Morgenstadt - wie wir morgen leben
anpassen.“ So können sich Türen ohne Schlüssel öffnen und Sitz- und Spiegeleinstellung im Auto automatisch anpassen. Bankgeschäfte benötigen keine Unterschrift mehr, sondern funktionieren mit einem Venenscan von Handfläche und Fingern. Dies erfolgt über ein mobiles Gerät, das jeder als Ausweisersatz dabei hat. Es ist so sicher, dass man es bedenkenlos verwenden kann.
SICHERHEIT IST AUCH EIN GEFÜHL
Technische Mittel allein genügen jedoch nicht, eine Stadt sicher zu machen. Zusätzlich muss auch ein soziales und psychologisches Klima herrschen, das den Bürgern das Gefühl von Freiheit, Geborgenheit und Optimismus gibt. Es ist ein Teufelskreis: Wenn die Bewohner einer Stadt beginnen, sich unwohl zu fühlen, ziehen viele weg. Dadurch stehen mehr und mehr Häuser und Wohnungen leer, verwahrlosen und verfallen. Das zieht Kriminalität an, die Bürger fühlen sich für ihre Nachbarschaft nicht mehr verantwortlich, soziale Netze zerfallen. Dies führt zum weiteren Niedergang eines Viertels oder der Stadt.
Umgekehrt kann auch das zu schnelle Wachstum eines Gemeinwesens zu sozialen und wirtschaftlichen Problemen führen: Gewachsene Infrastrukturen haben so oft keine Chance, sich zu entwickeln, Migranten drängen in die Stadt, Behörden und Ordnungskräfte sind dem Ansturm nicht gewachsen. Es bilden sich unzulängliche provisorische Strukturen heraus, die nur noch schwer zu ändern und zu verbessern sind. Oft können dann scheinbar zusammenhanglose Ereignisse zu plötzlichen Ausbrüchen von Gewalt führen wie etwa zu den sozialen Unruhen in Pariser oder Londoner Vorstädten in den vergangenen Jahren.
Der Anteil der Bevölkerung, der in urbanen Räumen lebt, wird sich bis 2050 auf 70 Prozent erhöhen. Versorgung, Verkehr, Infrastruktur der Ballungsräume gilt es daher besonders zu schützen. Quelle: UN
Unter diesen Gesichtspunkten steht jede Stadt, egal ob alt oder neu, unter einem starken sozialen Druck. Die Stadtplanung muss mit freiwilligen Aktivitäten, politischen Wünschen und menschlichen Bedürfnissen korrespondieren, um zu einem ausgewogenen Miteinander historischer Entwicklung und aktueller Anforderungen zu kommen. Um dies zu erleichtern, arbeiten Forscher des EMI an einer Studie mit, die die Situation mehrerer europäischer Städte untersucht und Indikatoren herausfiltern will, die auf drohende Probleme hindeuten. „Hier spielen die unterschiedlichsten Faktoren eine Rolle“, sagt EMI-Chef Klaus Thoma „etwa die Zusammensetzung der Bevölkerung, Einkommensverteilung, Arbeitslosigkeit, Präsenz der Ordnungskräfte, aber auch die Bebauungsdichte, das Vorhandensein von Erholungsgebieten oder die Altersstruktur der Bewohner.“ Anhand dieses Frühwarnsystems können Politiker dann rechtzeitig gegensteuern.
ÜBERBLICK FÜR RETTUNGSKRÄFTE
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen lassen sich auch in der Morgenstadt nicht alle Katastrophen verhindern. Das gilt vor allem für Naturereignisse wie Erdbeben, Orkane oder Überschwemmungen, aber auch für Terroranschläge oder Unfälle. Dann müssen Rettungsmaßnahmen schnell und zielgerichtet stattfinden, auch wenn die Lage verworren ist. In diesem Fall steht deshalb zunächst das Sammeln und Auswerten aller verfügbaren Informationen im Vordergrund. Das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in Sankt Augustin koordiniert zu diesem Zweck das Projekt PRONTO. Hier stehen nicht Warnungen im Vordergrund, sondern Rückschlüsse auf reale Handlungsempfehlungen, die sich aus der Fülle der Informationen ergeben. Vielfach sind die Personen in Leit- und Rettungszentralen überfordert, wenn zahlreiche telefonische Einzelmeldungen eingehen, und können sich erst nach und nach ein Bild von den Vorgängen machen. Da kann es aber unter Umständen für manche Rettungsmaßnahmen reichlich spät sein.
So etwas geschah beispielsweise am Sonntag, dem 27. Juli 2008 in Dortmund. In den Stadtteilen Marten und Dorstfeld fiel in fünf Stunden so viel Regen wie sonst nur in dreiMonaten: 200 Liter pro Quadratmeter. Die Emscher und ihre Zuflüsse konnten die Wassermassen nicht mehr aufnehmen. Als immer mehr Hilferufe von Betroffenen bei der Polizei eintrafen, brachte man diese zunächst nicht in einen Zusammenhang, da sie aus unterschiedlichen Straßen, ja Stadtteilen kamen. Erst ganz allmählich stellte sich das Ausmaß der Katastrophe heraus. Insgesamt kam es damals nach Auskunft des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft zu Schäden in
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