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Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier

Titel: Morland 03 - Das Vermächtnis der Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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Hauptstraße im Nirgendwo verlor. Links und rechts des aufgewühlten Weges standen rostige, halbrunde Wellblechhütten, die den Bergleuten als Behausung gedient haben mussten. Ungefähr fünfzig gab es von ihnen. Im hohen, verdorrten Gras rosteten Maschinen vor sich hin, mit denen nicht einmal Kinder etwas zum Spielen hätten anfangen können.
    Der Zug kam quietschend zum Stehen und die Türen wurden aufgeschoben. Mit vorgehaltener Waffe wurden die Kinder aus den Waggons getrieben. Maura und Melina wichen nicht von Hakons Seite. Aria hatte die kleinsten Kinder um sich geschart und half ihnen von der Ladefläche.
    »In Zweierreihen aufstellen!«, rief der Offizier, der in Morvangar mit dem Eskatay verhandelt hatte.

»Los, fasst euch bei der Hand«, sagte Hakon leise zu den Zwillingen. »Ihr lauft vor mir, damit ich euch jederzeit im Blick habe!«
    Der Appell begann. Jedes Kind wurde nach seinem Namen gefragt, der von einem Soldaten auf einer Liste abgehakt wurde. Hakon wusste, dass mit ihm eine Waise zu viel angetreten war, und so überzeugte er den Mann kraft seiner hypnotischen Fähigkeiten davon, dass er, der schmutzige Junge in der speckigen Hose und dem verdreckten Hemd, gar nicht existierte.
    »Alle vollzählig!«, rief der Soldat dem Offizier zu, der darauf lässig sein Stöckchen hob.
    »Abmarsch!«
    Der Treck setzte sich in Bewegung. Hakon fiel auf, dass die Gewehre der Soldaten geladen und entsichert waren – als stellten die Kinder eine Bedrohung dar.
    Sie marschierten zwei Stunden, ohne zu rasten. Auch die Erschöpften wurden gnadenlos weitergetrieben.
    Hakon biss die Zähne zusammen. Natürlich konnte er versuchen die Wachen zu manipulieren, aber er hatte Angst, dass man ihn dann entdecken würde. Die Existenz magisch begabter Menschen war kein Geheimnis mehr. Die Soldaten achteten gewiss auf jede noch so kleine Auffälligkeit. Solange er sich einfach nur unsichtbar machte oder mit einem Unformierten alleine war, konnte er die Situation beherrschen. Aber nicht, wenn er von einer ganzen Kompanie bewacht wurde.
    Sie liefen durch eine eintönige, baumlose Hügellandschaft, in der außer Moosen und Flechten nur kleine verkrüppelte Sträucher wuchsen, die in der warmen Jahreszeit rot und gelb blühten.
    Die Temperaturen waren niedriger als in Morvangar, und das, obwohl es Frühsommer war. Im Winter musste es hier eisig kalt sein.
    Sie erreichten ihr Ziel um die Mittagszeit. Das Lager war quadratisch angelegt und durch einen doppelten Stacheldrahtzaun gesichert worden. Vier mit Maschinengewehren bestückte Wachtürme hielten die Gefangenen in Schach. Hakon fragte sich, warum solch schweres Geschütz aufgefahren wurde. Auch ohne Zaun war an eine Flucht nicht zu denken. Der Bahnhof war schwer bewacht und man konnte davon ausgehen, dass es ohnehin keine regelmäßige Zugverbindung nach Morvangar oder Lorick gab.
    Als sich der Treck dem Lager näherte, wurde auf den Befehl eines Offiziers hin das Tor geöffnet und die Kinder marschierten hinein. Einfache Holzbaracken reihten sich links und rechts der breiten Straße, die zu einem aus Stein errichteten zweistöckigen Bau führte.
    »Dort hinten auf dem Platz versammelt ihr euch, bis ihr aufgerufen werdet«, rief der Offizier. »Los! Bewegung, Bewegung!«
    Vor der Lagerverwaltung wurden sie schon erwartet. Endlich gab es etwas zu essen und zu trinken, Brote und heißen Tee.
    »Wen bewachen die hier?«, fragte Aria. »Schwerstverbrecher?«
    »Mir sind die Wachtürme auch merkwürdig vorkommen«, sagte Hakon. Er gab jedem der Zwillinge einen Becher und brach einen Laib Brot in vier Teile. »Ich frage mich, warum die Sicherheitskräfte so große Angst vor Waisenkindern haben«, sagte er mit vollem Mund.
    »Dürfte ich kurz um eure Aufmerksamkeit bitten?«, sagte eine hohe Stimme. Augenblicklich drehten sich alle in die Richtung, aus der sie kam. Auf der Treppe zur Lagerverwaltung stand ein kleinwüchsiger Mann, mit hohen, glänzenden Stiefeln und in tadellos gebügelter Uniform. Er war bleich, trug einen Ziegenbart und sah so ausgezehrt aus, als litte er an einer schlimmen Krankheit.
    »Ein zweiter Visby«, stöhnte Aria.
    Hakon musste an etwas anderes denken: die Koroba.
    »Danke. Mein Name ist Karamyschewo und ich stehe diesem netten Ferienort vor. Zunächst einmal möchte ich mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die ihr erduldet habt. Ich weiß, viele von euch haben Hunger und Durst. Einige haben mehr als vierundzwanzig Stunden lang nichts zu sich

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