Morgenlied - Roman
aufgebaut«, begann Quinn, »und wir wissen im Jetzt einigermaßen Bescheid.«
»Ja, wir müssen noch einmal ganz genau hinsehen.« Cybil nickte. »Wir haben es ja schon einmal probiert, aber...«
»Wir werden heute Nacht nicht dorthin gehen.« Gages Stimme klang bestimmt. »Es hat keinen Zweck, es erzwingen zu wollen«, fuhr er fort, bevor Cybil widersprechen konnte. »Du solltest nicht so leichtfertig damit umgehen. Du bist bereits erschöpft, und du solltest dich erst wieder mit positiver Energie aufladen.«
»Du hast mal wieder recht. Grob, aber treffend. Am besten recherchiere ich heute Abend ein bisschen, vor allem über den Stein. Cal hat nämlich ebenfalls recht.«
11
Sie träumte nicht, und das überraschte sie. Cybil hatte eigentlich erwartet, von Alpträumen geplagt zu werden, aber sie schlief die ganze Nacht lang durch.
Ihre Recherchen am Abend hatten nichts ergeben, und sie konnte nur hoffen, dass sie heute erfolgreicher war. Sie stand auf und trat an den Spiegel.
Sie sah aus wie immer, dachte sie. Sie war ja auch noch dieselbe. Wenn überhaupt, hatte der Angriff sie mit noch größerem Kampfwillen erfüllt.
Der Dämon nährte sich zwar von Menschen, dachte sie, aber er verstand sie nicht. Und das konnte ebenfalls eine brauchbare Waffe sein.
Jetzt brauchte sie ein bisschen Training, um ihren Energielevel wieder anzuheben. Die Giftstoffe auszuschwitzen war wie eine Art rituelle Reinigung. Vielleicht hatte sie ja Glück und Quinn kam mit. Rasch schlüpfte sie in Sportbüstenhalter und Radlerhose und stopfte, was sie brauchte, in einen kleinen Beutel. Als sie aus ihrem Zimmer trat, sah sie, dass Quinns Schlafzimmertür offen stand und das Zimmer leer war. Am besten holte sie sich nur noch rasch eine Flasche Wasser aus der Küche und folgte Cal und Quinn ins Sportstudio unten in der alten Bibliothek.
In der Küche saß Gage am Tisch, vor sich eine Tasse Kaffee und ein Kartendeck.
»Du bist aber früh hergekommen.«
»Ich bin gar nicht erst weggefahren.« Er blickte sie an. »Ich habe auf der Couch übernachtet.«
»Oh. Das hättest du nicht zu tun brauchen.«
»Was?« Er wandte den Blick nicht von ihr ab. »Bleiben oder auf der Couch übernachten?«
Sie öffnete die Kühlschranktür und nahm eine Flasche Wasser heraus. »Beides. Trotzdem danke. Ich gehe ins Studio, um ein bisschen zu trainieren. Quinn ist doch wahrscheinlich da, oder?«
»Es hat sich so angehört. Warum bleibst du nicht hier und machst ein bisschen Yoga?«
»Das ist im Moment nicht das Richtige. Yoga entspannt mich, aber ich muss mich jetzt auspowern.«
»Mist.«
»Was ist?«, fragte sie, als er aufstand.
»Cal hat einige Klamotten hier. Irgendetwas Passendes finde ich schon. Warte«, befahl er und verließ die Küche.
Kurz darauf kam er mit einer grauen Trainingshose zurück, die schon bessere Tage gesehen hatte, und einem Baltimore-Orioles-T-Shirt. »Dann lass uns gehen«, befahl er.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass du mit mir ins Studio gehen willst?«
»Ja, genau.«
Sie holte noch eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und steckte sie in ihren Beutel. Er hätte in diesem besonderen Moment kaum etwas sagen oder tun können, das ihr mehr bedeutete. »Ich werde ganz bestimmt nicht widersprechen. Zum einen wäre es blöd
nach gestern, und zum anderen möchte ich auch gerne sehen, was du so draufhast.«
»Das hast du doch schon gesehen.«
Sie lachte, und auf einmal ging es ihr besser, als sie es für möglich gehalten hätte.
Eine Stunde lang trainierten sie gemeinsam im Studio, und es machte ihr Freude, Gage bei der schweißtreibenden Beschäftigung zuzusehen. Eigentlich hatte er wohl keine besondere Lust dazu, aber da er schon einmal da war, konzentrierte er sich auf die Aufgabe und wartete geduldig, bis sie so weit war.
Entspannt und voller Energie ging sie mit ihm zurück. »Wohin gehst du, wenn das hier vorbei ist?«, fragte sie ihn. Hast du irgendein bestimmtes Ziel?«
»Wahrscheinlich nach Europa, es sei denn, es ist in den Staaten irgendetwas los. Zur Hochzeit komme ich zurück. Ach du lieber Himmel, es sind ja jetzt schon zwei Hochzeiten! Und du?«
»Ich gehe zurück nach New York, zumindest für kurze Zeit. Es fehlt mir, ich brauche einfach mal wieder Verkehrslärm, Menschen und Tempo. Aber ich werde mich wegen der Hochzeiten länger hier aufhalten müssen. Frauen sind einfach mehr damit beschäftigt. Wenn ich es einrichten kann, mache ich nach Quinns Hochzeit ein paar Tage Urlaub auf einer
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