Morituri - Die Todgeweihten
gegangen. Dort erfuhr sie, dass sie sich nicht getäuscht hatte. Ihre Stimmung hob sich dadurch nicht gerade. Nicht nur, dass es keine Mordida einzusacken gab, obendrein schien auch noch jeder Bürger geradezu darauf versessen zu sein, sich mit ihr anzulegen oder sich über sie lustig zu machen.
Ihre Hauptaufgabe bestand darin, Yelads falsche Wähler vor den Wahllokalen in Empfang zu nehmen. Sie und ihr sechsköpfiges Team sollten sie von den A-Grav-Gleitern jagen, sicherstellen, dass sie zügig und korrekt wählten, sie dann wieder auf die Fahrzeuge verfrachten, woraufhin sie zum nächsten Lokal gekarrt wurden.
Doch fast niemand zeigte sich. Skinner ging kurz nach ihrer Ankunft an den Hörer. Beim ersten Mal kreischte ihr die aufgeregte Stimme am anderen Ende ins Ohr, dass alles nur etwas durcheinander und dadurch in Verspätung geraten sei. Beim zweiten Mal die gleiche Geschichte. Von da an waren sämtliche Leitungen nach draußen blockiert. Schockiert musste Skinner erkennen, dass sich in ganz Dusable die gleiche Sache ereignete. Polizisten wie sie versuchten voller Panik den gleichen Anruf zu tätigen.
Na schön. Dann musste sie sich eben möglichst bedeckt halten, ihren Job verrichten und sich zu Hause betrinken, sobald die Wahl vorüber war.
Während der ganzen Nacht kamen nur eine Handvoll A-Grav-Gleiter an. Aber auch das war kein Trost. Denn bei jedem Wahllokal erwartete sie eine Überraschung. Joygirls und Joyboys waren massenhaft auf der Straße, beschützt von jeder Menge Gangsterzuhälter, denen Skinner sich nur mit ernsthaften Selbstmordgedanken in den Weg gestellt hätte. Die Lustverkäufer stolzierten auf die Wähler zu, versprachen ihnen ein wenig hiervon und etwas mehr davon, und schon war die Sache geritzt. Die Gunst der Wähler verlagerte sich von Yelad auf Walsh. Die Belohnung dafür: einige süße Minuten an einem nahe gelegenen dunklen Ort.
Skinner konnte nichts daran ändern. Dazu hatte sie nicht genug Schlagkraft hinter sich. Nach einer gewissen Zeit wurde sie selbst geil, und als sie den letzten Anlaufpunkt erreicht hatte, wusste sie nicht mehr genau, ob sie zu sauer war, um geil zu sein, oder zu geil, um sauer zu sein.
Dann fiel ihr Blick auf einen der Joyboys, der vor der langen Schlange der Wähler paradierte. Als sie sein lockiges Haar und den weichen Mund sah, waren sämtliche Bedenken wie weggeblasen.
Lieutenant Skinner kramte ihre Wahlkarte heraus und stellte sich hinten in der Schlange an.
Was war schon dabei? Also gab auch sie ihre Stimme Walsh.
In den Cairenes, insbesondere auf Dusable, herrschte ein verrücktes mechanisches Gesetz, das zu jeder Wahlperiode Zuschlug. Die Wahlen waren erst dann abgeschlossen, wenn der Hauptcomputer durchdrehte und abstürzte. So blieb es dann die halbe Nacht, während ganze Teams sündhaft teurer Techs herbeigeschafft wurden, sich mit seinem Innenleben auseinandersetzten und über bitterem Kaff die Köpfe schüttelten.
Nach geraumer Zeit stießen die Techs dann ihr Siegesgeschrei aus, der Computer sprang wieder an, zählte die Stimmen korrekt bis zum Ende und spuckte das Ergebnis aus.
Bei diesem letzten Akt hatte es nie eine Überraschung gegeben. Yelad gewann immer.
Der Tyrenne rannte mit seinen besten Helfern in seinem gähnend leeren Büro hin und her. Trotz der Alpträume, die ihn den ganzen Tag und die halbe Nacht über verfolgt hatten, war er einigermaßen guter Stimmung, wobei bestimmt die beträchtliche Menge Alkohol, die er intus hatte, ihr Teil betrug. Zusätzlich half die Tatsache, dass das mechanische Gesetz von Dusable exakt zum richtigen Zeitpunkt zuschlug. Gerettet durch einen Computerabsturz! Yelad schnaubte, nahm einen Schluck aus der Flasche und raunzte den Chef seiner Wahllistenführer an. Der Bildschirm auf Yelads Schreibtisch leuchtete auf. Jetzt würde er es gleich wissen.
Eigentlich müsste jetzt – verdammt noch mal, es hatte immer so funktioniert! – die eigentliche Auszählung beginnen. Der zusammengebrochene Computer würde wieder in Aktion treten und als erstes die Feindbezirke anzeigen. Damit kannte Yelad die Stärke des Feindes. Dann würde er seine eigenen Stimmen auszählen lassen, und den Sieg jeweils durch die Millionen Stimmen aus dem Friedhof ausbauen, die er bis dahin in der Hinterhand behielt.
Er musste dabei sehr vorsichtig vorgehen. Wenn er gar zu offensichtlich betrog, verdarben ihm aggressive Nachfragen das erste Jahr der neuen Amtsperiode. Diesmal jedoch warf Yelad sämtliche Bedenken
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