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Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Titel: Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Wolf
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schwerer, als es ohnehin schon ist.«
    »Du kennst mich doch auch nicht und willst mich trotzdem haben.« Ich überlege kurz. »Oder ist es einfach nur, weil du so einsam bist?«
    »Nein, Maya.« Er hebt eine Hand und streicht mir über den Kopf. Ich habe das Gefühl, von innen her zu verbrennen, wenn ich mich nicht sofort an ihm abkühle.
    »Einsam bin ich schon viel länger«, fügt er hinzu. Ich bemerke, dass es still geworden ist im Raum und sehe mich um. Alle starren Nevis an, der seine Hände immer noch auf mir hat.
    »Lässt du dich etwa von seiner Ich-bin-so-einsam-Masche einlullen?«, fragt Sol überrascht. Ich würde ihn am liebsten dafür ohrfeigen.
    »Ich glaube, dass das keine Masche ist«, sage ich und sehe zu Nevis, der den Sommer verbissen anstarrt und seine Hände runternimmt.
    »Nun, einsam sind wir alle«, wirft Aviv ein.
    »Wir jammern nur nicht so herum.« Sols Stimme trieft vor Empörung. Dieser Streit um mich trifft mich hart. Die vier sind Brüder, sie sollten zusammenhalten, aber alles, was ich sehe, ist Rivalität. Ich will nach Hause, weg von hier. Mein Heimweh dröhnt so sehr in meinen Ohren, dass ich gar nicht verstehe, was Nevis antwortet. Ich sehe nur, dass es Aviv und Sol aufregt, während Jesien immer noch ruhig dasitzt und die Augenbrauen hochgezogen hat. Gaia wirkt merkwürdig gefasst, als die Männer anfangen sich anzuschreien. Sie dreht sich von der Wand weg und schließt die Augen.
    »Hört auf, hört auf!«, brülle ich in den Streit hinein. Ich will nicht, dass sie um mich streiten, wie Kinder um ein Spielzeug. Vor lauter Wut rollen mir Tränen über die Wange. Als ich das registriere, ergreife ich die Flucht. Der Gang, der mich zu meinem Zimmer führt, kommt mir unheimlich lang vor, besonders weil ich das Gefühl habe, dass ich verfolgt werde. Ich kann mir zwar denken, dass Jesien mir nachgelaufen kommt, aber nicht mal mit ihm will ich jetzt sprechen. Als ich in mein Zimmer komme und die Tür hinter mir schließen will, stelle ich erstaunt fest, dass nicht Jesien mir gefolgt ist, sondern Nevis. Geschockt erstarre ich zur Salzsäule und sehe ihn an.
    »Bitte nicht weinen, Maya«, fleht er, drückt die Tür so weit auf, dass er durchkommt und zieht mich einfach in seine Arme. »Das ertrage ich noch weniger, als dich zu verlieren. Bitte weine nicht.«
    Jetzt brechen in mir erst recht alle Dämme. Er duftet so klar und frisch, seine Haut ist so warm und es fühlt sich so gut an, in seinen Armen zu liegen. Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Brust und genieße seine Körperwärme an meiner Wange. Egal, wie klirrend kalt seine Heimat auch sein mag, wenn er mich so in den Arm nimmt, werde ich mich immer geborgen fühlen. Alles in mir schreit nach ihm, es ist wieder so, als wolle mein Herz durch meine Rippen brechen und in seine Brust krabbeln. So etwas habe ich vor ihm noch nie gefühlt. Noch nie.
    Herzklopfen, höre ich Gaias Stimme in meinem Kopf, als sich Nevis von mir löst und mit einem verwundeten Blick in den Augen von mir zurückweicht und die Flucht ergreift.

6. … DEN FRÜHLING, DEN SOMMER, …

    Ich bin in einem finsteren Raum, alles ist still, niemand ist bei mir und dennoch fühle ich keine Angst. In mir ist nur eine unbekannte Schwere, die mich zu Boden zieht, also verharre ich auf dem glatten Boden, der sich wie Glas anfühlt. Mein Kopf sinkt unter einer unsichtbaren Last nach unten, bis plötzlich ein bläulicher Schimmer neben mir meine Aufmerksamkeit direkt auf sich lenkt. Ich hebe meine Hand und berühre eine Art Wand aus Eis. Sie funkelt in verschiedenen Blautönen und erinnert mich an – Nevis. Er erscheint hinter der Eiswand und legt eine Hand direkt auf meine. Die Wand ist nicht kalt, aber sie verzerrt das Bild des Winters ein wenig, bricht sein Antlitz in viele kleine Eiskristalle, die mein Gehirn wieder zu seinem Bild zusammensetzt.
    »Nevis?«
    Er schüttelt den Kopf. Er hört mich nicht. Dafür höre ich aber in weiter Entfernung ein merkwürdiges Summen und Brummen. Es ist nicht unangenehm, aber irgendwie passt es nicht in die Stille hinein, die meine merkwürdige Umgebung innehat.
    Ich schlage meine Augen auf und sehe in Avivs grüne Augen.
    »Maya?«, brummt er leise. »Maya, du musst aufstehen. Wir müssen los.«
    »Was?«, murmele ich verwirrt und setze mich auf.
    Aviv lächelt. »Wir müssen in den Frühling, Schlafmütze.«
    Müde sehe ich zu dem Erker hinüber, wo der Kirschblütenbaum noch nicht in voller Pracht erblüht ist. Es muss also noch

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