Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier
herab. Einer der Wissenschaftler wurde am Kopf getroffen und brach blutüberströmt zusammen. Dann war es plötzlich totenstill. Das Licht hatte einen Moment geflackert, aber die Notstromaggregate waren wie erhofft angesprungen.
»Es hat aufgehört«, sagte Wassili.
Guselka setzte sich erschöpft auf einen Stuhl und rieb sich die Augen. »Nein, es hat gerade erst begonnen.«
»Was hat gerade erst begonnen?«, fragte Irina irritiert.
»Unser Kampf ums Überleben. Wir dürfen die Türen nicht öffnen. Für eine sehr lange Zeit. Draußen ist alles radioaktiv verstrahlt.«
Es gab einen dumpfen Schlag und wir wirbelten herum. Aus dem Nichts war ein mit Wunden übersäter Körper erschienen, der nun reglos auf dem Boden lag. Ich erkannte ihn sofort. Es war Ilja.
»Du Hund!«, schrie ich ihn an und zerrte ihn auf die Beine. »Was hast du uns angetan? Was hast du uns angetan?«
Er stieß mich von sich und ich flog quer durch den Saal. Porter bellte und fletschte die Zähne. Nora hatte die Hände in sein Fell gekrallt, um ihn festzuhalten.
»Es war nicht meine Schuld«, wimmerte er. »Sie haben die Raketen auf einen Schlag gestartet. Was hätte ich tun sollen?«
»Aufgeben zum Beispiel«, sagte Wassili. Sein Gesicht war vom Hass entstellt. »Um der Welt den Untergang zu ersparen.«
»Oksana ist tot!« Ilja heulte nun wie ein kleines Kind.
»Du hast zwei Milliarden Menschen auf dem Gewissen.« Wassili stürzte sich auf ihn. Ilja streckte seine Hand aus und schrie etwas Unverständliches. Wassili brach tot zusammen. Dann ging er auf Irina los. Guselka zog eine Pistole und schoss. Ilja teleportierte sich ein Stück zur Seite. Die Kugel schlug neben ihm in der Wand ein. Er hob beide Hände, als wollte er etwas anschieben. Ein Feuerball wuchs heran, schnellte davon, traf Guselka und schlug in dem Tor ein, hinter dem sich das Archiv befand. Die Wucht war so gewaltig, dass das Metall wie von einer riesigen Faust eingedrückt wurde. Irina warf sich ihm in den Weg. Auch sie starb mitten in der Bewegung. Ich riss einen gewaltigen Felsen aus dem Dach der Kuppel und ließ ihn auf Ilja fallen.
Nora breitete die Arme aus. Ein Wirbel entstand, als ob die Feuchtigkeit der Luft in einem Sturm kondensierte. »Nimm Porter und spring!«
Ich rührte mich nicht. Ein schrilles, hohes Kreischen ertönte und wurde immer lauter. Der Fels zerfiel zu Staub und Ilja stand auf.
»Jetzt!«, schrie Nora.
»Niemals! Ich lass dich nicht alleine.«
»Du hast es mir versprochen!«
Ilja holte erneut aus, nur dass diesmal ein gleißender Blitz seine Hände verließ. Nora stellte sich schützend vor mich. Sie schrie auf, als das Licht ihre Augen blendete.
»Spring!«
Wieder holte Ilja aus. Ich schnappte mir den Hund und ließ mich rückwärts durch den Wirbel fallen. Das Letzte, was ich sah, war eine gigantische Explosion.
Dann zwitscherten die Vögel.
***
»So kam ich in dieser Welt an. Ich hatte nichts bei mir außer Porter, den Kleidern, die ich am Leib trug, und meinem Tagebuch«, sagte Andre. »Ich habe mir vorgenommen, es erst dann weiterzuführen, wenn ich Nora wieder in die Arme schließen kann.«
»Sie glaubten wirklich, dass Nora das Inferno überlebt hat?«, fragte Tess ungläubig.
Sie standen auf der Anhöhe unter dem Baum, der auch in Noras Garten wuchs.
Andre zuckte mit den Schultern. »Wenn nicht sie, wer dann? Du bist der Beweis dafür, dass sie noch lebt.«
»Aber wenn sie das Tor in diese Welt die ganze Zeit offen gehalten hat, warum ist sie Ihnen nicht gefolgt?«
»Vielleicht hatte sie es vor, keine Ahnung. Aber so, wie ich sie kenne, war ihr Pflichtgefühl den Überlebenden gegenüber größer als ihre Liebe zu mir. Wir, Nora und ich, tragen die Schuld am Untergang der alten Welt. Als wir erkannten, wie gefährlich diese Blume war, hätten wir sie zerstören müssen.« Andre schwieg und strich Porter übers Fell. »Mein Anteil an dieser Schuld ist besonders groß. Wäre ich Ilja gegenüber nicht so geschwätzig gewese n …«
Er brach im Satz ab, zwang sich zu einem Lächeln und holte aus seiner Jackentasche ein braunes Fläschchen. »Hier. Das wirst du brauchen.«
»Und wie komme ich jetzt zurück?«
»Ich glaube, dass dieser Baum ein Ankerpunkt ist. Wir müssen experimentieren. Folge deiner Intuition. Du hast in den letzten Tagen und Wochen so viele neue Fähigkeiten erworben, dass du wissen müsstest, was zu tun ist.«
Tess sah Andre an, als hätte er den Verstand verloren.
»Na los, berühre den Baum und
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