Morgens 15.30 in Deutschland
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„GenerationVZ“: Flirtest du noch, oder gruschelst du schon?
Was müssen das für Zeiten gewesen sein, als du vollkommen plan- und WLAN-los zu Hause gesessen und dich verzweifelt gefragt hast: Verdammt, was macht eigentlich jetzt grade um 13:45:10 Uhr AutomaticAndy?! Und was, zum Teufel, würde wohl Melanie N. dazu sagen, wenn sie wüsste, was AutomaticAndy jetzt grade um 13:45:10 macht? Tja, was müssen das für Zeiten gewesen sein? Ganz ehrlich: Keine Ahnung! Diese Zeiten hat es nie gegeben! Du hast dich nie gefragt, was macht grade AutomaticAndy, und dich hat auch exakt null Komma null gejuckt, was Melanie N. dazu sagt! ... Wer sind die beiden überhaupt?! Nicht anders ist es heute, ein 56K-Modem-ISDN-DSL-Jahrzehnt später, nur: Heute sagen sie es dir! Und nicht nur die beiden!
Sobald du den Rechner hochfährst, kommen dir hunderte virtuelle Menschen entgegen gesprungen und erzählen dir Dinge, die du früher nicht mal deinem Teddy anvertraut hättest:
AutomaticAndy, 13:45:10 Uhr: „Meine erste Darmspiegelung hinter mich gebracht. Alles paletti, puh!“
Melanie N.: „Na dann, Prostata!“
Guido gefällt das!
Heute haben wir soziale Plattformen und reden über Probleme, die wir ohne soziale Plattformen gar nicht hätten:
AutomaticAndy, vor einer Stunde: „megamüde, kann nicht pennen“
AutomaticAndy, 14:23:15 Uhr: „immer noch nicht, krieg kein Auge zu, verdammt“
AutomaticAndy, 14:55:57 Uhr: „weiß nicht, woran’s liegt,
kann einfach nicht schlafen“
Ja, ist das ein Wunder?! Junge, dann schalt halt mal den Rechner aus und leg dich hin – dann kannste auch pennen!!!
Dem Sandmännchen gefällt das gar nicht!
Das Fatale an der Sache ist, kaum eine Personengruppe hat mehr Zeit, sich gegenseitig mit überflüssigen Statusmeldungen zuzuschütten, als wir Studenten! Leute, die was zu tun haben, also auch tatsächlich was zu twittern hätten, machen sich im Netz erstaunlich rar. Korrigiert mich, wenn ich danebenliege, aber folgende Statusmeldungen liest man doch eher selten:
Hoi-Chan12: „Puuh, Arsch voll zu tun in der Erzmine!“
Sohal9, vor 18 Stunden: „Der neue Webstuhl ist der Hammer! Endlich keine blutenden Finger mehr!“
Den G8-Staaten gefällt das.
Natürlich kann man’s auch positiv formulieren: Die sozialen Plattformen haben dafür gesorgt, dass jeder mit jedem befreundet ist! Über drei Ecken bist du mit Barack Obama, Osama bin Laden und dem Milchjieper verlinkt. Alle ham sich lieb! Allerdings nehmen durch den Umstand der globalen Freundschaftsflatrate Gespräche auf dem Campus etwas fragwürdige Züge an:
„Sag mal, sind wir nicht Freunde auf ‚facebook‘, im ‚studiVZ‘ und auf ‚bussibaer.de‘“?
„Keine Ahnung, kann sein ...?!“
Wie bitte: „Kann sein“?! Hallo?! War’s nicht mal so, dass man ungefähr wusste, wer die eigenen Freunde sind? Und wer nicht? Interessanterweise hat die radikale Freundschaftsinflation aber nicht dazu geführt, dass einem die Sache insgesamt komplett am Arsch vorbeigeht! Wenn du früher im Kindergarten in der Bärchengruppe jemanden zutiefst kränken wolltest, war die radikalste Drohung, die du aussprechen konntest: „Gib mir auf der Stelle meinen Slimer zurück ... ODER ICH LADE DICH NICHT ZU MEINEM GEBURTSTAG EIN!“
Wenn du heute jemanden bloßstellen willst, kündigst du ihm einfach die Freundschaft im „studiVZ“. Es spielt gar keine Rolle, ob der „Freundschaftsgefeuerte“ dich kennt oder nicht, sicher ist: Er wird sich drei Tage lang in den Schlaf weinen!
Mittlerweile fragt man sich ja auch hin und wieder echt: Wozu stehe ich überhaupt noch fast jeden Tag auf? Inzwischen können wir ja alles vom Bett aus online erledigen! Wir arbeiten im WWW („wikipedia.de“, „hausarbeiten.de“, „sendung-mit-der-maus.de/archiv“), verdienen unser Geld („studi-escortservice.de“) und geben es wieder aus („bwin.com“), treffen Freunde („studivz.net“, „friendscout24.de“, „fdp.de“), haben Affären („livestrip.com“, „elitepartner.de“, „fdp.de“), shoppen rund um die Uhr im Netz („ebay.de“, „amazon.de“, „heman-fan-store.com“) und sehen die neuesten Kinofilme (****.to), bevor sie gedreht wurden.
Aber vor allem: Im Idealfall lernst du heute vom Bett aus deine nächste Bettbekanntschaft im Internet kennen! Das könnte schlechter sein, und man gewöhnt sich verdammt schnell dran, wenn’s einmal geklappt hat! Wenn ich früher ’n
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