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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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hatte ihr ein Gewicht an die Beine gebunden.«
    Lennarts Magen rebellierte nun ebenfalls. Die Leiche war nackt, wahrscheinlich war die Kleidung von der Strömung fortgerissen worden. Es musste sich um eine klein gewachsene, zierliche Frau handeln, deren Körper sich in Wachs ver wandelt zu haben schien.
    »Hat sie schon lange da gelegen?«, fragte Lennart mit zittriger Stimme.
    Der Schleusenwärter sah ganz offenbar seine große Stunde gekommen. »Vier, fünf Monate bestimmt«, sagte er wichtig. »So genau lässt sich das nicht sagen. Man denkt immer, dass so eine Leiche im Wasser schneller verwest, aber da täuscht man sich. Glauben Sie mir, ich habe damit Erfahrung. Mindestens vier Tote hole ich im Monat aus der Midnar. Im Winter mehr, im Sommer weniger. Fragen Sie mich nicht warum. Wahrscheinlich bringen sich in der dunklen Jahreszeit mehr Leute um.«
    »Persson, sind Sie wieder in Ordnung?«, rief Elverum. Der Polizist war zwar noch immer etwas blass um die Nase, nickte jedoch tapfer.
    »Gut. Dann schnappen Sie sich den Wagen und fahren ins Ministerium, wo Sie dem diensthabenden Leichenbeschauer Bescheid sagen, dass hier gleich doppelte Arbeit auf ihn wartet.« Elverum drehte sich zu Lennart um. »Eine kopflose Leiche, die älter ist als die vom Schrottplatz. Sieht so aus, als wäre an Ihrer Theorie tatsächlich etwas dran.«
     
    ***

»Wenn es nach mir ginge, dann würde ich unser Zelt gerne dort aufstellen«, sagte Boleslav und tippte auf eine Stelle des Stadtplans, den er vor sich ausgebreitet hatte. »Das Dumme ist nur, dass wir dann von den Einnahmen über die Hälfte als Steuern abführen müssen.«
    »Über die Hälfte?« Hesekiel stieß einen leisen Pfiff aus. »Na, besten Dank. Vielleicht sollten wir uns doch ein anderes Viertel aussuchen. Ich meine, schau uns an! Sehen wir aus, als gehörten wir zu den oberen Zehntausend? Wir sollten schauen, dass wir vor unseresgleichen auftreten.«
    »Dann vielleicht Tyndall?«, schlug Rosie vor.
    Boleslav schüttelte den Kopf. »Zu viele Fabriken. Das ist nicht das richtige Publikum.«
    »Glaubst du nicht, dass die Arbeiter auch einen Anspruch auf gehobene Unterhaltung haben?«, entgegnete Rosies siamesischer Zwilling Marguerite.
    »Anspruch schon, aber kein Geld.«
    »Dann also doch Süderborg«, schlug Vera vor und drehte die Karte in ihre Richtung. »Hier, am Ende der Fastingsallee ist ein Platz, der perfekt wäre.«
    Boleslav seufzte und kratzte sich nachdenklich am Ohr. »Norgeby grenzt im Norden an Drachaker. Dort sind über die Jahre viele der kleinen und mittleren Beamten hingezogen, denn die Grundstückspreise sind niedrig und die Luft hat noch nicht diesen Pestilenzcharakter wie im Osten von Lorick, wo die Fabriken all ihren Ruß und Dreck in den Himmel pusten. Moritzberg im Westen ist der Ort, den sich die reichen Fabrikbesitzer für ihre Stadtvillen ausgesucht hatten, nur sind dort auch die Grundsteuern so hoch, dass die alteingesessenenFamilien unter sich bleiben.« Boleslav seufzte. »Norgeby oder Süderborg? Ich bin mir nicht sicher.«
    »Also, ich bin für Norgeby«, sagte Hesekiel. »Das ist nicht weit, die Familien haben Geld und es gibt genügend Kinder, die es den Eltern aus der Tasche ziehen wollen. Süderborg hat dasselbe Problem wie Tyndall: Keiner wird sich einen Besuch im Zirkus leisten können.«
    Boleslav schaute fragend in die Runde, aber niemand widersprach dem Dompteur. »Gut, dann ist es abgemacht. Wir treten in Norgeby auf.«
    Hesekiel runzelte die Stirn. »Entschuldige, wenn ich dich aus deinen Träumen reiße, aber die Frage beschäftigt mich schon seit einiger Zeit: Seit wann dürfen wir uns aussuchen, wo wir unser Zelt aufstellen?«
    »Nun, seitdem der Beamte der Meldebehörde vergessen hat, das entsprechende Feld im Formular auszufüllen«, sagte Boleslav und konnte sich ein triumphierendes Schmunzeln nicht verkneifen.
    »Zeig her«, sagte Hesekiel ungläubig und nahm Boleslav das bedruckte Blatt aus der Hand.
    Hakon warf Nadja, die etwas abseits auf einer Bank saß, einen verstohlenen Blick zu, doch sie erwiderte ihn nicht. Schließlich gab er sich einen Ruck, ging zu ihr hinüber und setzte sich neben sie.
    »Du hast Recht«, sagte er so leise, dass nur sie es hören konnte. »Ich habe mich verändert.«
    Nadja schaute ihn noch immer nicht an, aber ihrem angespannten Gesicht nach zu urteilen, hatte er jetzt ihre Aufmerksamkeit.
    »Es ist zum ersten Mal in Vilgrund geschehen«, fuhr er fort. »Ich weiß nicht, wie es kam, aber

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