Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay
hatte.
»Nein, die habe ich mir schon längst abgewöhnt. Ich bin geschieden.«
Lennart schwieg und knöpfte sein Jackett zu.
»Der Wagen steht da vorne«, sagte Elverum. »Wir müssen nach Tyndall.«
Lennart stieg auf der Beifahrerseite ein, während Elverum eine Kurbel von der Rückbank nahm, die er in eine Öffnung unterhalb des Kühlers steckte. Mit einem kräftigen Ruck warf er den Motor an.
»Nicht schlecht«, sagte Lennart, als sich Elverum hinter das Lenkrad klemmte. »Ich weiß noch, welche Prozedur das bei den alten Dampfwagen war, bis da die Maschine lief.«
»Es hat auch lange gedauert, bis man mir diesen Coswig bewilligt hat«, sagte Elverum. »Ja, der technische Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Festhalten!« Er trat die Kupplung durch, legte den Gang ein und fuhr los.
Elverum holte alles aus dem Wagen heraus, was der Motor bot, und das war nicht wenig. Trotz des mörderischen Tempos, das die Karosserie ächzen und knarren ließ, dauerte die Fahrt, während der sie kaum ein Wort wechselten, mehr als eine halbe Stunde. Lennart sah das Wehr schon von Weitem. Persson und Holmqvist hatten im Licht dampfender Karbidscheinwerfer bereits mit der Arbeit begonnen. Elverum fuhr bis an das Flussufer heran, stellte den Motor ab und stieg aus.
»Haben Sie die Leiche schon bergen können?«, fragte er die beiden Polizisten.
»Nein. Es gibt Schwierigkeiten, sie hat sich irgendwo verfangen.« Holmqvist deutete auf zwei erschöpfte Männer, diegemeinsam den Hebel einer großen Pumpe auf- und abbewegten. »Wir mussten einen Taucher anfordern.«
»Wer hat den Toten gefunden?«, fragte Lennart und schaute zum dunklen Wasser hinab, in dem es unaufhörlich brodelte.
»Das war ich«, sagte ein bärtiger Mann, dessen Jacke sich über einen mächtigen Bauch spannte. »Ich bin der Schleusenwärter. Wadell ist mein Name.«
»Und wann haben Sie die Leiche entdeckt?«
Wadell sog an seiner Pfeife und kniff nachdenklich ein Auge zusammen. »Das muss so nach Mitternacht gewesen sein. Ich war gerade dabei, die Schleusentore zu überprüfen, als ich etwas im Wasser habe treiben sehen. Ich habe versucht, es mit dem Bootshaken herauszuziehen, bevor es hier in die Strudel geriet, aber der Kerl war einfach zu schwer. Beinahe wäre ich auch noch im Wasser gelandet. Ich hab mich dann auf mein Fahrrad geschwungen und bin zum nächsten Polizeiposten gefahren.«
Lennart stellte sich auf die Windwerkbrücke neben den Signalmann, der die Sicherheitsleine und den Luftschlauch in den Händen hielt, und grüßte ihn mit einem knappen Nicken. Unter ihnen wurde das Brodeln zu einem Kochen und kurz darauf erschien der glänzende Messinghelm des Tauchers. Im Arm hatte er die Leiche eines glatzköpfigen Mannes, dessen Hinterkopf die Tätowierung eines Totenschädels zierte.
Elverum spuckte aus. »Der gehörte zu den Dodskollen.« Persson und Holmqvist packten den Körper bei den Armen und zogen ihn auf die Kaimauer.
»He!«, rief Persson. »Das ist Bruno Kerkoff!«
Elverum schob ihn beiseite und untersuchte den Toten genauer. An Stirn, Handrücken, Knien und Zehen hatte er die typischen Abschürfungen einer Wasserleiche, die von der Strömung über den felsigen Flussgrund geschleift worden war, doch das erklärte nicht, warum die Nase zerschmettert war und der Schädel merkwürdig deformiert wirkte.
»Sieht so aus, als hätte man ihm eine verpasst«, sagte Holmqvist. »Und zwar so kräftig, dass es ihm das Licht ausgeknipst hat. Schätze, wir haben hier bald einen Bandenkrieg am Hals.«
»Na prächtig«, sagte Elverum. Er stand auf und schaute sich um. »Wo ist der Taucher?«
»Ist wieder runtergegangen«, sagte Lennart. »Sagte, er hätte da noch etwas entdeckt.«
»Wird wahrscheinlich nur Müll sein«, meldete sich der Schleusenwärter. »Sie glauben gar nicht, was ich hier jeden Tag aus dem Wasser hole.«
Während Holmqvist und Persson Kerkoffs Leiche in eine Decke wickelten, stellte sich Elverum zu Lennart auf die Windwerkmauer. Minuten später war der Taucher wieder oben. In den Armen hielt er etwas, was an eine grotesk verdrehte, halb geschmolzene Schaufensterpuppe erinnerte – nur dass ihr der Kopf fehlte.
Elverum stieß einen unflätigen Fluch aus. Die beiden Polizisten, die sich mit Kerkoff beschäftigten, hielten inne. Persson drehte sich um und würgte.
Der Taucher setzte sich auf die Mauer und ließ sich von seinem Signalmann den Helm abschrauben. »Die habe ichunten am Grund gefunden«, keuchte er. »Jemand
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