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Morgenstadt - wie wir morgen leben

Morgenstadt - wie wir morgen leben

Titel: Morgenstadt - wie wir morgen leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joerg Bullinger
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in diesem Zusammenhang von einer „Atomisierung“ der Liefermengen. Andreas Roeren, Sprecher des Markenvorstands Volkswagen Nutzfahrzeuge, bestätigt diesen Trend und benennt seine Folgen: „Auf Basis einer Modellrechnung für den Großraum Köln führt der Online-Handel zu einem Rückgang des motorisierten, privaten Einkaufsverkehrs um 7,7 Millionen Fahrzeugkilometer bei gleichzeitiger Zunahme des Lieferverkehrs um 1,8 Millionen Fahrzeugkilometer. Eine Entlastung von 5,9 Millionen Fahrzeugkilometern, die sich insbesondere auf die Innenstadt auswirkt, während der Lieferverkehr vor allem im Umland und in den Stadtbezirken zunimmt.“ 113
    Nach Dr. Christoph Windheusers Ansicht lassen sich diese Zuwächse nur dann ökologisch schonend bewältigen, wenn eine Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Händlern stattfindet. Transport, Anlieferung und Verteilung sollten künftig nicht von jedem Handelshaus einzeln organisiert werden, sondern von allen gemeinsam. „Schon heute haben angesichts der Staus auf den Straßen manche Hersteller Probleme, ihre Lieferungen rechtzeitig in die Filialen zu bringen“, sagt er. „Deshalb ist es sinnvoll, Lieferströme zu bündeln. Der Wettbewerb findet im Supermarktregal statt, nicht auf dem LKW. Wir schlagen vor, sogenannte Urban Hubs einzurichten, das sind logistische Zentren am Stadtrand, von denen aus dann ein neutraler Dienstleister die Verteilung in den Innenstädten vornimmt.“ Das hätte einige Vorteile: Die Händler teilen sich die Kosten – so kann man beispielsweise auch in umweltfreundliche Elektrofahrzeuge investieren –, und die Effizienz steigt, weil die Laderäume besser ausgenutzt werden und nicht so viele Fahrten nötig sind.
    Im größten deutschen Ballungsraum, dem Ruhrgebiet, soll diese Idee in den kommenden Jahren in einem Pilotprojekt in die Tat umgesetzt werden. „Im Raum Dortmund-Bochum-Essen ist ein solcher Urban Hub geplant“, weiß Christiane Auffermann. Sie und ihre Abteilung im IML beschäftigen sich gemeinsam mit Windheuser mit Konzepten einer innovativen Distribution der Handelsunternehmen, die auch zunehmend Internetbestellungen und ihre Konsequenzen auf die Logistik betreffen. „Diese sind dabei keineswegs nur auf junge, internetaffine Nutzer beschränkt“, sagt die Forscherin, „auch immer mehr Personen über 50 nutzen diesen Vertriebsweg. Häufig nennt man sie die Silber Surfer.“
    Die elektronischen Kunden werden künftig nicht nur zu Hause ihre Bestellung in den Computer eintippen, sondern auch die Möglichkeiten des Mobile Commerce nutzen. Die Firma Tesco hat das Verfahren in Korea schon ausprobiert – nach Firmenangaben mit durchschlagendem Erfolg. Es funktioniert so: In U-Bahnhöfen hat das Unternehmen große Tableaus angebracht, auf denen Lebensmittel abgebildet sind, jeweils mit einem Quick-Response-Code versehen. Fotografiert man mit dem Handy das Produkt bzw. seinen Code, lässt es sich automatisch bestellen. Der Warenkorb mit dem Einkauf wird dann noch am selben Abend ins Haus geliefert. „Wir machen damit die Wartezeit unserer Kunden zur Einkaufszeit“, freut sich Tesco, das in Korea unter dem Namen HomePlus firmiert. 114 Und die Nutzer müssen nicht mehr ihre Freizeit opfern, um in Supermärkten Schlange zu stehen.
LADERÄUME BESSER NUTZEN
    Die Fahrzeuge, mit denen die Lieferungen in der Stadt bewältigt werden, zeigen künftig wohl eine weitaus größere Bandbreite als heute. Sogar unterirdische Transportsysteme, die eine völlige Trennung der Güter vom Personenverkehr erlauben, wären möglich. Vorarbeiten dazu gibt es schon an der Ruhr-Universität Bochum, wo das System Cargo-Cap entwickelt wird, und in der Schweiz. Dort planen Forscher der Fachhochschule Nordwestschweiz das Projekt Swiss Cargo-Tube. 115
    Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI legen in ihrer Studie „Vision für nachhaltigen Verkehr in Deutschland“ nahe, dass „im städtischen Warenverkehr … 2050 vornehmlich elektrische Lieferfahrzeuge eingesetzt [werden]. Hierdurch wurde neben der Umwelt- und Klimawirkung das Lärmproblem in Wohngebieten umgangen, wodurch die Lieferzeitfenster deutlich ausgedehnt werden konnten.“ 116 „Ideal wäre, wenn alle Fahrzeuge emissionsfrei fahren“, sagt Uwe Clausen, „da kann es dann viele Varianten geben: vom Elektro-LKW bis hin zum Wiederaufleben der Zweiräder. Schon heute erledigen ja Fahrradboten viele Aufträge in der Stadt, und auch das Lastenfahrrad wird es wieder

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