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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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in Düsseldorf«, sagte Marianne. »Frauenarzt, verheiratet, ein Sohn. Hab ich natürlich alles erst hinterher erfahren.«
    »Ein Sohn?«, fragte Julie. »Ich hab einen Bruder? Davon hast du mir nie etwas erzählt.«
    »Du hast mich ja auch noch nie danach gefragt.«
    »Wie alt ist der Sohn denn?«
    »Neunzehn.«
    »Nur ein Jahr älter als ich? Das ist ja ein Ding!«
    »Na ja, das ist der Klassiker. Zu Hause schreit das Baby, die Frau ist genervt und fertig. Da sind viele Männer reif für den Seitensprung. Ich sah gut aus und war erfolgreich und unabhängig. Das hat ihn gereizt. Er konnte ja nicht ahnen, dass ich so fruchtbar bin.«
    »Und er hat nie darüber nachgedacht, seine Frau zu verlassen und mit dir ein neues Leben anzufangen?« Selbst wenn er es getan hätte, wäre auch diese Beziehung inzwischen längst wieder vorbei, das war Julie klar. Ihre Mutter war nie länger als ein paar Monate mit einem Mann zusammen. Danach endete das Liebesglück in Tränen und Tobsuchtsanfällen und Selbstmitleid.
    »Keine Sekunde. Nachdem ich erfahren habe, dass ich schwanger bin, hab ich ihn angerufen. Er war total schockiert. Na ja, mir ging es ja nicht anders. Gleich am nächsten Wochenende kam er wieder nach Hamburg. Er hat versprochen, mir zu helfen, finanziell, meine ich. Und das hat er auch getan. Er war sehr großzügig, das muss man ihm lassen. Die Bedingung war allerdings, dass seine Frau nichts von dir erfährt.«
    »Schweigegeld«, sagte Julie. Früher hatte sie sich immer darüber gewundert, was sie sich alles leisten konnten, obwohl Marianne doch nur Sozialhilfe bezog.
    »Am Anfang wollte er nichts von dir hören oder sehen«, meinte Marianne nachdenklich. »Aber das änderte sich. Als du drei oder vier warst, rief er mich plötzlich an und wollte dich kennenlernen. Aber ich wollte das nicht. Er hatte sich schließlich gegen uns entschieden.«
    »Hättest du ihn denn genommen, wenn er dich gewollt hätte?«
    »Versucht hätte ich es bestimmt.« Marianne seufzte. »Wahrscheinlich hätte es nicht funktioniert. Bei mir hat noch nie eine Beziehung funktioniert.« Sie wollte Julie Wein nachschenken, aber die erste Flasche war bereits leer. Sie angelte eine zweite aus dem Kühlschrank, öffnete sie und füllte beide Gläser. »Und bei dir? Wie sieht’s da aus? Hast du einen Freund?« Dabei lehnte sie sich über den Tisch und sah ihre Tochter aus leicht glasigen Augen an. Julie konnte den Wein in ihrem Atem riechen. Sie hasste es, wenn Marianne zu viel trank. Und Marianne trank oft zu viel. Wahrscheinlich hatte sie die erste Weinflasche schon beim Kochen geleert.
    Julie schob ihr Glas zur Tischmitte und schenkte sich Wasser ein. »Da ist niemand.« Sie hatte keine Lust über Christian zu sprechen. Sie wollte mehr über ihren Vater erfahren.
    Sie wunderte sich über sich selbst, dass sie Marianne noch nie zuvor über ihn ausgefragt hatte.
    »Als ich zehn wurde, hab ich ihn doch getroffen«, sagte Julie. »Warum hast du deine Meinung plötzlich geändert?«
    »Du warst ja ganz versessen darauf, ihn kennenzulernen. Ich dachte, dass es vielleicht ganz heilsam wäre, wenn du siehst, dass er nichts Besonderes ist. Ein Mensch aus Fleisch und Blut. Kein Märchenprinz.«
    »Aha«, sagte Julie.
    »Außerdem hat er damit gedroht, dass er seine Zahlungen kürzen würde, wenn er dich nicht endlich einmal sehen dürfte.«
    Julie schnaubte verächtlich. »Die Kohle mal wieder. Da bist du natürlich sofort eingeknickt.«
    »Nicht sofort«, meinte Marianne gekränkt. »Aber ich brauchte das Geld. Ich konnte schließlich keinen Job annehmen, du warst ständig krank. Und einen gewissen Lebensstandard erwarte ich auch, das gebe ich offen zu.«
    Die alte Leier. Du warst so oft krank. Ich konnte nicht anders. Mein Leben war ruiniert. Julie wäre am liebsten aufgestanden und zurück in die Stadt gefahren. Aber ihre Wohnung war dunkel und leer und Christian war in Bonn. Außerdem war sie nun wirklich neugierig.
    »Wie gesagt – es ist ja alles gut gegangen. Nach dem ersten Treffen wolltest du ihn nicht mehr wiedersehen.«
    »Ihm ging es wahrscheinlich genauso.« Julie zog eine Grimasse. »Jedenfalls hat er sich in all den Jahren nicht mehr bei mir gemeldet.«
    »Er hat sich immer wieder nach dir erkundigt.«
    »Und? Hast du ihm Bericht erstattet?«
    »Bericht erstattet! Wie das klingt! Natürlich hab ich ihm erzählt, was du gerade machst und alles. Er ist immerhin dein Vater.«
    »Und zahlt auch nicht schlecht.«
    »Julie!«, rief ihre

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