Morgenlied - Roman
gehen und dich hinlegen möchtest, dann kann ich vor dem Schlafzimmer bleiben.« Sie zitterte am ganzen Körper, aber sie schüttelte den Kopf. »Verdammt, verdammt, schrei doch, weine, wirf etwas, schlag mich.«
Wieder schüttelte sie den Kopf und trank den Rest Brandy. »Körperlich war es nicht real. Aber es fühlte sich in jeder Hinsicht real an. Wenn ich jetzt schreien würde, würde ich vielleicht nie wieder aufhören. Ich will Quinn. Quinn soll kommen.«
Als die Haustür aufging, dachte Gage, dass Quinn die ganze Strecke gerannt sein musste. Sie kam in die Küche gestürmt. »Cyb.«
Cybil gab einen Laut von sich, eine Mischung aus Wimmern und Stöhnen, der Gage ins Herz schnitt. Quinn nahm sie in die Arme und führte sie weg. »Komm, Baby, komm, lass uns nach oben gehen. Ich bringe dich nach oben.«
Quinn warf Gage einen traurigen Blick zu, dann verließen sie das Zimmer. Gage ergriff das Glas und warf es in die Spüle, so dass es zerbrach. Das ändert auch nichts, dachte er und blickte auf die Scherben. Das war nur ein zerbrochenes Glas.
Als Cal hereinkam, stand er immer noch an der Spüle und starrte in den sonnigen Nachmittag hinaus. »Was ist passiert? Quinn hat mir nur zugerufen, ich soll Layla anrufen, dann war sie weg. Ist Cybil verletzt?«
»Das weiß der Himmel.« Seine Kehle brannte, stellte Gage fest. Als ob er Flammen geschluckt hätte. »Der
Bastard hat sie vergewaltigt, und ich habe ihn nicht aufgehalten.«
Cal trat zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Erzähl mir, was passiert ist.«
Gage begann beinahe unbeteiligt zu erzählen. Er begann mit dem Blut an den Wänden. Er hörte nicht auf, als Fox hereinkam, sondern redete immer weiter. Aber er nahm die Bierdose, die Fox ihm reichte.
»Etwa drei Kilometer vom Haus entfernt hörte es auf. Nur nicht für Cybil. Ich weiß nicht, ob man so etwas jemals vergessen kann.«
»Du hast sie aus der Gefahrenzone gebracht«, erwiderte Cal. »Du hast sie nach Hause gebracht.«
»Ja, ich bin ein Held. Du kannst mir ja einen Orden verleihen.«
»Ich weiß, wie du dich fühlst.« Fox blickte Gage an. »Layla ist es ja auch so gegangen, deshalb weiß ich, wie du dich fühlst. Layla ist jetzt oben bei ihr. Das wird ihr helfen. Cybil wird es überstehen. Wir sind alle so, weil uns nichts anderes übrigbleibt. Wir werden es dem Bastard heimzahlen. Verdammt noch mal, das werden wir!«
Er streckte die Hand aus, nach kurzem Zögern ergriff Gage sie. Cal legte seine Hand darüber. »Wir werden es dem Bastard heimzahlen«, wiederholte Gage. »Das schwöre ich.«
»Wir schwören«, sagten auch Cal und Fox. Cal stand auf.
»Ich koche ihr einen Tee.«
»Tu Whiskey hinein«, schlug Fox vor.
Schließlich einigten sie sich darauf, den Whiskey in
einem Gläschen daneben zu stellen. Sie arrangierten alles auf einem Tablett, und Gage trug es hinauf. Vor der Schlafzimmertür blieb er zögernd stehen, aber bevor er klopfen konnte, wurde die Tür aufgerissen, und Layla trat heraus.
»Cal hat Tee gekocht«, sagte Gage.
»Perfekt. Deshalb wollte ich gerade herunterkommen. Ist das Whiskey?«
»Ja. Fox’ Beitrag.«
»Gut.« Layla nahm das Tablett. Sie blickte Gage an. »Sie kommt wieder in Ordnung, Gage. Danke für den Tee.«
Im Badezimmer, das zwei Schlafzimmer miteinander verband, lag Cybil in der Wanne. Sie war völlig erschöpft, aber seltsamerweise half die Müdigkeit. Allerdings nicht so sehr wie ihre Freundinnen.
Auch das heiße, duftende Wasser half. Quinn, die auf einem kleinen Hocker neben der Wanne gesessen hatte, stand auf, als Layla mit dem Tablett hereinkam.
»Das ging ja superschnell.«
»Gage hat es heraufgebracht. Cal hatte schon Tee gekocht. Süße, das hier ist Whiskey. Soll ich etwas in den Tee geben?«
»O ja. Danke.« Cybil tauchte ein wenig aus dem Schaum auf. Sie bemühte sich, die Tränen zurückzuhalten. »Nein, nein, nicht schon wieder.«
»Du wirst zwischendurch immer wieder das Bedürfnis zu weinen haben«, meinte Layla und schenkte ihr Tee ein. »Mir geht das auch noch so. Aber es ist okay. Wir dürfen das.«
Cybil nickte und nahm die Tasse entgegen. »Es war nicht der Schmerz, obwohl es schrecklich wehgetan hat. Nein, es war die Tatsache, dass ich ihn in mir gespürt habe und nichts dagegen machen konnte. Er hat es als Junge gemacht, und dass er mich das sehen ließ, macht es irgendwie noch schrecklicher.« Sie brach ab und trank einen Schluck Tee.
»Es ist eine Art Folter. Eine Art physischer und psychischer
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