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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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wälzte sich aus dem Kamin heraus und ließ seine Waffe fallen, um mit der Hand nach den Flammen zu schlagen.
    »Maiberg!«, rief er wutentbrannt. »Mach, dass du herkommst, und hilf mir, du elender Feigling.«
    Zu Leas Erleichterung blieb Maiberg im Türrahmen stehen, scheinbar unschlüssig, ob er es wirklich wagen sollte, seinem Herrn zu Hilfe zu eilen.
    Der Professor nutzte die Auszeit, indem er sich gegen die Wand lehnte und verzweifelt Luft in die Lungen sog. Sein Gesicht war grau und blutleer, und er bebte am ganzen Körper vor Erschöpfung. Er wirkte auf einmal unendlich einsam.
    Dieser Anblick reichte aus, um Lea wachzurütteln. Das Adrenalin jagte durch ihren Körper, so dass sich die Muskeln in Armen und Beinen anspannten. Im nächsten Augenblick fand sie sich neben dem Professor wieder.
    »Halt dich bloß fern!«, fauchte Lea.
    Kurz erwiderte Maiberg ihren Blick mit wild blinzelnden Augen, und sie glaubte, eine verschlagene Drohung in ihnen zu erkennen.
    Lea schlang den Arm um die Hüfte des Professors, um ihn dazu zu bringen, dass Gewicht auf sie zu verlagern. Aber Carrieres Körper versteifte sich unwillig. Er versuchte sogar, ihr den Arm, der um ihre Schultern lag, zu entziehen.
    »Mach, dass du hier rauskommst, Kind!«, sagte er mit einer beängstigend tonlosen Stimme. Dann stieß er sich von Lea ab und ließ sich in einen Sessel fallen. Doch ihm fehlte die Kraft, sich aufrecht zu halten. Langsam rutschte er von den Polstern hinab und blieb stöhnend auf dem Boden sitzen.
    Bestürzt erkannte Lea, dass dem Professor ein Unterarm fehlte. Der Arm unterhalb des Ellbogens endete in einem dunkel verfärbten Hemdfetzen. Ihr Blick streifte suchend über den Boden, als sie bemerkte, dass Adalbert mittlerweile allein beim Kamin stand und seine vom Feuer verbrannten Hände begutachtete, während Maiberg wieder zur Tür schlich. Er hielt etwas an sich gedrückt, eine Beute, die er in Sicherheit bringen wollte.
    Wut stieg in Lea auf, als sie den gekrümmten Rücken dieses Handlangers betrachtete. Maiberg hatte erst den sicheren Hafen verlassen, als er keine Gefahr mehr zu befürchten hatte. Und nun schaffte er etwas beiseite, das ihm gewiss nicht zustand. Das Tückische und Hinterhältige, das dieser Kreatur anhaftete, schürte in ihr das Verlangen, ihn zu stellen. Entschlossen setzte sie ihm nach, dass Kurzschwert fest umklammernd und zum Angriff ausgerichtet.
    Im dunklen Flur hantierte Maiberg an einem großen fassartigen Metallzylinder, aus dem eine Spur von Nebel aufstieg. Unter die Achsel geklemmt hielt er etwas, das verdächtig nach Professor Carrieres abgeschlagenem Unterarm aussah.
    Lea blieb wie angewurzelt stehen.
    Als Maiberg sie bemerkte, tunkte er blitzschnell den abgetrennten Unterarm in das Fass und schleuderte mit seiner Hilfe einen Schweif von Tropfen in ihre Richtung. Intuitiv riss Lea den Schwertarm hoch, um abzuwehren, was auch immer da angeflogen kam. Zu ihrem Glück zielte Maiberg schlecht, so dass nur einige feine Tropfen ihren Weg in Leas Haare und auf Wange und Ohr fanden.
    Augenblicklich setzte das Brennen ein, als hätte ein Funkenregen ihre Haut gestreift. Panisch wischte sie sich mit dem Ärmel über diebeißenden Flecken, wodurch sie jedoch nur die Fläche vergrößerte. Der Geruch verätzter Haut stieg ihr in die Nase und rief Übelkeit hervor.
    »Rauchende Salzsäure!«, rief Maiberg triumphierend. »Falls du Drecksstück mir zu nahe kommen solltest, sorge ich dafür, dass dein ganzer Kopf im Fass landet.Versprochen!«
    Mit diesen Worten drohte er Lea noch einmal mit dem tropfenden, bereits rot verätzten und mit Blasen übersäten Unterarm von Professor Carriere, so dass Lea einige Schritte rückwärts in die Dunkelheit taumelte.
    Unschlüssig stand sie da, hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen, Maiberg zu stellen, und der zurückkehrenden Furcht. Plötzlich tauchte der Professor wankend in der Tür auf. Erschöpft blickte er sie an, doch ehe er etwas sagen konnte, ertönte aus der Eingangshalle im unteren Geschoss das Bersten von zersplitterndem Holz. Unnatürliches Kreischen und das Geräusch brechender Knochen ließen ihn sichtbar zusammenfahren.
    »Wie es sich anhört, sind unsere Kampfhunde zurück«, sagte Maiberg kichernd, als der Kampfeslärm davon zeugte, dass die beiden Gegner keinerlei Rücksicht mehr auf ihre Umgebung nahmen.
    Bei dem Gedanken an einen Adam, der vor Mordlust vollkommen die Kontrolle über sich verloren hatte, zog sich Leas Magen krampfend

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