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Morgenrötes Krieger

Morgenrötes Krieger

Titel: Morgenrötes Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.A. Foster
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sie im Augenblick spielen, ist etwas ganz Besonderes; er ist so gestaltet, daß nicht nach einem vorgegebenen Melodieschema gespielt wird; etwas, das ja ganz typisch ist für die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns. Es ist schon seltsam, aber die Musiker lernen die Tonfolge nicht so, wie ihr es tun würdet. Ihr übt das ganze Stück ein und spielt es dann auswendig. Dadurch geht das Wesentliche der Intonierung verloren. Meinst du nicht auch?“
    Han stimmte höflich zu. Hatha wandte sich wieder seinen Gästen zu. Als er zu sprechen begann, tat er dies mit der größten Vertrauensseligkeit: „Was ich vorhin sagte, sollte nicht bedeuten, daß ihr eine unbegrenzte Entscheidungs- und Handlungsfreiheit habt. Zu wählen, den eigenen Kurs zu bestimmen, das ist ein Privileg, das nur wenigen zukommt – den Höhergestellten und Mäc h tigen. Sobald wir uns auf den unteren Ebenen der Gesel l schaft bewegen, werden wir natürlich sofort merken, daß diese Freiheit der Wahl zunehmend geringer wird. Nun zu dir, Han. Du paßt im Moment in keine gesellschaftl i che Klasse, in der deine Person ein integraler Bestandteil wäre, und somit hast du auch nicht die kleinste Entsche i dungsfreiheit. Ich aber habe eine ganze Palette von Mö g lichkeiten und werde euch, wie wir so schön sagen, ein wenig davon abgeben – auf Zeit und auf unser Vorhaben begrenzt. Zieht also mit der Horde oder geht zurück nach Leilas oder auch ‚nach draußen vor die Tür’, wie es bei uns heißt. Die Zweierbeziehung ist ein System, das ihr Menschen euch ausgedacht habt und mit dem ihr euch selbst Fesseln anlegt; frei wählen könnt ihr nur vorher, obwohl ihr zweifelsohne theoretisch noch etwas Spie l raum habt. Mehr davon vielleicht in Leilas. Liszendir hat ihrer Natur entsprechend ein wenig mehr Spielraum, da sie einem Volk mit größerem Potential angehört; aber bei Licht besehen ist dieses Mehr so gering, daß es zu einer rein akademischen Frage würde. Allerdings beharre ich auf der Unterscheidung, daß ihr größerer Freiraum aus einem naturgegebenen Charakterzug ihrer herrschenden Gesellschaftsklasse resultiert, auch wenn er zur Zeit nicht zur Entfaltung kommen kann.“
    Somit war für sie die Frage der Entscheidungsfreiheit des einzelnen wichtiger als materielle Dinge und Geld, die doch als Ausdruck – oder war es als Folge? – einer gesellschaftlichen Klassenzugehörigkeit galten. Vie l leicht war das der Kern der Diskussion, die sie vorhin g e führt hatte. In Hathas Redeweise schwang ein fast religi ö ser Unterton mit, als er die Sachlage darlegte. Nach ein i gem Überlegen sagte Han zu Hatha: „Ich verstehe, was du meinst, kann aber die Voraussetzungen nicht prüfen, da ich sie nicht ganz überblicke. Trotzdem, was die Frage der freien Entscheidung anbetrifft, so kann ich nicht zusti m men, da Untersuchungen gezeigt haben, daß in der menschlichen Gesellschaft derjenige, der ganz oben steht, fast immer am wenigsten Freiheit besitzt, daß der Fre i raum somit abnimmt, je höher man in der Gesellschaft aufsteigt. Wir hingegen sehen die extreme Freiheit in einer völligen Entbindung von Verantwortung – so wie beim Landstreicher, der sich nur um sein leibliches Wohl zu kümmern braucht: um Schlafen, Essen, Kleider. Offe n sichtlich seht ihr die echte Freiheit zusammengezogen in der gesellschaftlichen Spitze – wie bei einem Autokraten.“
    „Ein interessanter Aspekt, den du da ansprichst. Ich hätte ein so ausgeprägtes Wahrnehmungsvermögen bei dir nicht vermutet. Ich würde diese Sache auch gern we i terverfolgen, desgleichen andere Erkenntnisse, über die du vielleicht verfügst. Doch leider bin ich hier auf meine Überredungskunst angewiesen und muß dich zudem da r an erinnern, daß ihr in meinem eigenen System steckt, ob ihr nun wollt oder nicht, ob das nun grundsätzlich richtig oder falsch sein mag. So wie die Dinge stehen, müßtet ihr – auch wenn ich behaupten würde, der Himmel sei aus Stein, und dazu die Macht hätte, es so darzustellen, als entspräche es den Tatsachen – all dem rein aus Ve r nunftsgründen zustimmen oder wenigstens so tun als ob. Habe ich nicht recht? Also dann: Trefft eure Wahl! Wägt gut ab! Ihr werdet keine weitere Gelegenheit mehr dazu bekommen.“
    Han wandte sich ab und überlegte. Dabei bemerkte er etwas Eigenartiges: Aving, der sich ganz aus dem G e spräch herausgehalten hatte, lauschte verzückt der Musik, so als verfolge er sie, Note für Note, Melodie für Mel o die. Han schaute zu den

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