Morgengrauen
nun verdutzt auf den Mann im zitronengelben Sakko blickten. Das war jetzt sicher ruiniert.
Klaus drang weiter ins Becken vor. Er hörte nichts außer dem Blubbern der Düsen. Da! Ein Mann war gerade dabei, aus dem Becken zu steigen: Heimburger! Riesle wollte hinterher, doch da packte ihn eine Hand mit kräftigem Griff an der Schulter. Er drehte sich um: der Bademeister!
»Sie kommen jetzt mit mir. Ich übergebe Sie der Polizei.«
»Aber ich muss diesen Mann da verfolgen«, versuchte Klaus zu erklären.
»Sie verfolgen hier gar nichts. Mit Anzug hat man im Solebecken nichts zu suchen«, gab sich der Mann von der Badeaufsicht unbeirrt.
Als sie die Treppen aus dem Kanal herausstiegen, war klar, dass auch Hubertus die Verfolgung nicht mehr hatte aufnehmen können. Er stand, jetzt wieder mit Krücken, genauso durchnässt wie Klaus vor dem Eingang des Dampfbads, flankiert von zwei grimmig dreinblickenden Herren in Weiß.
»Glauben Sie mir doch: Wir waren einem Mörder auf der Spur. Der ist jetzt durchs Solebecken nach draußen geflüchtet. Wir müssen ihn kriegen«, redete Hubertus auf das Badepersonal ein.
»Das können Sie der Polizei erzählen«, sagte einer der Bediensteten.
»Für uns ist das schlicht Hausfriedensbruch«, pflichtete der andere ihm bei.
Gerade als die Bademeister Anstalten machten, die beiden Hobbydetektive zum Ausgang zu eskortieren, öffnete sich die Tür des Dampfbads: Edelbert und sein Freund traten heraus.
»Hallo, Edi.« Hubertus war erleichtert. »Bitte erzähl den netten Herren doch, dass wir einem Mörder auf der Spur sind.«
Edelbert nahm seinen Bademantel, zupfte sich am Bart und runzelte die Stirn: »Ich kenne die Herren nicht!«
23. POST FÜR ELKE
Unaufhörlich drehten sich die riesigen Propeller des Windrads beim Industriegebiet Herdenen, auch jetzt am späten Abend. Hubertus betrachtete die Anlage kritisch: Windmühlen hatten schöner ausgesehen, dachte er sich. Und nun würde man bald wohl noch den ganzen Schwarzwald mit diesen Ungetümen zugepflastert haben …
Klaus riss Hubertus aus seinen Gedanken: »Musstest du der Polizei unbedingt das mit Heimburger in allen Einzelheiten erzählen?«, echauffierte der sich immer noch. »Reicht schon, dass wir jetzt eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs und Erregung öffentlichen Ärgernisses am Hals haben.«
Die Kleine Nachtmusik von Hubertus’ Handy machte sich bemerkbar.
»Edelbert, du hast uns ja ganz schön im Regen stehen lassen«, schimpfte diesmal Hubertus.
Klaus nickte heftig.
»Ich höre wohl nicht recht«, regte sich Hummel auf. »Wegen eines Jahresabos?«
Klaus schaute gespannt auf seinen Beifahrer. Gerade bog der Wagen beim Villinger Bickentor in die Einbahnstraße ein, die den grünen Ring der mittelalterlichen Stadt umzingelte und orientierungslose Touristen regelmäßig zur Verzweiflung brachte.
»Nein, das muss ich überhaupt nicht verstehen und Klaus auch nicht. Du bist ja ein schöner Freund!« Hubertus drückte auf den roten Knopf, um das Gespräch zu beenden.
»Was hat er gesagt? Warum hat er uns verleugnet?«, war Klaus schon neugierig.
»Sein Freund und er haben ein Jahresabonnement im Aquasol. Sie wollten kein Hausverbot riskieren. Außerdem hat Edelberts Freund gedroht, er würde ihn verlassen, sollte er sich nicht aus solch gefährlichen Sachen heraushalten!«
»Kommst du noch auf einen Schluck mit rein?«, fragte Hubertus, als er die Beifahrertür öffnete und seinen gesunden Fuß zuerst auf den Gehsteig setzte. Auf dem Sitz schimmerten dunkle Schatten, die er mit seinen triefnassen Klamotten hinterlassen hatte.
Doch Klaus lehnte ab: Er wollte schnell unter die Dusche – und zu Kerstin.
Elke saß im Schneidersitz auf der Terrasse und ließ gerade ihren Yogaabend mit ein paar Übungen ausklingen. Hubertus drückte ihr einen feuchten Kuss auf die Stirn und erzählte ihr, was vorgefallen war.
Sie schimpfte und befahl ihm, sich schnell etwas Trockenes anzuziehen. Als er wieder im Bademantel unter der Markise stand und sich in einen der gusseisernen Gartenstühle fallen ließ, machte Hummel einen geschlagenen Eindruck.
»Ich glaube, wir lösen diesen Fall nie«, sagte er resigniert und machte sich mit dem Korkenzieher an einer Flasche Kaiserstühler Spätburgunder-Rotwein von der Sasbacher Roten Halde zu schaffen. Der würde Trost spenden – ein guter Jahrgang. Doch der diesjährige versprach bei den mediterranen Temperaturen sogar ein Jahrhundertwein zu werden.
»Aber Schatz, wir haben doch
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