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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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Poetenseelen beisammen. Deshalb spielte sie mit dem Gedanken, den Text kurzerhand einer Kollegin ins Fach zu legen. Dabei kam ihr der Verdacht, dass ihr selbst die Leseprobe untergeschoben worden war. Wieder so ein Verrückter, der auf dem Boden aus der Hand isst? Dann ab damit zu Lea.
    Das Klingeln an der Tür verhinderte, dass Lea eine Liste potenziell schuldiger Kollegen zusammenstellen konnte, denen sie bei Gelegenheit einmal auf den Zahn fühlen würde. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass Nadine ihr gleich die Leviten lesen würde, weil sie anstelle eines schicken Partykleidchens in Trainingshose und Kapuzenpulli steckte. Mit einem raschen Griff verschwanden die verräterischen Manuskriptseiten unter dem Sofa, und Lea verwuschelte sich auf dem Weg zur Tür noch rasch die Haare.
    Gähnend öffnete sie Nadine die Tür, die sie sofort einer genauen Musterung unterzog. Dann drängte sie sich mit strenger Miene an Lea vorbei in die Wohnung.
    »Tu mir den Gefallen und spiel mir nicht vor, du wärst eingeschlafen. Ich weiß genau, wer die Verantwortung dafür trägt, dass du wie eine Pennerin aussiehst.Wenn du also noch einmal gähnst und mir dabei deine Mandeln zeigst, werde ich das verdammte Buch finden, wegen dem du Zeit und Raum vergessen hast, und es vor deinen Augen in Brand setzen. Und das hier ...«, dabei wedelte Nadine mit einem elfenbeinfarbenen Kuvert vor Leas Nase herum, »... werde ich ebenfalls den Flammen überlassen.«
    »Wo hast du das her?«, fragte Lea, die sich nicht traute, nach Nadines Beute zu greifen. Schließlich konnte ihre Freundin die Krallen noch schneller ausfahren als Minou.
    »Steckte im Türrahmen und riecht nach Mann, wenn du mich fragst.« Mit diesen Worten überreichte Nadine ihr den Umschlag und schälte sich aus ihrem perfekt auf Taille geschnittenen Mantel.
    Normalerweise hätte Lea zuerst einmal Nadines Outfit bewundert, denn ihre Freundin verfügte über einen Geschmack, der Normalsterbliche beeindruckt nach Luft schnappen ließ. Aber der helle Umschlag duftete auf eine Art, die dafür sorgte, dass alles andere unwichtig erschien. Eine kaum wahrnehmbare Spur nach Schnee und Blut. Aber auch wenn es nicht dieser Duft gewesen wäre, so hätte Lea an der eleganten Handschrift den Absender erkannt. In dunklem Blau stand dort einzig der Name Lea. Unschlüssig rieb sie mit dem Daumen über die feine Struktur des Papiers.
    Das Klicken eines Feuerzeugs riss sie aus ihrer Verzauberung. Nadine hatte den Vorhang beiseitegezogen und blies einen Rauchschwall durchs geöffnete Fenster in die Kälte hinaus.Weiter unten lärmte der Feierabendverkehr.
    »Ich dachte, du hättest das Rauchen aufgegeben«, sagte Lea. Ohne den Brief beiseitezulegen, stellte sie sich neben die Freundin.
    Den einen Arm vor den Bauch gelegt, den anderen elegant auf den Hüftknochen aufgestützt, stand Nadine da. Die Zigarette brannte zwischen ihren schlanken Fingern, die auf derselben Höhe mit ihrem Mund waren. Ihr Gesicht wirkte abgespannt, und ihre Mundwinkel bebten leicht.
    »Ich werde nur rückfällig, wenn ich genervt bin«, erwiderte sie schließlich. »Ehrlich gesagt, bin ich zur Zeit ziemlich genervt. Und dieser Umschlag, den du da anbetest, als enthielte er die Antwort auf alle deine Wünsche, macht das Ganze nicht gerade besser.«
    Lea stöhnte theatralisch auf. »Du hast mir hoch und heilig versprochen, dass Adam heute Abend kein Thema sein würde! >Mädchenabend unter Alkoholeinfluss< - das Motto hast du selbst vorgegeben! Jetzt fängst du schon wieder damit an, mir Löcher in den Bauch zu fragen.«
    Nadine winkte versöhnlich ab. »Alkohol ist das richtige Stichwort zur richtigen Zeit. Ich schlage dir einen Deal vor: Da du aussiehst wie ich morgens früh um fünf nach ein paar lustigen Martinis und unzähligen Zigaretten, bleiben wir heute Abend hier bei dir. Dafür, dass ich dich nicht in die Welt dort draußen zerre, lässt du mich ohne Murren und Unterbrechungen Bericht erstatten, einverstanden?«
    »Bericht erstatten? Worüber?«
    »Schatz«, sagte Nadine und schaute Lea dabei an, als rede sie mit einem begriffsstutzigen Kind. »Ich bin die persönliche Referentin des Managers der bedeutendsten Bank im Umkreis von zigtausend Kilometern. Wenn mich jemand interessiert, brauche ich nur die Fühler auszustrecken, und - schwupps - kann ich dir sagen, welche Sorte von Unterhosen die Person bevorzugt.«
    »Du hast in Adams Kreditkartenabrechnung herumgeschnüffelt?«
    Ehe Lea genug Luft für eine Standpauke

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