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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Es verschlug Hakon den Atem, als er diesen Palast aus Stahl und Glas sah. Obwohl die Konstruktion Tonnen wiegen musste, spannten sich die Kuppeln wie Libellenflügel über Gleise, die sich kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof immer weiter auffächerten. Die mittleren Bahnsteige waren den Überlandzügen vorbehalten, die Morlands Großstädte miteinander verbanden. Der Zug aus Drachaker kam schnaufend an einem Nebengleis zum Stehen.
    Hakon und Nadja konnten sich nicht sattsehen an dem Getümmel. Da gab es Imbisswagen mit heißen Würstchen, belegten Brötchen und sonstigem Reiseproviant für die, die sich diesen Luxus leisten konnten. An einem Stand wurden Zeitschriften, Bücher, Reiseführer, Postkarten und Andenken verkauft. Kleine Jungen versuchten ein paar Kronen als Schuhputzer zu verdienen, indem sie wohlhabenden Reisenden die Stiefel wienerten, während die Gepäckträger deren Koffer verluden. Ein lauter Pfiff ertönte, der sie zusammenfahren ließ. Ein Überlandzug verließ laut schnaufend den Bahnhof. Unter dem lichtdurchfluteten Dach flogen Tauben auf, drehten eine Runde und ließen sich über einem andern Gleis zwischen den Verstrebungen nieder.
    »Kommt, wir müssen weiter«, trieb sie Boleslav an. »In einer halben Stunde schließt das Amt, wenn wir uns nicht beeilen, haben wir die Fahrt umsonst gemacht.«
    Hakon ging weiter, schaute aber noch immer nicht nach vorne, und so stieß er mit einem teuer gekleideten, etwa gleichaltrigen Jungen mit einer blauen Schirmmütze zusammen, der es offensichtlich sehr eilig hatte. Hakon stutzte einen Moment. Irgendetwas war seltsam an dem Burschen gewesen. Er unterschied sich auf eine sehr grundlegende Weise von den anderen Menschen, die Hakon umgaben. Aber er konnte nicht sagen, was anders an ihm war. Es war, als würde er nach einem Wort suchen, das ihm auf der Zunge lag. Er schaute sich nach dem Jungen um, doch der war schon in der Menge verschwunden.
    Vor dem Bahnhof öffnete sich ein weiter, von einem Springbrunnen beherrschter Vorplatz, um den sich im Halbrund einige hohe, strahlend weiße Häuser gruppierten, die alle aussahen, als seien sie den Fieberträumen eines wahnsinnigen Konditormeisters entsprungen.
    Das Meldeamt befand sich drei Straßen weiter. Boleslav meldete sich beim Pförtner an, der ihm daraufhin ein Formular aushändigte, das er ausfüllen musste. Ein Durchschlag wurde per Rohrpost zum zuständigen Sachbearbeiter geschickt, einen zweiten Durchschlag steckte Tarkovski in die Innentasche seiner Jacke. Das Original verblieb beim Pförtner und verschwand in einer Ablage.
    »Zimmer 6o7, sechster Stock. Sie werden aufgerufen«, sagte er und schloss wieder die Klappe seines kleinen Käfigs. Hakons Vater stöhnte. »Also Treppensteigen.«
    Das Meldeamt von Lorick war ein Ort der Ruhe und der Stille. Das Einzige, was Hakon wahrnahm, war das Schlagen von Türen und das Klappern von Absätzen auf dem Marmorboden.Ansonsten hatte man das Gefühl, vom restlichen Betrieb der Welt abgeschnitten zu sein. Es gab einige wenige amtliche Aushänge, die alle durch einen Behördenstempel autorisiert waren, ansonsten waren die stockfleckigen Wände, von denen der Putz abblätterte, kahl.
    Im sechsten Stock angekommen, setzten sie sich auf Holzstühle, die so unbequem waren, wie sie aussahen. Boleslav verschränkte die Arme vor der Brust und gähnte. Hakon und Nadja schauten sich an, wagten aber nicht zu sprechen aus Angst, den Ärger von Beamten auf sich zu ziehen, die sich hinter den vielen Türen durch Berge von Akten wühlten.
    Sie waren die Einzigen, dennoch dauerte es fast eine halbe Stunde, bis endlich die Tür aufging und ein Mann in Ärmelschoner erschien.
    »Herr Tarkovski ?«
    Boleslav sprang auf. »Ja?«
    »Kommen Sie bitte.«
    Hakons Vater betrat die Amtsstube und seine Kinder folgten ihm.
    Der klein gewachsene Beamte, dessen Hals vom Stehkragen seines makellos weißen Hemdes eingeschnürt wurde, hatte schon wieder hinter seinem Schreibtisch Platz genommen und blickte irritiert auf.
    »Gehören die zu Ihnen?«, sagte er und zeigte mit der Schreibfeder auf Hakon und Nadja.
    »Ja.«
    »Dann sagen Sie Ihren Kindern bitte, sie sollen die Türe schließen. Aber möglichst leise.«
    Hakon tat, wie ihm aufgetragen wurde, und lehnte sichgegen die Wand, da es nur einen Besucherstuhl gab, auf dem sein Vater Platz genommen hatte.
    »Also«, sagte der Beamte gedehnt und las das vor ihm liegende Formular. »Sie hätten also gerne eine Auftrittserlaubnis für Ihren

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