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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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gewaschen. Du achtest auf dein Äußeres. Verdammt noch mal, du siehst sogar richtig hübsch aus.«
    Tess schnaubte verlegen und wurde tatsächlich ein wenig rot.
    »Was meinst du? Wer nimmt dich immer in Schutz, wenn die anderen nicht ganz so hübschen Mädchen mal wieder aus Neid Lügengeschichten über dich in die Welt setzen, hm ?«
    Tess rollte mit den Augen.
    »Das bin ich«, sagte Egino leise. »Also nimm mich ernst, wenn ich mit dir rede! Das ist ein Flugblatt, das zurzeit draußen die Runde macht.«
    Tess sah sich erschrocken um. »Bist du verrückt? Wenn man mich damit erwischt, schmeißt man mich hochkantig aus dem Heim!«
    »Dann lass dich halt nicht damit erwischen.«
    »Von wem hast du das?«, fragte sie aufgeregt. Nachrichten von draußen waren rar. Nur selten gelang es jemandem, eine Zeitung oder einen Brief hereinzuschmuggeln.
    »Von einem Neuzugang. Hör zu, offensichtlich geht nicht nur hier im Waisenhaus alles vor die Hunde. In Lorick und wahrscheinlich auch im ganzen Land herrscht Aufruhr. Viele hungern, weil sie keine Arbeit mehr haben. Die wenigen, die schon immer reich waren, werden noch reicher. Ich wette mit dir, Visby hat seine Schäfchen längst ins Trockene gebracht. Er gehört zu denen, die von unserer billigen Arbeit profitieren. Wo geht denn das ganze Geld hin? Steckt er es etwa ins Waisenhaus? Wohl kaum! Nein, es wird Zeit, dass wir endlich gerecht behandelt werden. Ich schlage vor, du liest das Flugblatt, wenn du nachher in der Bibliothek bei deinen Büchern sitzt. Wir können uns heute Abend darüber unterhalten.«
    Im Treppenhaus trennten sich ihre Wege. Egino hatte bis heute in der Küche gearbeitet, aber nach der Geschichte mit dem Apfel hatte man ihn in die Wäscherei versetzt, wo man den ganzen Tag im heißen Wasserdampf stand und sich entweder an der heißen Lauge verbrühte oder sich beim Spülen der Wäsche die Hände abfror.
    Tess war ganz aufgeregt, als sie die Tür zum Büchersaal aufschloss und die Jacke ihrer grauen Heimuniform an die Garderobe hängte. Frau Hamina, die Bibliothekarin, würde erst in einer Viertelstunde kommen, und eigentlich sollte Tess bis dahin die zurückgegebenen Bücher einsortiert haben, aber sie war zu neugierig.
    Hastig setzte sie sich an ihren Tisch und breitete das Stück Papier aus, das in ihrer schwitzigen Hand feucht geworden war. Die Buchstaben waren so groß gedruckt, dass sie ihr förmlich ins Gesicht sprangen.

 
    BÜRGER MORLANDS!
Während unsere Kinder des Hungers sterben,
profitieren die Herrschenden von unserem Unglück,
indem sie für immer mehr Arbeit immer weniger zahlen.
Deswegen fordern wir:
    SCHLUSS MIT DEM HUNGERREGIME!
SCHLUSS MIT DER UNTERDRÜCKUNG!
Wir rufen euch auf:
     
    Legt eure Arbeit nieder. Sofort. Unbefristet. Umfassend.
DIE BEWEGUNG KOMMT VON UNTEN –
GEMEINSAM SIND WIR STARK!
     
    gez.: Die Armee der Morgenröte
     
    Tess las das Flugblatt immer und immer wieder. Was sie so erregte, war nicht so sehr dessen Inhalt. Die Bewegung kommt von unten. Gemeinsam sind wir stark. Das war nicht sonderlich originell. Nein, was ihre Hände zittern ließ, war die Tatsache, dass dieses Flugblatt überhaupt existierte! Immer wieder hatten sie von den Zuständen in Lorick gehört, das meiste jedoch für Gerüchte gehalten. Manche Geschichten waren wie ein Schneeball, der von Umdrehung zu Umdrehung wuchs, obwohl der eigentliche Kern nur ein kleiner Stein war. Und doch konnte dieser Kern, dieses Quäntchen Wahrheit, eine alles zerstörende Lawine auslösen. Dass dieses Flugblatt die Macht dazu hatte, spürte sie sofort. So schienen also die Geschichten zu stimmen, die man sich erzählte. Es stand schlecht um Morland. So schlecht, dass sich zumersten Mal seit langer Zeit eine Person oder eine Gruppe zu Wort meldete, um die Unzufriedenen zu vereinen und sich zu wehren.
    Mit zitternden Händen faltete Tess das Blatt zusammen. Zunächst wollte sie es einstecken, doch dann entschloss sie sich dazu, es zu vernichten. Sie hielt das Pamphlet in den Glaskolben einer Petroleumlampe, die Frau Hamina immer brennen ließ. Augenblicklich fing es Feuer. Tess ließ es in ein Waschbecken fallen und wartete, bis es vollständig verbrannt war. Dann drehte sie den Wasserhahn auf, um die letzten Spuren zu beseitigen. Mit klopfendem Herzen machte sie sich endlich an die Arbeit und räumte die Bücher ein.
    Das Abendessen im großen Speisesaal bot Tess die einzige Möglichkeit des Tages, sich ungestört mit Egino auszutauschen. Am Vormittag, während

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