Morphin
man sitzen.
«Orządała, führ den Rest auf Patrouille. Den Waldrand lang Richtung Westen, die Straße absuchen, aber so, dass man euch von Anusin nicht sieht, bis Dąbrowska Poręba, von dort durch die Schneise zurück.»
«Dort wo … Na, Sie wissen schon, Herr Rittmeister …», stottert Bociąga, der sich für Orządała ausgibt.
«Nein, dort müsst ihr nicht hin, was soll dort schon noch passieren. Die Toten bleiben auch in der Morgendämmerung tot. Ich werde die Gefangenen verhören. Abtreten!»
«Zu Befehl, Herr Rittmeister! Bitte eine Frage zu gestatten.»
«Ja.»
«Die Munition ist alle. Wie sollen wir auf Patrouille?»
Chochoł springt regelrecht hoch.
«Was heißt das, alle? Ihr hattet doch was, Orządała, zwei Patronen, heute Morgen hattet ihr zwei Patronen! Was ist der Ehrgeiz des Schützen, Wachtmeister, ha?»
«Melde gehorsamst, der Ehrgeiz eines Schützen beim Einzelfeuer hat zu sein, dass er nach jedem Kampf sagen kann, auf welches Ziel er mit jedem Schuss gezielt hat», leiert der Wachtmeister lustlos runter.
«So ist es. Auf welche Ziele habt ihr mit den Schüssen gezielt, Wachtmeister?»
Korporal Orządała blickt bedrückt zu Boden.
«Melde gehorsamst, ich hatte zwei Kugeln, aber ich habe zweimal geschossen, als dieser Deutsche uns mit der MP i beharkt hat.»
«Na bitte, und wie viele Male habt ihr getroffen, Wachtmeister?», staucht Chochoł ihn zusammen.
«Keinmal, melde gehorsamst», erwidert der Wachtmeister, aber es ist nicht Reue, die ihm die Kiefer zusammenpresst, sondern Wut.
«Ich hab gesagt: Nicht schießen! Kugel ist dumm, Bajonett hat Mumm!»
«Bitte untertänigst zu entschuldigen, Herr Rittmeister. Melde, dass ich dem Deutschen die Pistole abgenommen habe und die Maschinenpistole. Für das Kaliber sieben gibt es zwei volle Magazine, die MP i ist leer.»
Chochoł durchbohrt ihn mit dem Blick, wild, wütend.
«Ihr bildet euch doch wohl nicht ein, Orządała, dass ihr mit seiner Pistole auf Patrouille geht?»
Mir sieht das alles danach aus, als würde sich hier bald ein Soldatenrat bilden. Und es geht bis zum Abtrennen von Schulterstücken oder noch weiter. Orządała legt meinen Gurt mit dem Halfter und die MP i hin.
«Melde gehorsamst, hätte im Traum nicht daran gedacht», sagt er schwer.
«Gut so. Abtreten. Und räumt mir unterwegs den Baum von der Straße.»
Orządała nickt, und sie ziehen los, Gewehre über die Schultern geworfen. Chochoł nimmt die ViS-Pistole aus dem Halfter, in das sie erst kürzlich gesteckt worden war. Wirft Holz ins Feuer.
«Na, dann sag, Willemann.»
«Was soll ich sagen?»
Chochoł antwortet nicht. Dzidzia neben mir, dem Rittmeister gegenüber, sitzt steif da, aber ohne Angst. Obwohl sie ihr Vergewaltigung angedroht hatten. Es hätte mich schon fast gewundert, wenn sie das erschreckt hätte.
«Sag ihm nichts …», flüstert sie plötzlich.
«Das hab ich gehört!» Chochoł hebt drohend Pistole. «Wisst ihr, dass es ganz in meiner Macht stünde, euch jederzeit zu erschießen?»
«Ohne die Pistole in der Hand hättest du überhaupt keine Macht. Niemand hat sie dir von oben verliehen», erwidere ich.
«Irrtum!», empört sich Chochoł. «Ich heiße Jan Chochoł und bin der König von Polen! Meine Macht kommt von dem, der mich erschaffen hat.»
«Ein Verrückter», flüstert Dzidzia.
«Ge-hört!», zischt Chochoł wütend. «Ich lass euch wohl doch erschießen. Dich wegen Verrat.» Der Lauf zeigt auf mich. «Und dich, Frau, wegen Verbrüderung mit dem Feind.»
«Tu was», flüstert Dzidzia. «Du darfst ihm nur nichts verraten.»
Diesmal hatte Chochoł nichts gehört. Warum bin ich ruhig?
«Ich werde euch meine Geschichte erzählen, und ihr werdet eure Kleinheit erkennen», verkündet der Rittmeister, sich vom Sattel erhebend. Er faltet die Hände hinter dem Rücken, die Vis immer noch in der Hand. Beginnt, langsam ums Lagerfeuer zu gehen, ich glaube schon, er würde zu mir kommen, mir den Lauf hinters Ohr setzen wie einem verletzten Pferd, doch nein, er wandert nur redend herum, ein Peripatetiker im Wald.
«Nie habe ich dir getraut, Willemann. Du weißt doch, was über dich gesagt wurde, du falscher Fuffziger? Pole nur von außen, wenn man ein bisschen an dir kratzt, kommt der Deutsche durch. Und hatten sie nicht recht, Ksyk, sogar Rudnicki hat das gehört und nicht protestiert, hatten sie nicht recht?»
Er hebt die Hand mit der Pistole, setzt ein Bein auf den Sattel wie ein Schauspieler bei einem großen Monolog und
Weitere Kostenlose Bücher