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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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geschehen?
    Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war die Wut, die ihn überkommen hatte, als dieser Marklund ihm auf den Kopf zugesagt hatte, Hakon würde sein Publikum betrügen. Was hatte dieser Kerl eigentlich gedacht? Dass Hakon tatsächlich ein übersinnliches Talent besaß und wirklich zaubern konnte? Mein Gott, wer in eine Zirkusvorstellung ging, der wusste doch, dass das alles nur Illusionstheater war. Mit echter Magie hatte das nichts zu tun. Und doch hatte es dieser Quadratschädel geschafft, Hakon mit seiner selbstgerechten, neunmalklugen Art auf die Palme zu bringen und richtig wütend zu machen.
    Und dann hatte es Klick gemacht und in seinem Kopf war ein Fenster aufgestoßen worden, durch das das Leben dieses Marklund hereingeströmt war. Er wusste nicht, wie er es beschreiben sollte, aber in dem Moment hatte die Welt ihre Geradlinigkeit verloren, es gab kein Woher mehr und auch kein Wohin.
    Hakon hatte das nicht bewusst herbeigeführt, obwohl die Wut in ihm nach einem Weg gesucht hatte, diesem Mann zu zeigen, dass er nur ein dummer Bauer war, der es sich dreimal überlegen sollte, sich mit jemandem wie Hakon anzulegen.Als die Leben des Mannes, seiner Frau und seines Nachbarn plötzlich wie ein offenes Buch vor ihm lagen, hatte er nicht anders gekonnt, als diese umfassende Macht zu genießen. Hakon hatte sich stark, unverletzlich und unbesiegbar gefühlt. Dies war kein Taschenspielertrick gewesen. Hakon wusste nicht, wie er es nennen sollte, aber in diesem Moment hatte es sich wie echte Magie angefühlt.
    Ihm wurde ganz heiß. Er fragte sich, ob es nur eine Art Anfall war, der ihn wie ein Fieber heimgesucht hatte, oder ob er dieses Gedankenlesen steuern konnte. Wenn ja, dann brauchte sich sein Vater keine Sorgen mehr machen. Dann wäre seine Nummer der Höhepunkt des Abends. Eine Sensation. Man müsste natürlich die Presse einladen, damit auch wirklich jeder am anderen Tag wusste, dass im Zirkus Tarkovski Dinge geboten wurden, die man selbst in Lorick noch nie gesehen hatte.
    Hakon hätte es am liebsten sofort ausprobiert, aber er hatte Skrupel, in die Köpfe seiner Eltern oder seiner Schwester zu schauen. Das wäre peinlicher gewesen, als sie nackt zu sehen. Er musste sich so schnell wie möglich ein anderes Versuchsobjekt suchen.
    Am späten Nachmittag des zweiten Tages tauchten in der Ferne die nördlichen Vororte Loricks auf. Hakon saß zwischen seinem Vater und seiner Schwester Nadja auf dem Kutschbock und betrachtete skeptisch die Silhouetten der Hochhäuser, die in das schmutzige Grau des Nebels ragten, der über der Stadt lag und vom Rauch unzähliger Fabrikschlote genährt wurde. Es war ein ernüchternder Anblick. Soimposant dieses Häusermeer auch sein mochte, Lorick war kein Ort, an dem Hakon lange bleiben wollte.
    Seit Stunden suchten sie nun schon in den ländlichen Randbezirken der Stadt nach einem Stellplatz für die Wagen. Erst bei einem Hof, auf dem nur noch eine alte Frau lebte, hatten sie mehr Glück.
    »Das macht zweihundert Kronen in der Woche«, nuschelte die Alte. Ihr Gebiss bestand nur noch aus vier oder fünf holzbraunen Zähnen. »Zahlbar im Voraus.« Sie streckte die Hand aus. Ein unangenehmer Geruch nach saurer Milch ging von ihr aus. Um ihre dürren Beine strich eine fette Katze.
    Boleslav zog seine Geldbörse hervor und gab der Bäuerin ohne zu murren vier Scheine. Sie steckte das Geld in die Tasche ihrer schmutzstarrenden Schürze.
    »Ihr könnt die Wagen hinter der Scheune auf die Weide stellen. Wenn ihr wollt, kann ich euch auch noch mit Milch, Eiern und Käse versorgen. Kostet aber extra.«
    Hakon tauschte mit seiner Schwester vielsagende Blicke. Irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, dass der Hof dieser Frau etwas Genießbares hergab.
    Boleslav pfiff auf den Fingern. »Hesekiel ?«
    Der Dompteur kletterte von seinem Wagen herunter. »Ja, was ist?«
    »Für die nächste Woche werden wir dort drüben unseren Stellplatz haben. Kannst du dich darum kümmern? Ich muss dringend in die Stadt fahren und uns eine Auftrittserlaubnis besorgen.«
    »In Ordnung, Chef.« Hesekiel machte ein besorgtes Gesicht. »Dann drück ich uns mal die Daumen.«
    »Ich auch«, sagte Boleslav.
    »Können Nadja und ich mitkommen?«, fragte Hakon. »Bitte. Wir sind noch nie in der Innenstadt gewesen und würden uns gerne ein wenig dort umschauen.«
    Boleslav schaute seine Kinder unschlüssig an. »Na, also gut«, sagte er. »Aber wir machen keine Vergnügungstour, damit das klar ist. Ich

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