Morituri - Die Todgeweihten
ausgesprochen gut gelaunt. Alles lief wie am Schnürchen. Raschid wollte, dass er zufrieden blieb, und so lobte er ihn für seinen Auftritt.
»Der Trick, den Sie da gerade angewandt haben, wurde von einem wahren Meister erfunden«, sagte Raschid. »Er wurde Rossthomas genannt.«
»Und was heißt das?« erkundigte sich Kenna mit gewölbten Augenbrauen.
»Das heißt, dass jetzt sämtliche Blödmänner in dieser Stadt auf Ihrer Seite sind«, antwortete Raschid.
Kenna lachte, bis sie im Hauptquartier eintrafen.
Es folgten andere Treffen mit Schlüsselfiguren, die bestochen, ein geweiht oder auf Linie gebracht werden mussten, zumeist in einer Kombination aus allen drei Verfahren. Die Resultate sahen zum Glück alle sehr ähnlich aus.
Ein Treffen wollte Raschid jedoch auf jeden Fall allein durchziehen.
Der Name der Gangsterchefin war Pavy. Sie galt als die härteste, schlauste und unerbittlichste Figur des gesamten kriminellen Hochadels von Dusable. Ihr unterstanden ein Dutzend der größten unabhängigen Bezirke. Hier durchlief nicht eine einzige Münze das System, an der sie nicht ihren Anteil hatte. Sie hatte ihre Finger in allen möglichen illegalen Geschäften, angefangen von Joygirls und Joyboys bis hin zu harten Betäubungsmitteln. Die bissigsten und am besten informierten Kredithaie arbeiteten für sie, und ihre Diebe waren die gerissensten. Außerdem sah Pavy atemberaubend aus.
Sie war mittelgroß, doch in dem enganliegenden Body, den sie trug, als sie Raschid empfing, schienen ihre Beine bis in die oberen Atmosphäreschichten hinaufzuragen. Sie hatte schwarzes, sehr kurz geschnittenes Haar; so schwarze Augen wie die ihren hatte er noch nie zuvor gesehen, und in den Pupillen glitzerte ihre Intelligenz wie zwei harte, diamantene Punkte. Sie trafen sich in einem kleinen gemütlichen Raum tief im Innern des einen Quadratkilometer umspannenden Sündenlabyrinths, das sie The Club nannte.
Nachdem sie sich einander vorgestellt hatten, schickte Pavy ihre vierschrötigen Assistenten hinaus. Raschid war bereits in dem bombensicheren Raum direkt hinter dem Eingang peinlichst genau gefilzt worden. Natürlich konnte Raschid jederzeit diesen langen, schlanken Hals zerquetschen, das wusste sie ebenso gut wie er. Trotzdem hatte sie ihre Leibwächter hinausgeschickt. Ihr Blick verriet ihm, dass diese Frau ihn bereits taxiert hatte. Er war gekommen, um einen Deal zu machen, nicht um zu töten.
Nachdem die Aufpasser gegangen waren, schenkte sie die Gläser mit ihrem aromatischen Lieblingslikör nach, streifte die juwelenbesetzten Sandalen von den Füßen und ließ sich auf das weiche Sofa fallen, wo sie die Beine unter sich zog. Sie nickte Raschid prostend zu und nippte an ihrem Glas. Er tat es ihr gleich.
»Und jetzt verraten Sie mir doch, was Sie zu mir führt«, schnurrte sie. Raschid verfiel in keiner Sekunde auf die Idee, dass dieses Schnurren etwas anderes als das Knurren eines sehr blutrünstigen Tigers sein könnte.
Er breitete sein Programm von ihr aus. Das Spiel sei bereits abgekartet, erläuterte er ihr, obwohl er nicht versprechen konnte, wie es ausgehen würde. Pavy nickte. Die Vorbereitungen waren von Kennas Leuten mehr als befriedigend getroffen worden. Dann sagte er, was er von ihr erwartete, wobei er lediglich die Kernpunkte andeutete; die Details konnten auch später noch ausgemalt werden. Je länger er redete, um so mehr verzogen sich Pavys Lippen zu einem Lächeln. Was sie da hörte, sagte ihr zu. Da würde jemand ziemlich tief in die Tasche greifen müssen. Sie lachte einige Male laut auf und sagte ihm dann, was sie als Gegenleistung dafür erwartete. Eine Summe, mit der man bequem einen kleineren Planeten ein ganzes Jahr lang hätte unterhalten können. Raschid drückte den Preis um ein Viertel, und auch das nur, weil er spürte, dass sie ihm misstraut hätte, wenn er es nicht einmal versucht hätte. Mit der nächsten Frage überraschte ihn Pavy.
»Was ist für Sie drin?« fragte sie. »Welchen Preis haben Sie Kenna genannt?«
»Ich habe noch nichts verlangt«, erwiderte Raschid.
»Das ist weise«, sagte Pavy nickend. »Wenn Sie gewinnen, können sie mindestens soviel verlangen, wie er mir gibt.«
Raschid dachte, dass sie wahrscheinlich recht hatte. Tatsächlich hatte Kenna ihm die gleiche Frage gestellt. Was verlangte Raschid als Gegenleistung? Er hatte gewusst, dass er Kenna nur verwirren würde, wenn er ihm sagte, er würde sich erst dann Gedanken darüber machen, wenn die ganze
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