. Zeckes Späße kamen nicht an bei mir. Zumindest nicht im Moment.
    »Okay.« Er überlegte kurz. »Erzähl rückwärts von dem Moment an, als du in der Küche aufgewacht bist. Was genau hast du gesehen, gehört, gespürt?«
    Ich legte die Hände auf mein Gesicht, schloss die Augen. Sah erste Bilder. Das Messer mit den Flecken darauf. Überdeutlich die Blutflecken auf dem Bademantel meiner Mutter. Ihr Auge, das mich blicklos anstarrt.
    Augenblicklich kehrte die Übelkeit zurück, doch ich schluckte sie hinunter. Konzentrierte mich. Erlebte den Horror ein zweites Mal. Es blieb die Lücke, die ich auch mit intensivem Nachdenken nicht schließen konnte. Da war nichts, keine Spur, die ich aufnehmen, kein Faden, den ich hätte greifen können. Was war geschehen zwischen dem Ende der »Tagesschau« und dem Einsetzen meiner Erinnerung?
     
    Zecke unterbrach meine Bemühungen. »Lassen wir´s vorerst dabei. Erzwingen kann man es nicht. Aber mir fällt gerade ein Kumpel ein, der sich in Hypnotherapie ausbilden lässt. Den könnte ich fragen, ob das eine Lösung wäre.«
    »Hipno-was?«, fragte ich, spontan an Pferde denkend. Dann schlug ich mir mit der flachen Hand an die Stirn.

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