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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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Mutter scharf.
    »Schon gut«, sagte Julie. Marianne war betrunken, es war besser, sich nicht mit ihr zu streiten. »Hast du ihm eigentlich mal meine Handynummer gegeben?«
    »Wem? Deinem Vater? Spinnst du? Warum hätte ich das denn tun sollen?«
    »Keine Ahnung. Ich frag ja bloß.«
    Marianne schenkte sich schon wieder nach. Julie hätte ihr am liebsten die Flasche weggenommen. »Hat er dich etwa angerufen?«
    »Ich hab vor Kurzem eine komische SMS bekommen.«
    »Und was stand da drin?«
    »Gott spart das Unglück des Gottlosen auf für dessen Kinder. Er vergelte es ihm selbst, dass er’s spüre«, sagte Julie.
    Marianne starrte sie verständnislos an.
    »Ein Bibelzitat«, erklärte Julie. »Aus dem Buch Hiob, Altes Testament.«
    »Da hat sich jemand einen Scherz mit dir erlaubt. Das ist ja wohl klar.«
    »Und danach ist der Scherzbold bei mir eingebrochen und hat meine Wohnung verwüstet.«
    »Und du glaubst jetzt, dass das dein Vater war?«
    »Keine Ahnung. Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Ich kenn ihn doch gar nicht.«
    »Vergiss es. Damit hat er nichts zu tun. Das ist nicht sein Stil. Ich kenn ihn ja auch kaum, aber dafür leg ich meine Hand ins Feuer. Die SMS hat irgendjemand geschrieben, der sauer auf dich ist. Ein Exfreund. Ein Psychopath. Weiß der Teufel, wer. Jochen war das nicht.«
    »Vielleicht ist ihm ja seine Frau auf die Schliche gekommen. Oder der Sohn. Er ist sauer, dass sein Vater ein Kind hat, von dem er nichts wusste.«
    »Und deshalb fährt er nach Hamburg und verwüstet deine Wohnung? Was kannst du denn dafür, dass dein Vater seine Mutter betrogen hat?«
    »Keine Ahnung. Auf jeden Fall würde ich gerne mal mit ihm sprechen. Mit meinem Vater, meine ich. Kannst du mir die Telefonnummer geben?«
    »Willst du ihn wirklich anrufen?« Marianne verzog das Gesicht. »Also, ich weiß nicht. Warum gehst du nicht zur Polizei? Die können das doch viel besser regeln.«
    »Die Polizei nimmt das doch gar nicht ernst. Bei mir ist nicht einmal was geklaut worden.« Außerdem war es jetzt viel zu spät, die Sache zu melden.
    »Wenn du meinst. Bitte. Ich geb dir die Nummer.« Ihre Mutter erhob sich schwankend und ging zum Küchenschrank, auf dem ihr Handy lag. »Aber das bringt nichts, das sag ich dir.«
    Wahrscheinlich hatte Marianne Recht, dachte Julie, während sie die Düsseldorfer Nummer in ihr Handy einspeicherte. Sie hatte keinen blassen Schimmer, was sie ihren Vater fragen wollte. Wenn er irgendetwas mit der anonymen Nachricht und dem Einbruch zu tun hatte, würde er ihr das bestimmt nicht auf die Nase binden. Und wenn er nichts damit zu tun hatte, würde er sie für bescheuert halten.
    »Jetzt trinken wir noch einen«, verkündete ihre Mutter. Mit erstaunlich sicherem Griff hob sie die Flasche.
    Aber nun stand Julie auf. »Nicht für mich, Mama, danke. Ich muss ins Bett.« Als sie die Küche verließ, hörte sie, wie der Wein in Mariannes Glas gluckerte.
    Es war erst Freitag. Und sie hatte eigentlich vorgehabt, bis Montag bei Marianne zu bleiben. Mit einem Mal kam ihr ihre dunkle, einsame Wohnung nur noch halb so gruselig vor.
    Am nächsten Tag traf sie sich zum Frühstücken mit ihren Freunden. Danach gingen sie shoppen, ins Kino, essen und in einen neuen Club. Als Julie nach Hause kam, wurde es bereits hell und Marianne war schon lange schlafen gegangen. Auf dem Küchentisch standen ein einsames Weinglas und eine leere Weinflasche. Früher hatte Marianne nur in Gesellschaft getrunken, inzwischen schaffte sie es offensichtlich auch alleine.
    Am Sonntag schlief Julie bis um ein Uhr mittags.
    »Ich mach uns was zu essen«, verkündete ihre Mutter, als sie endlich aufgestanden war. Sie riss ein Paket mit chinesischer Frühlingssuppe auf und schüttete den Inhalt in einen Topf mit kochendem Wasser. Julie setzte sich an den Tisch und gähnte.
    »Hast du ihn schon angerufen?«, fragte Marianne.
    »Wen?«, fragte Julie zurück, obwohl sie natürlich genau wusste, wen ihre Mutter meinte.
    Sie hatte die Nummer ihres Vaters schon zehnmal aufgerufen, einmal hatte sie sie sogar gewählt. Nur um nach dem ersten Klingeln sofort wieder aufzulegen.
    Sie wusste einfach nicht, wie sie das Gespräch beginnen sollte.
    Hallo, hier ist Julie aus Hamburg.
    Und dann?
    Julie? Welche Julie?
    Deine Tochter.
    Was willst du von mir?
    Ich weiß es nicht, dachte Julie.
    »Was machst du denn, wenn seine Frau rangeht oder sein Sohn?«, fragte Marianne. »Hast du dir das mal überlegt?«
    Als Julie nicht antwortete,

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