Morituri - Die Todgeweihten
über Bord. Walshs Taktik verlangte nach Rache. Er würde den kleinen Saukerl unter einem Erdrutsch von historischen Ausmaßen begraben.
Als er seinen Wahllistenführer aufstöhnen hörte, sprang Yelad aus dem Sessel. Was war denn jetzt schon wieder?
Walshs Stimmen wurden durchgegeben. Besser gesagt: sie fluteten herein. In einem Bezirk nach dem anderen trug er einen berauschenden Sieg davon!
Eine halbe Stunde später war Yelad plötzlich wieder nüchtern. Er steckte tief im Dreck. Walshs Marge lag so hoch, dass Yelad jeden einzelnen seiner Toten aus den Registern in die Waagschale werfen musste. Er stärkte sich für diese Aufgabe, indem er die halbe Flasche austrank. Sehr gut! Er würde jetzt schon tun, was notwendig war. Egal, was auch passierte, er war der alte und der neue Tyrenne!
Ungeduldig befahl er seinem Wahllistenleiter, mit der Auszählung der Bezirke zu beginnen. In Erwartung einer langen Nacht lehnte er sich zurück.
Die Nacht gestaltete sich sehr kurz. Eine Stunde später schon dämmerte ihm die schreckliche Wahrheit.
Yelads Stimmenanteil war nahezu verschwindend gering.
Erst viel später kam er darauf. Jemand hatte am Computer gedreht. Immer wenn irgendwo auf Dusable einer seiner treuen Wähler auf den Knopf drückte, wurde seine Stimme als Stimme für Walsh gewertet. Das offizielle Ergebnis wies ihm kaum mehr als eine halbe Million Stimmen zu.
In dieser Nacht konnten die Toten von Dusable unbehelligt in ihren Gräbern ruhen.
Yelad hatte verloren.
Von Stund an haftete ihm der ironische Beinamen »Erdrutsch-Yelad« an.
Raschid nahm nicht an der Siegesfeier von Walsh und Kenna teil. Statt dessen traf er sich insgeheim mit Solon Kenna in dessen Büro. Die Zeit war reif, den Preis festzusetzen.
Der Gedanke war ihm gekommen, während er den Ausgang der Wahl an der Livie-Box verfolgt hatte. Sofort hatte ihn ein überwältigendes Gefühl der Dringlichkeit überfallen. Er musste handeln. Rasch.
Als er zu seinem in aller Eile einberufenen Treffen mit Kenna eilte, begannen die dichten Wolken, die die ganze Zeit über in seinem Kopf gebrodelt hatten, sich allmählich zu lichten.
Er hatte den letzten Test bestanden.
Kenna war erleichtert, als Raschid ihm mitteilte, was er verlangte: ein schnelles Schiff, vollbeladen mit soviel AM 2 wie hineinpasste, und startbereit in sechs Stunden. Kenna fand diesen Lohn nicht der Rede wert. Er hatte schon damit gerechnet, Raschid würde sämtliche Truhen mit der Mordida fordern. Dabei wäre nicht einmal dieser Preis zu hoch gewesen. Tatsächlich war Raschids Wunsch aus Kennas Perspektive gesehen so bescheiden, dass sich selbst Kennas verbrecherische Seele vor Scham zusammenkrampfte.
»Bist du dir ganz sicher?« stieß Solon Kenna hervor. »Können wir nicht mehr für dich tun?«
»Vielleicht könnt ihr das«, kam die Antwort. »Ich weiß es aber noch nicht genau. Im Moment wäre es mir recht, wenn du einfach nur am Ball bliebest. Genieß dein Leben. Ich werde mich wieder bei dir melden.«
Dann schüttelte der Ewige Imperator einem unermesslich glücklichen Politiker die Hand.
Kapitel 25
Der Schlüssel zum Königreich sah ziemlich unauffällig aus; absichtlich. Es war ein kleiner Mond, einer von mehreren Dutzend größeren und kleineren Monden, die um einen jupiterähnlichen Planeten kreisten. Das System war aus zwei Gründen erwähnenswert: es hatte keinerlei kommerziellen Wert, und es lang zwei Schritte jenseits von nirgendwo.
Der kleine Mond war vor mehreren Jahrhunderten ausgebaut worden. Man hatte dafür einen Asteroiden aufgrund seiner Größe und seiner Wertlosigkeit ausgesucht und Raumarbeitstrupps dafür bezahlt, dass sie nach einem bestimmten Vorgabemuster Gräben in diesen Asteroiden gruben und anschließend Kabel in diese Gräben verlegten. Danach wurden die Gräben wieder zugeschüttet. Die erste Mannschaft wurde ausgezahlt und den Leuten erzählt, dass ihre Arbeit Teil eines geheimen Imperialen Projekts sei. Dann brachte man eine zweite Mannschaft herbei, die einen kleinen unterirdischen Schutzraum errichtete, und außerdem, in nur wenigen Kilometern Entfernung, ein unterirdisches Dock, das von dem Schutzraum durch einen steilen Höhenzug getrennt war. In den Schutzraum hinein wanderten Generatoren, Versorgungsgüter und mehrere höchst moderne, nicht näher bezeichnete Funkgeräte. Dann wurde die zweite Mannschaft ausgezahlt. Im Lauf der Zeit kamen die Leute, die bei den Arbeiten der einen oder anderen Mannschaft beteiligt waren, zu dem
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