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Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier

Titel: Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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die Straße. Er war zwar immer noch ein Junge von vierzehn Jahren, aber für alle anderen hatte er durch die manipulative Kraft seiner Gedanken die Gestalt eines der Soldaten angenommen, der die Kinder bewachte.
    »Los, los, los!«, schrie der Offizier und ruderte hektisch mit den Armen, um seine Männer anzutreiben. »Wir sind spät dran!«
    Hakon beschleunigte seine Schritte und lief zum vorletzten Waggon, in den man Maura und Melina zusammen mit den anderen Kindern eingepfercht hatte. Einige der Soldaten kletterten über Leitern auf die durch niedrige Geländer gesicherten Dächer des Zuges und schraubten Maschinengewehre auf drehbare Gestelle. Wenn dieser Zug so stark bewacht und verteidigt wurde, mussten die Kinder sehr wichtig für Begarell sein.
    »Was ist mit dir?«, blaffte ihn ein Sergeant an. »Wo kommst du her?«
    »Ich musste mal wohin«, sagte Hakon keuchend.
    »Wo ist dein Gewehr?«, fragte der Soldat misstrauisch. Seine Hand wanderte zur Pistolentasche, die an seinem Gürtel hing.
    »Oh verdammt«, murmelte Hakon.
    »Bist du etwa einer von diesen Bestien, diesen Eskatay?« Der Verschluss schnappte auf.
    »Nein, keine Angst.«
    »Ich habe keine Angst«, sagte der Soldat trotzig. Dann wurden seine Augen glasig.
    »Das ist gut«, sagte Hakon. »Angst ist immer ein schlechter Ratgeber.«
    »Ja. Angst ist immer ein schlechter Ratgeber«, echote der Sergeant, der nun aussah, als schliefe er mit offenen Augen.
    Hakon spielte kurz mit dem Gedanken, Lennarts Kinder aus dem Zug zu holen, erkannte aber schnell, dass das unmöglich war. Mit einer Wache wurde er fertig, vielleicht auch mit zweien. Aber nicht mit einer schwer bewaffneten Kompanie, von den Eskatay ganz zu schweigen.
    »Wo geht denn die Reise hin?«, fragte Hakon.
    »In den Norden«, sagte der Soldat. Er wankte leicht, als hätte er zu tief ins Glas geschaut. »Nach Horvik.«
    »Ich steige jetzt in diesen Waggon und dann wirst du die Tür hinter mir schließen«, befahl Hakon.
    Der Soldat nickte.
    »Und du wirst mich vergessen.«
    »Und ich werde dich vergessen.«
    Hakon lächelte. Er warf einen Blick über die Schulter und zwängte sich dann durch den schmalen Spalt. Hinter ihm wurde die Tür zugeschoben. Dunkelheit umfing ihn. Es dauerte einige Sekunden, bis er sich an die Finsternis gewöhnte.
    Etwa dreißig Kinder saßen zusammengekauert und vollkommen verängstigt auf dem Boden. Er spürte, wie sich alle Augen auf ihn richteten. Niemand sagte ein Wort, nur ein vereinzeltes Schluchzen war zu hören. Draußen wurde ein Befehl gerufen. Die Lokomotive stieß einen langen, gellenden Pfiff aus. Es gab einen kräftigen Ruck und der Zug setzte sich langsam in Bewegung.
    Hakon spähte durch einen Spalt. Die Eskatay stiegen in ihren Zug ein. Die Kiste mit den Blumen verstauten sie in einem Gepäckwagen.
    »Wer bist du?«, flüsterte eine Stimme.
    Hakon drehte sich um und blickte in das schmutzbeschmierte Gesicht eines Mädchens, das mit seinen etwa dreizehn Jahren die Älteste zu sein schien.
    »Es ist alles gut«, flüsterte er. »Ich bin hier, um euch zu helfen.«
    »Bist du Hakon?«, fragte das Mädchen.
    »Ja«, sagte er überrascht.
    »Wir haben es dir doch gesagt, Aria«, sagte eine altkluge Stimme. »Hakon wird kommen und uns befreien.«
    »Melina?«, fragte Hakon.
    »Nein, Maura.«
    »Ich bin Melina«, sagte eine andere Stimme.
    »Ihr wisst doch, dass ich euch noch nie auseinanderhalten konnte.« Hakon lächelte und wollte sich zu ihnen setzen, aber Aria stellte sich ihm in den Weg.
    »Woher soll ich wissen, dass ich dir vertrauen kann?«
    »Das kannst du nicht wissen«, sagte Hakon ruhig. »Du musst es drauf ankommen lassen.«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie bist du an den Soldaten vorbeigekommen?«
    »Ich habe mich als einer von ihnen ausgegeben.«
    »Hakon kann nämlich zaubern, und zwar ziemlich gut«, sagte Melina.
    »Oh ja. Er beherrscht die Magie«, sagte Maura.
    »Wie die Eskatay«, stellte Aria fest.
    »Ja, wie die Eskatay«, sagte Hakon. »Nur dass ich kein Eskatay bin.«
    »Sondern?«
    Hakon seufzte. »Ein Gist. Hör mal, dürfte ich zur Abwechslung auch ein paar Fragen stellen?«
    »Nein«, sagte Aria.
    Die beiden Zwillinge kletterten über die am Boden liegenden Kinder und liefen Hakon in die Arme.
    »Wie geht es Papa?«, fragte Melina mit piepsiger Stimme.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Hakon bedauernd.
    »Aber er lebt! Bitte sag, dass er noch lebt!«, bettelte Maura. »Wir haben ihn gesehen, als wir aus dem

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